31.03.2016

Kirchgeld bei Zusammenveranlagung in glaubensverschiedener Ehe

Bei einer Kirchgeld-Festsetzung, die an eine kirchenangehörige Steuerpflichtige (Ehefrau) gerichtet und mit dem Zusammenveranlagungs-Einkommensteuerbescheid für die Eheleute verbunden ist, wird die Einspruchsfrist nicht gewahrt, wenn der Einspruch vom anderen Ehegatten in "Ich"-Form eingelegt wurde. Die Verleihung hoheitlicher Befugnisse wie der Steuerberechtigung bei der Anerkennung einer Religionsgesellschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts durch ein Bundesland wirkt nicht über dessen Bereich hinaus.

FG Hamburg 1.9.2015, 3 K 167/15
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist in Hamburg Mitglied der evangelischen-lutherischen Kirche. Ihr Ehemann ist Mitglied einer freireligiösen Gemeinschaft in Form einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, die nach Hessischem Kirchensteuergesetz kirchensteuerberechtigt ist, ohne von dieser Berechtigung aber Gebrauch zu machen.

Nach dem gemeinsam zu versteuernden Einkommen der Eheleute hatte das Finanzamt für die Klägerin im Hinblick auf das Streitjahr 2012 ein Besonderes Kirchgeld errechnet. Das Kirchgeld ist eine Form der Kirchensteuer, das nach Maßgabe der kirchensteuerrechtlichen Vorschriften der Bundesländer als Besonderes Kirchgeld von jenen Kirchenmitgliedern erhoben wird, die sich zusammen mit ihrem Ehegatten nach dem Tarif des Ehegattensplittings zur Einkommensteuer veranlagen lassen und selbst über kein oder ein geringeres Einkommen als der Ehegatte verfügen, der keiner steuerberechtigten bzw. - nach der Neufassung des Hamburgischen Kirchensteuergesetzes ab 2014 - steuererhebenden Kirche, Religionsgemeinschaft oder weltanschaulichen Gemeinschaft angehört, die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage als unzulässig zurück. Das Urteil ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Die Klägerin hatte den Einspruch nicht rechtzeitig erhoben. Zwar war ein Einspruch auf einem Briefbogen eingelegt worden, der in der Fußzeile die Namen beider Eheleute und ihre Adresse enthielt. Allerdings sprachen die Umstände erkennbar für eine Einspruchseinlegung allein durch den Ehemann: Das Schreiben war nur von ihm unterschrieben und in der Ich-Form verfasst. Von der Klägerin war nur in dritter Person erwähnt. Die Versäumung der Einspruchsfrist wird - anders als im allgemeinen Verwaltungsrecht - auch nicht dadurch geheilt, dass die Behörde den Einspruch nicht als unzulässig zurückweist, sondern die Einspruchsentscheidung aufgrund einer Sachprüfung trifft.

Darüber hinaus kann Kirchgeld in glaubensverschiedener Ehe festgesetzt werden, wenn der andere Ehegatte einer nicht steuerberechtigten oder nicht steuererhebenden Religionsgesellschaft angehört (sog. glaubensverschiedene Ehe); es darf unter Berücksichtigung des zusammenveranlagten gemeinsamen Einkommens bemessen werden. Die Verleihung hoheitlicher Befugnisse wie der Steuerberechtigung bei der Anerkennung einer Religionsgesellschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts durch ein Bundesland wirkt nicht über dessen Bereich hinaus. Die Regelungen zum kirchensteuerbezogenen Informationsaustausch sind grundrechtskonform.

Linkhinweis:

  • Der Volltext des Urteils ist erhältlich auf dem Justizportal Hamburg.
  • Um direkt zu dem Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.
FG Hamburg online
Zurück