13.04.2011

Keine Dreimonatsfrist für den Abzug von Verpflegungspauschalen bei Fahrtätigkeit (hier: Seefahrt)

Die Dreimonatsfrist für den Abzug der Verpflegungspauschalen (§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 S. 5 EStG) findet bei einer Fahrtätigkeit keine Anwendung (Rechtsprechungsänderung). Der Abzug von Mehraufwendungen für die Verpflegung bei einer Auswärtstätigkeit ist nur bei einer längerfristigen vorübergehenden Tätigkeit "an derselben Tätigkeitsstätte" auf die ersten drei Monate beschränkt; die Tätigkeit auf einem Fahrzeug oder einem Schiff findet jedoch nicht in einer Tätigkeitsstätte in diesem Sinn statt.

BFH 24.2.2011, VI R 66/10
Der Sachverhalt:
Streitig ist, ob bei Tätigkeiten an Bord eines Schiffes die sog. Dreimonatsfrist zur Anwendung kommt. Die Kläger sind Eheleute und werden im Streitjahr (2007) gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist auf der Grundlage eines Heuervertrags als Seemann bei einer Reederei beschäftigt. Er war im Streitjahr als technischer Offizier auf dem Motorschiff "Y", das zum Fischfang in der Hochseefischerei eingesetzt wird, tätig und fuhr auf diese Weise an 184 Tagen zur See.

Das Finanzamt lehnte es ab, die vom Kläger geltend gemachten Mehraufwendungen für die Verpflegung i.H.v. 4.248 € (170 x 24 € = 4.080 €; 14 x 12 € = 168 €) als Werbungskosten zu berücksichtigen. Es vertrat die Auffassung, dass Seeleute nur für die ersten drei Monate an Bord eines Schiffes Mehraufwendungen für die Verpflegung in Abzug bringen könnten. Die jeweilige Auswärtstätigkeit finde erst bei Rückkehr in den Heimathafen des Schiffes ihr Ende. Laufe das Schiff zu einer neuen Reise aus, beginne der Dreimonatszeitraum von neuem. Diese Voraussetzungen lägen beim Kläger nicht vor. Die "Y" habe ihren Heimathafen im Streitjahr nicht angelaufen.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision des Finanzamts hatte vor dem BFH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Der Kläger hat Anspruch auf Berücksichtigung der Pauschbeträge für Mehraufwendungen für die Verpflegung nach § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 S. 2 EStG im geltend gemachten Umfang.

Mehraufwendungen für die Verpflegung eines Arbeitnehmers sind grundsätzlich nicht abziehbare Werbungskosten (§ 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 S. 1 EStG). Lediglich bei einer Auswärtstätigkeit kommt ein nach der Dauer der Abwesenheit gestaffelter pauschaler Abzug in Betracht. Dieser ist aber bei einer längerfristigen vorübergehenden auswärtigen Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte wiederum nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG auf die ersten drei Monate beschränkt (sog. Dreimonatsfrist). Wird ein Arbeitnehmer auf einem Fahrzeug tätig, ist er typischerweise auswärts tätig. Auch ein auf einem Schiff eingesetzter Seemann übt eine Fahrtätigkeit aus und befindet sich deshalb auf Auswärtstätigkeit.

Danach ist der Kläger zeitlich unbegrenzt grundsätzlich zum Abzug erwerbsbedingter Mehraufwendungen für die Verpflegung berechtigt. Die Dreimonatsfrist des § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 S. 5 EStG kommt bei einer Fahrtätigkeit, auch wenn diese auf einem Schiff ausgeübt wird, nicht zur Anwendung. Der Abzug von Mehraufwendungen für die Verpflegung bei einer Auswärtstätigkeit ist nur bei einer längerfristigen vorübergehenden Tätigkeit "an derselben Tätigkeitsstätte" auf die ersten drei Monate beschränkt. Die Tätigkeit auf einem Fahrzeug oder einem Schiff findet jedoch nicht in einer Tätigkeitsstätte in diesem Sinn statt.

Soweit der Senat bislang eine andere Auffassung vertreten hat, hält er daran nicht mehr fest. Der Senat ist zwar nach wie vor der Auffassung, dass im Rahmen des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 EStG grundsätzlich nicht zwischen bestimmten Formen von Auswärtstätigkeiten unterschieden werden kann. Allerdings ergibt sich aus den genannten Erwägungen hinsichtlich der Nichtanwendung der Dreimonatsfrist auf die Fahrtätigkeit insoweit eine gewisse Sonderstellung dieser Auswärtstätigkeit.

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BFH PM Nr. 26 vom 13.4.2011
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