16.01.2012

Kernbrennstoffsteuer verfassungsgemäß und europarechtskonform

Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Kernbrennstoffsteuergesetzes. Für die Gesetzgebungskompetenz des Bundes zur Einführung einer Kernbrennstoffsteuer in Form einer Verbrauchsteuer kommt es nicht darauf an, ob die Steuer auf die Stromkunden abwälzbar ist oder nicht.

FG Baden-Württemberg 11.1.2012, 11 V 2661/11 u.a.
Der Sachverhalt:
Die beiden gerichtlichen Eilverfahren (11 V 2661/11 und 11 V 4024/11) betreffen die Frage der Verfassungsmäßigkeit des Kernbrennstoffsteuergesetzes (KernbrStG). Die antragstellende Betreiberin eines Kernkraftwerks löste durch Befüllung eines Kernreaktors mit Brennelementen sich selbsttragende Kettenreaktionen aus und verwirklichte dadurch jeweils den Tatbestand des § 5 Abs. 1 des zum 1.1.2011 in Kraft getretenen KernbrStG.

Die Antragstellerin berechnete daran anschließend zwar - wie es das Gesetz vorsieht - die Steuer, meldete diese an und bezahlt sie auch; gegen die als Steuerfestsetzungen wirkenden Anmeldungen legte sie jedoch Einsprüche ein. Das für die Festsetzung und Erhebung der Kernbrennstoffsteuer zuständige Hauptzollamt lehnte daneben gestellte Anträge auf Aufhebung der Vollziehung ab.

Das FG wie die Anträge auf Aussetzung der Vollziehung ebenfalls ab. Die Beschlüsse sind noch nicht rechtskräftig.

Die Gründe:
Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Kernbrennstoffsteuergesetzes.

In Abweichung von anderslautenden Entscheidungen der FG in Hamburg und München kommt es nach Ansicht des FG Baden-Württemberg - unter Berufung auf Rechtsprechung des BVerfG - für die Gesetzgebungskompetenz des Bundes zur Einführung einer Kernbrennstoffsteuer in Form einer Verbrauchsteuer nicht darauf an, ob die Steuer auf die Stromkunden abwälzbar ist oder nicht.

Es ist zudem kein Verstoß des KernbrStG gegen grundrechtliche Gewährleistungen zu erkennen. Der Gesetzgeber war weder aufgrund des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) daran gehindert, den durch Spaltung näher definierter Kernbrennstoffe in Gang gesetzten Verbrauch dieser Stoffe zum Gegenstand einer Steuer zu machen, noch liegt eine Verletzung des in Art. 14 GG gewährleisteten Eigentumsrechts der Betreiber von Kernkraftwerken vor, sofern es diesen weiterhin möglich ist, ihre kerntechnischen Anlagen rentierlich zu betreiben.

Bei der im Verfahren auf Aufhebung der Vollziehung einer Steuerfestsetzung ausreichenden, aber auch gebotenen summarischen Prüfung verstößt die Anwendung des KernbrStG auch nicht gegen primäres oder sekundäres Europarecht. Insbes. ist der in diesem Zusammenhang erhobene Einwand, das Gesetz verstoße gegen das Verbot der Erhebung nicht harmonisierter Verbrauchsteuern auf elektrischen Strom, nicht stichhaltig. Schließlich hat der Gesetzgeber mit dem KernbrStG auch keine der Verpflichtungen verletzt, die die Bundesrepublik Deutschland im Rahmen der Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft (EURATOM) eingegangen ist.

FG Baden-Württemberg PM vom 12.1.2012
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