09.08.2013

Keine KWK-Steuerbegünstigung für die Zusatzbefeuerung eines Abhitzekessels ohne gleichzeitige Stromerzeugung

Wird in einer Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlage aufgrund von Wartungs- und Reparaturarbeiten eine Dampfturbine mit der Folge des Ausfalls der Stromerzeugung abgeschaltet und die zu ihrem Betrieb erforderliche Wärme in einem Abhitzekessel zusätzlich erhitzt, um sie an Kunden als Nutzwärme abzugeben, kommt eine Steuerbegünstigung für das zur Erhitzung des Kessels verwendete Erdgas nicht in Betracht. Dessen konkrete Verwendung dient nicht der gekoppelten Erzeugung von Strom und Wärme.

BFH 16.4.2013, VII R 59/11
Der Sachverhalt:
Die Klägerin betreibt u.a. drei Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen (KWK-Anlage). Mit den Anlagen werden zunächst jeweils zwei Gasturbinen betrieben, die durch den Einsatz von Generatoren elektrischen Strom erzeugen. Die Abhitze der Gasturbinen wird sodann in einem Abhitzekessel mit einem Zusatzfeuer erhitzt. Damit wird die Abhitze auf eine für den Betrieb einer nachgeschalteten Dampfturbine erforderliche Temperatur gebracht.

Die nachgeschaltete Dampfturbine dient zum einen mittels eines angeschlossenen Generators ebenfalls der Erzeugung von elektrischem Strom; i.Ü. wird die in der Dampfturbine anfallende Wärme der Dampfturbine als Nutzwärme entnommen. Bei dem beschriebenen Betrieb der KWK-Anlage handelt es sich um den Regelbetrieb. Zu Wartungs- und Reparaturarbeiten ist eine zeitweise Abschaltung der Dampfturbine erforderlich. Während dieser Zeiträume wird die Abwärme der Gasturbinen gleichwohl weiterhin im Abhitzekessel von einem Zusatzfeuer erhitzt und anschließend über eine sog. Reduzierstation direkt als Nutzwärme entnommen.

Für das im Streitjahr in den KWK-Anlagen eingesetzte Erdgas gewährte das beklagte Hauptzollamt zunächst eine Vergütung nach § 25 Abs. 3a Nr. 3.1 des Mineralölsteuergesetzes (MinöStG 1993). Aufgrund des Ergebnisses einer Außenprüfung gelangte er zu der Auffassung, das während der Wartungs- und Reparaturarbeiten zur Befeuerung des Abhitzekessels verwendete Erdgas diene nicht der gekoppelten Erzeugung von Strom und Wärme, so dass die Voraussetzungen des § 25 Abs. 3a Nr. 3.1 MinöStG 1993 nicht erfüllt seien. Infolgedessen setzte es die zuvor gewährte Vergütung unter Anwendung des in § 25 Abs. 3a Nr. 3.2 MinöStG 1993 festgelegten Steuersatzes herab und forderte den sich aus der Neuberechnung ergebenden Differenzbetrag von der Klägerin zurück.

Das FG wies die gegen den Rückforderungsbescheid gerichtete Klage ab. Die Revision der Klägerin hatte vor dem BFH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das Hauptzollamt hat zu Recht entschieden, dass die Voraussetzungen des § 25 Abs. 3a Nr. 3.1 MinöStG 1993 nicht erfüllt seien.

Nach § 25 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a i.V.m. § 25 Abs. 3a Nr. 3.1 MinöStG 1993 wird u.a. eine Entlastung von der Mineralölsteuer für versteuertes Erdgas gewährt, das von Unternehmen des Produzierenden Gewerbes, von Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft und von Versorgern, die nicht Unternehmen des Produzierenden Gewerbes sind, zu den nach § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 bis 3 und Abs. 3 sowie § 32 Abs. 1 MinöStG 1993 begünstigten Zwecken oder in sonstigen Anlagen zur gekoppelten Erzeugung von Strom und Wärme verwendet worden ist. Nach § 25 Abs. 3a Nr. 3.1 MinöStG beträgt die Entlastung für 1 MWh Erdgas, das von Betreibern nach § 25 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a MinöStG 1993 in Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung mit einem Jahresnutzungsgrad von mindestens 70 Prozent verwendet worden ist, 3,476 €. Dagegen will das Hauptzollamt aufgrund des angefochtenen Rückforderungsbescheids lediglich eine Vergütung i.H.v. 1,308 € MWh gewähren (§ 25 Abs. 3a Nr. 3.2 MinöStG 1993).

Wie der BFH entschieden hat (11.11.2008, VII R 33/07), kommt es nach dem Sinn und Zweck der Regelung zur mineralölsteuerrechtlichen Förderung von KWK-Anlagen und der Systematik des MinöStG entscheidend auf die konkrete Verwendung des Mineralöls zur Erreichung des begünstigten Zwecks und nicht auf den bloßen Verbrauch von Mineralöl im Rahmen des Betriebs einer KWK-Anlage an. Denn nicht die KWK-Anlage als solche ist Gegenstand der steuerlichen Förderung, sondern die ressourcenschonende Verwendung des Mineralöls unter optimaler Nutzung der durch die Verbrennung gewonnenen Energie. Infolgedessen kommt die steuerliche Freistellung aller Mineralöle, die im Zusammenhang mit dem Betrieb einer KWK-Anlage eingesetzt werden, nicht in Betracht. Abzustellen ist vielmehr auf den konkreten Verwendungszweck.

Wartungs- und Reparaturarbeiten, die eine teilweise Abschaltung der KWK-Anlage erfordern, hängen nicht unmittelbar mit dem Betrieb der Anlage und der gleichzeitigen Erzeugung von Strom und Wärme zusammen. Zwar beadrf eine KWK-Anlage zur Gewährleistung ihrer dauerhaften Funktion ständiger Wartung und Reparatur, jedoch wird dadurch das Erfordernis der konkreten Verwendung des - auch während dieser Arbeiten - verbrauchten Mineralöls zur gekoppelten Erzeugung von Strom und Wärme nicht entbehrlich. Die von der Klägerin begehrte Entlastung kann deshalb nur für den Zeitraum gewährt werden, in dem die unstreitig als fester Bestandteil der KWK-Anlage anzusehende und zu ihrem eigentlichen Betrieb auch erforderliche Zusatzfeuerung des Abhitzekessels die Erzeugung von Strom und Wärme bewirkt.

Denn nur durch eine möglichst effiziente Ausnutzung der durch die Verbrennung des Erdgases erzeugten Energie kann das gesetzgeberische Ziel erreicht und die beträchtliche Steuerverschonung legitimiert werden. Wird dagegen eine KWK-Anlage - aus welchen Gründen auch immer - ohne Stromerzeugung betrieben, so dass nur die ausgekoppelte Wärme genutzt werden kann, wird der eigentliche Zweck der Steuerentlastung verfehlt, denn die energetische Nutzung des Mineralöls - hier die Verbrennung von Erdgas zur zusätzlichen Befeuerung eines Abhitzekessels - dient ausschließlich der für sich allein nicht begünstigten Wärmeerzeugung.

Linkhinweis:

  • Der Volltext ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext der Entscheidung zu kommen, klicken Sie bitte hier.
BFH online
Zurück