15.05.2025

Keine nochmalige Einzahlung von bereits geleistetem Nennkapital im Fall einer wirtschaftlichen Neugründung

1. Eine Leistung in das Nennkapital einer AG liegt vor, soweit der Aktionär mit seiner Zahlung an die Gesellschaft die durch die Übernahme der Aktien entstandene Einlageforderung der Gesellschaft erfüllt und dadurch zum Erlöschen bringt.
2. Im Fall der wirtschaftlichen Neugründung lebt die durch die Einlageleistung der Gründer bereits erloschene Einlageforderung der AG nicht wieder auf.
3. Eine im Zusammenhang mit einer wirtschaftlichen Neugründung erbrachte Einlage ist nach § 27 Abs. 1 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes im steuerlichen Einlagekonto auszuweisen, sofern sie nicht zur Erfüllung noch nicht eingeforderter ausstehender Einlagen erbracht worden ist.

Kurzbesprechung
BFH v. 25.2.2025 - VIII R 22/22

KStG § 27 Abs 1 S 1, KStG § 27 Abs 2

Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 KStG hat eine unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft die nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen am Schluss jedes Wirtschaftsjahrs auf einem besonderen Konto (steuerliches Einlagekonto) auszuweisen. Das steuerliche Einlagekonto bezweckt, die im Fall der Einlagenrückgewähr (§ 27 Abs. 1 Satz 3 KStG) nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG nicht steuerbaren Bezüge von grundsätzlich steuerpflichtigen Gewinnausschüttungen zu separieren.

Ausgenommen sind in das Nennkapital geleistete Einlagen. Sie werden nach § 27 Abs. 1 Satz 1 KStG nicht im steuerlichen Einlagekonto erfasst. Dabei handelt es sich um das durch Einlagen aufgebrachte (echte) Nennkapital. Zwar ist auch dessen Rückzahlung nicht steuerbar (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG), es bedarf insoweit aber keiner gesonderten Feststellung, weil das Nennkapital bereits in der Bilanz gesondert ausgewiesen wird.

Eine Leistung in das Nennkapital einer AG liegt vor, soweit der Aktionär mit seiner Zahlung an die Gesellschaft die durch die Übernahme der Aktien entstandene Einlageforderung der Gesellschaft erfüllt und dadurch zum Erlöschen bringt. Nennkapital einer AG ist das in der Satzung bestimmte Grundkapital (§§ 5, 6 AktG). Nach der Übernahme aller Aktien durch die Gründer (§ 29 AktG) im Zuge der Errichtung muss die Gesellschaft vor der Anmeldung zum Handelsregister einen Teil der Einlage von den Aktionären einfordern, soweit nicht Sacheinlagen vereinbart sind (§ 36 Abs. 2, § 36a Abs. 1 AktG). Die Aktionäre müssen die geschuldete und eingeforderte Einlage zur freien Verfügung des Vorstands einzahlen (§ 54 Abs. 3 AktG). Geschieht dies, bewirken die Aktionäre eine Einzahlung in das Nennkapital. Sie bringen dadurch in Höhe der geleisteten Einlage die Einlageforderung der Gesellschaft durch Erfüllung zum Erlöschen (§ 362 Abs. 1 BGB); in Höhe der noch nicht eingeforderten und noch nicht erbrachten Einlage bleiben sie zur Leistung verpflichtet.

Mit der Anmeldung der Gesellschaft zum Handelsregister ist unter anderem nachzuweisen, dass der auf die eingeforderte Einlage eingezahlte Betrag endgültig zur freien Verfügung des Vorstands steht (§ 37 Abs. 1 Satz 2 AktG); bei Einzahlung auf ein Bankkonto der Gesellschaft ist der Nachweis durch eine Bestätigung des kontoführenden Instituts zu führen (§ 37 Abs. 1 Satz 3 AktG).

Im Fall einer wirtschaftlichen Neugründung einer Kapitalgesellschaft sind die der Gewährleistung der Kapitalausstattung dienenden Gründungsvorschriften einschließlich der registergerichtlichen Kontrolle entsprechend anzuwenden. Das bedeutet, dass die wirtschaftliche Neugründung beim Registergericht anzumelden ist, um diesem eine (erneute) Gründungsprüfung zu ermöglichen und sicherzustellen, dass die Gesellschaft im Zeitpunkt der Neugründung über ein Vermögen in Höhe der auf das Grundkapital geleisteten Einlagen tatsächlich noch verfügt. Unterbleibt die Offenlegung der wirtschaftlichen Neugründung, haftet der Gesellschafter begrenzt auf eine Unterbilanz, die in dem Zeitpunkt besteht, zu dem die wirtschaftliche Neugründung entweder durch die Anmeldung der Satzungsänderungen oder durch die Aufnahme der wirtschaftlichen Tätigkeit erstmals nach außen in Erscheinung getreten ist.

Im entschiedenen Streitfall hatte der Alleinaktionär der AG im Zuge der wirtschaftlichen Neugründung der AG nicht in das Nennkapital der Gesellschaft geleistet. Denn bei der in Rede stehenden Überweisung auf das Girokonto der AG handelte es sich um eine Einlage. Der Alleinaktionär der AG hatte im Zuge der wirtschaftlichen Neugründung nicht auf die ausstehenden Einlagen geleistet. Vielmehr wollte er mit der Einzahlung erkennbar nur die Voraussetzungen für die Eintragung der wirtschaftlichen Neugründung erfüllen. Insofern bestand keine Veranlassung, auf die ausstehenden Einlagen zu leisten. Weder hatte die AG diese eingefordert noch wäre eine Zahlung auf die ausstehenden Einlagen geeignet gewesen, die bis zur wirtschaftlichen Neugründung entstandene Unterbilanz zu beseitigen.

Der Alleinaktionär der AG hatte auch nicht (erneut) auf die bei Gründung der AG bereits eingezahlte Einlage geleistet. Im Streitfall war bei Gründung der AG entsprechend § 36a Abs. 1 AktG ein Viertel des gezeichneten Kapitals eingezahlt worden. Insoweit war die ursprüngliche Einlageforderung der AG durch Erfüllung erloschen. Eine erneute Leistung auf diese bereits erloschene Forderung war nicht möglich.
Verlag Dr. Otto Schmidt