22.01.2014

Kindergeldanspruch gilt auch für verheiratete Kinder

Der Anspruch auf Kindergeld für ein volljähriges Kind entfällt nicht deshalb, weil das Kind verheiratet ist. Wenn die übrigen Voraussetzungen für die Berücksichtigung des Kindes erfüllt sind, können Eltern seit Januar 2012 das Kindergeld auch dann beanspruchen, wenn ihr Kind etwa mit einem gut verdienenden Partner verheiratet ist.

BFH 17.10.2013, III R 22/13
Der Sachverhalt:
Die Tochter des Klägers hatte nach ihrem Schulabschluss im Oktober 2010 eine dreijährige Ausbildung angefangen, für die sie Ausbildungsvergütung bezog. Im April 2011 heiratete die Tochter mit im Alter von 20 Jahren. Ihr Ehemann befand sich seit September 2011 in einem Berufsausbildungsverhältnis und erhielt ebenfalls eine Ausbildungsvergütung. Der Kläger leistete seiner Tochter, die für das Streitjahr 2012 einen Abzweigungsantrag gestellt hatte, keinen Unterhalt. Seinen Kindergeldantrag lehnte die Familienkasse mit der Begründung ab, die Tochter könne sich mit ihrem eigenen Einkommen und dem Unterhaltsbeitrag ihres Ehemannes selbst unterhalten. Schließlich habe sie jährliche Einkünfte von mehr als 8.300 € erzielt.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision der Familienkasse blieb vor dem BFH erfolglos.

Die Gründe:
Dem Kläger steht nach dem Wortlaut der §§ 32, 62 ff. EStG für seine Tochter Kindergeld zu.

Ihre Verheiratung stand der Berücksichtigung nicht entgegen. Nach langjähriger BFH-Rechtsprechung erlosch der Kindergeldanspruch für ein volljähriges Kind zwar grundsätzlich mit dessen Eheschließung. Dies beruhte auf der Annahme, dass der Anspruch auf Kindergeld oder einen Kinderfreibetrag eine typische Unterhaltssituation voraussetze, die infolge der Heirat wegen der zivilrechtlich vorrangigen Unterhaltsverpflichtung des Ehegatten regelmäßig entfalle. Der Kindergeldanspruch blieb nach dieser Rechtsprechung nur erhalten, wenn - wie etwa bei einer Studentenehe - die Einkünfte des Ehepartners für den vollständigen Unterhalt des Kindes nicht ausreichten und das Kind auch nicht über ausreichende eigene Mittel verfügte (sog. Mangelfall).

Diese Rechtsprechung hat der BFH nun allerdings aufgegeben. Das ungeschriebene Erfordernis einer "typischen Unterhaltssituation" hatte der BFH bereits 2010 aufgegeben (Urt. v. 17.6.2010, Az.: III R 34/09). Seit einer Gesetzesänderung hängt der Kindergeldanspruch (mit Wirkung ab Januar 2012) zudem nicht mehr davon ab, dass die Einkünfte und Bezüge des Kindes einen Grenzbetrag (von zuletzt 8.004 € jährlich) nicht überschreiten.

Infolgedessen wurde der sog. Mangelfallrechtsprechung die Grundlage entzogen. Der BFH hat insofern gegen die in der zentralen Dienstanweisung für die Familienkassen niedergelegte Verwaltungsauffassung (Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des EStG, Stand 2013) entschieden. Das bedeutet: Wenn die übrigen Voraussetzungen für die Berücksichtigung des Kindes erfüllt sind, können Eltern seit Januar 2012 das Kindergeld auch dann beanspruchen, wenn ihr Kind etwa mit einem gut verdienenden Partner verheiratet ist.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
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BFH PM Nr. 5 vom 22.1.2014
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