09.09.2021

Keine Betriebsaufspaltungsbegründung bei "Stimmen-Patt"

Eine Betriebsaufspaltung liegt nicht vor, wenn der das Besitzunternehmen beherrschende Gesellschafter in der Betriebskapitalgesellschaft nur über exakt 50 % der Stimmen verfügt. Dabei sind dem Gesellschafter die Stimmen seines ebenfalls beteiligten minderjährigen Kindes jedenfalls dann nicht zuzurechnen, wenn in Bezug auf dessen Gesellschafterstellung eine Ergänzungspflegschaft besteht.

Kurzbesprechung
BFH v. 14.04.2021 - X R 5/19

BGB § 181, § 1626 Abs 1 S 2, § 1630 Abs 1, § 1643 Abs 3, § 1829 Abs 1, § 1909, § 1915 Abs 1, § 1922, § 2033
GmbHG § 16, § 18 Abs 1, § 35 Abs 1, § 40, § 47 Abs 1
EStG § 15 Abs 1 S 1 Nr. 1


Im Streitfall waren die Steuerpflichtige und ihre beiden Kinder mit dem Tod des Ehemanns und Vaters Gesellschafter der Betriebs-GmbH geworden. Dieser GmbH hatte die Steuerpflichtige bereits seit Jahren ein betrieblich genutztes Grundstück verpachtet. Nachdem sie in einer Gesellschafterversammlung, in der eine Ergänzungspflegerin ihren minderjährigen Sohn vertrat, zur Geschäftsführerin der GmbH bestellt worden war, sah das FA die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung als gegeben an. Es vertrat die Auffassung, die Steuerpflichtige könne die GmbH, obwohl sie nur 50 % der Stimmen innehabe, aufgrund ihrer elterlichen Vermögenssorge beherrschen, so dass neben der sachlichen auch die für eine Betriebsaufspaltung erforderliche personelle Verflechtung vorliege. Die Steuerpflichtige erziele daher aus der Grundstücksverpachtung gewerbliche Einkünfte.

Das Finanzgericht sah das anders und gab der Klage statt. Auch die Revision des FA hatte keinen Erfolg. Der BFH verneinte das Vorliegen einer personellen Verflechtung. Denn die Anteile ihres minderjährigen Kindes sind der Steuerpflichtigen nicht zuzurechnen, da für dieses eine Ergänzungspflegschaft besteht, die auch dessen Gesellschafterrechte umfasst. In einem solchen Fall liegen dann jedoch keine gleichgelagerten wirtschaftlichen Interessen vor. Die Beteiligung der Steuerpflichtigen von exakt 50 % der Stimmen reicht in einem solchen Fall aufgrund der "Patt-Situation" für eine Beherrschung nicht aus.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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