11.05.2023

Keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Höhe der Aussetzungszinsen

Das BVerfG hatte ausdrücklich darauf abgestellt, dass Nachzahlungszinsen durch eine verzögerte Bearbeitung der Finanzämter anfallen können, ohne dass der Steuerpflichtige hierauf Einfluss nehmen kann. Demgegenüber besteht anstelle der Aussetzung der Vollziehung die Möglichkeit, den streitigen Steuerbetrag - ggf. über die Beschaffung eines zinsgünstigen Kredits - zu bezahlen und damit die Aussetzungszinsen zu vermeiden.

FG Münster v. 8.3.2023, 6 K 2094/22 E u.a.
Der Sachverhalt:
In den Fällen 6 K 2094/22 E und  3 V 2464/22 wollten die die Kläger den zur Höhe von Nachzahlungszinsen von ebenfalls 0,5 % pro Monat ergangenen Beschluss des BVerfG vom 8.7.2021 (Az. 1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17) auf die für die Dauer der Aussetzung der Vollziehung zu zahlenden Zinsen übertragen. In diesem Beschluss hatte das BVerfG aufgrund der Niedrigzinsphase die Höhe der Nachzahlungszinsen ab 2014 für verfassungswidrig, das Gesetz aber erst ab 2019 für unanwendbar erklärt.

Beide Senate lehnten eine Übertragung dieser Rechtsprechung auf Aussetzungszinsen ab. Allerdings wurde die Revision zugelassen. Gegen das Urteil des 6. Senats ist beim BFH ein Verfahren unter dem Az. VIII R 9/23 anhängig. Der Beschluss vom 3. Senat ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Der Zinssatz von 0,5 % pro Monat bei Aussetzungszinsen begegnet - anders als bei Nachzahlungszinsen - keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

Das BVerfG hatte ausdrücklich darauf abgestellt, dass Nachzahlungszinsen durch eine verzögerte Bearbeitung der Finanzämter anfallen können, ohne dass der Steuerpflichtige hierauf Einfluss nehmen kann. Demgegenüber besteht anstelle der Aussetzung der Vollziehung die Möglichkeit, den streitigen Steuerbetrag - ggf. über die Beschaffung eines zinsgünstigen Kredits - zu bezahlen und damit die Aussetzungszinsen zu vermeiden. Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung zu Steuerschuldnern, bei denen keine Aussetzungszinsen anfallen, liegt aufgrund dieser bewussten Entscheidung nicht vor.

Der 3. Senat  hat seine ablehnende Entscheidung zusätzlich darauf gestützt, dass das im Aussetzungsverfahren wegen verfassungsrechtlicher Zweifel erforderliche besondere Aussetzungsinteresse fehlte. Weder hatte das BVerfG Aussetzungszinsen oder einen vergleichbaren Tatbestand für nichtig erklärt noch drohten dem Antragsteller irreparable Nachteile aus der Verzinsung.

da eine höchstrichterliche Entscheidung zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der Aussetzungszinsen soweit ersichtlich bisher nicht vorliegt, hat der 6. Senat die Revision zugelassen.

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FG Münster - Newsletter April 2023
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