12.08.2015

Kindergeld: Kein Einspruch gegen die in der Einspruchsentscheidung enthaltene Kostenentscheidung

Wendet sich der Einspruchsführer isoliert gegen die im Rahmen einer Einspruchsentscheidung ergangene Kostenentscheidung nach § 77 Abs. 1 und 2 EStG, ist statthafter Rechtsbehelf hiergegen ausschließlich die Klage. Ein Wahlrecht zwischen Einspruch und Klage besteht nicht.

BFH 13.5.2015, III R 8/14
Der Sachverhalt:
Die beklagte Familienkasse lehnte mit Bescheid vom 25.2.2011 gegenüber dem Kläger die Festsetzung von Kindergeld für seine beiden Kinder für die Zeit ab September 2008 ab. Der Einspruch des Klägers, der durch Prozessbevollmächtigte vertreten war, war teilweise erfolgreich. Die Familienkasse setzte mit Einspruchsentscheidung vom 26.7.2011 Kindergeld für beide Kinder für die Zeiträume September 2008 bis März 2009 sowie November 2009 bis April 2010 fest und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück.

Zugleich entschied sie in der Einspruchsentscheidung unter Bezugnahme auf § 77 EStG, dass die dem Kläger im Rechtsbehelfsverfahren ggf. entstandenen Aufwendungen nicht übernommen würden. Die Einspruchsentscheidung wurde den inländischen Prozessbevollmächtigten des Klägers am 29.7.2011 zugestellt. Sie enthielt die einheitliche Rechtsbehelfsbelehrung, dass gegen diese Entscheidung Klage beim FG erhoben werden könne. In der Rechtsbehelfsbelehrung war u.a. über den Beginn der Klagefrist Folgendes ausgeführt: "Sie beginnt mit Ablauf des Tages, an dem diese Entscheidung bekannt gegeben worden ist. Bei Zusendung durch einfachen Brief oder Zustellung durch eingeschriebenen Brief gilt die Bekanntgabe einen Monat nach Aufgabe zur Post als bewirkt, es sei denn, dass die Entscheidung nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Bei Zustellung durch Einschreiben gegen Rückschein ist Tag der Bekanntgabe der Tag der Zustellung."

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers legte für diesen mit Schreiben vom 16.8.2011 ausschließlich gegen die Kostenentscheidung der Familienkasse Einspruch ein. Er begehrte u.a., die dem Kläger entstandenen Kosten zu 1/3 der Familienkasse aufzuerlegen und die Zuziehung des Prozessbevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären. Die Familienkasse verwarf diesen Rechtsbehelf mit Einspruchsentscheidung vom 16.1.2012 als unzulässig, weil gegen die Kostenentscheidung in einem Fall wie hier allein die Klage statthaft sei.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt (Eingang beim FG am 3.2 2012), hob die Kostenentscheidung auf und verpflichtete die Familienkasse, dem Kläger 1/3 der im Einspruchsverfahren entstandenen Aufwendungen sowie 1/3 der Gebühren und Auslagen seines Bevollmächtigten zu erstatten. Die Revision der Familienkasse hatte vor dem BFH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das FG hat die Familienkasse im Ergebnis zutreffend nach § 77 Abs. 1 und 2 EStG verpflichtet, dem Kläger seine im Einspruchsverfahren entstandenen Aufwendungen sowie Gebühren und Auslagen seines Prozessbevollmächtigten anteilig zu erstatten.

Das Einspruchsverfahren gegen Steuerfestsetzungen ist nach der AO kostenfrei: Es fallen keine Verwaltungsgebühren an, es gibt aber auch keine Kostenerstattung nach einem erfolgreichen Einspruch. In Kindergeldsachen ist das insoweit anders, als einem Einspruchsführer notwendige Aufwendungen (z.B. für eine Rechtsvertretung) erstattet werden (§ 77 EStG), soweit der Einspruch erfolgreich ist und die Aufwendungen nicht (wie z.B. bei einer Verletzung eigener Mitwirkungspflicht) durch das Verschulden eines Erstattungsberechtigten oder seines Vertreters entstanden sind.

Wird der Antrag auf Kostenerstattung ganz oder teilweise abgelehnt, geht die im Fachschrifttum überwiegend vertretene Auffassung davon aus, dass gegen diese Kostenentscheidung (zunächst) Einspruch eingelegt werden muss. Der BFH schließt sich dieser Auffassung nicht an. Gegen die in der Einspruchsentscheidung enthaltene Kostenentscheidung muss unmittelbar Klage erhoben werden; ein Wahlrecht zwischen Einspruch und Klage besteht nicht.

Vorliegend hat der Kläger daher zu Unrecht zunächst Einspruch gegen die Kostenentscheidung eingelegt. Er war allerdings im Ergebnis dennoch erfolgreich: Die Familienkasse hat die Einspruchsentscheidung mit einer falschen Rechtsmittelbelehrung versehen, so dass die vom Kläger erhobene Klage wegen der dann geltenden Jahresfrist noch nicht verspätet war.

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BFH PM Nr. 56 vom 12.8.2015
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