Körperschaftsteuer: Zur Besteuerung von Streubesitzdividenden bei Familienstiftungen
FG Hamburg v. 27.6.2025 - 5 K 9/25
Der Sachverhalt:
Die Beteiligten streiten über den Abzug von Werbungskosten, die im Zusammenhang mit Streubesitzdividenden einer Familienstiftung stehen.
Die Klägerin ist eine unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige und nicht steuerbefreite rechtsfähige Familienstiftung. Sie investiert ihr Vermögen überwiegend in Kapitalanlagen und erzielten in den Streitjahren 2013 bis 2021 u.a. Einnahmen aus Aktiendividenden, Zinserträgen, Fondsausschüttungen und Veräußerungsergebnisse aus Aktien, Anleihen und Investmentfonds. Es handelt sich nicht um Anteile, die dem Handelsbestand eines Kredit-, Wertpapier- oder Finanzdienstleistungsinstituts i.S.d. § 8b Abs. 7 Satz 1 KStG oder einem Umlaufvermögen i.S.d. § 8b Abs. 7 Satz 1 KStG zuzuordnen sind. Bei der Klägerin fielen im Streitzeitraum Aufwendungen an für Büroausstattung, Räume, das Gehalt des Vorstandes und die Vergütung der Beiräte sowie Kosten für die Vermögensverwaltung in Form von Kontogebühren, Depotgebühren und die laufenden Rechts- und Steuerberatungskosten. Von diesen Werbungskosten stehen jeweils erhebliche Beträge im Zusammenhang mit Bezügen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, § 8b Abs. 4 KStG (Streubesitzdividenden).
Die Klägerin begehrte im Verwaltungsverfahren vergeblich den vollständigen Abzug der Werbungskosten, die mit den Streubesitzdividenden im Zusammenhang stehen. Das Finanzamt berücksichtigte diese Werbungskosten nur in Höhe des Sparer-Pauschbetrags (§ 20 Abs. 9 Satz 1 EStG).
Das FG wies die Klage ab. Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Die Gründe:
Bei der Ermittlung des Einkommens der nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtigen Klägerin sind die streitgegenständlichen Werbungskosten nur in Höhe des Sparer-Pauschbetrags zu berücksichtigen.
Die Streubesitzdividenden führen bei der Klägerin zu Einkünften aus Kapitalvermögen i.S.d. § 20 EStG. Die Gewerblichkeitsfiktion des § 8 Abs. 2 KStG gilt für sie nicht, weil sie kein Steuerpflichtiger i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 (sondern Nr. 4) KStG ist. Sie ermittelt ihre Einkünfte aus Kapitalvermögen als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG i.V.m. § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 EStG. Im Rahmen der Einkommensermittlung der Klägerin sind Werbungskosten nach § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 10 Satz 1 KStG i.V.m. § 2 Abs. 2 Satz 2, § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG nur in Höhe des Sparer-Pauschbetrags zu berücksichtigen. Eine teleologische Reduktion dieser Vorschriften bei Streubesitzdividenden einer Stiftung kommt nicht in Betracht. Ausweislich der Gesetzbegründung soll der Sparer-Pauschbetrag bei der Einkünfteermittlung von Körperschaften außerhalb der Fälle des § 8 Abs. 10 Satz 2 KStG Anwendung finden.
Aus § 8b Abs. 1 und 5 KStG ergibt sich keine vorrangige Regelung zum Werbungskostenabzug bei Dividenden i.S.d. § 8b Abs. 4 Satz 1 KStG. § 8b Abs. 1 KStG ist vorliegend zwar anwendbar. § 8b Abs. 5 KStG erfasst aber lediglich Betriebsausgaben und nicht auch Werbungskosten. Zudem findet diese Vorschrift gem. § 8b Abs. 4 Satz 7 KStG auf Streubesitzdividenden keine Anwendung.
Der Senat ist zudem nicht von der Verfassungswidrigkeit des § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 10 KStG i.V.m. §§ 2 Abs. 2 Satz 2, 20 Abs. 9 Satz 1 EStG überzeugt. Es liegt kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vor. Mit den streitgegenständlichen Regelungen wird weder gegen das Prinzip der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit verstoßen noch liegt eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung im Vergleich zu Stiftungen vor, die Beteiligungen an Körperschaften über 10 % halten oder Einkünfte aus einer anderen Einkunftsart erzielen. Auch wird die Klägerin nicht gegenüber anderen Körperschaften, für die § 8b Abs. 2 KStG gilt, verfassungswidrig benachteiligt.
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Berninghaus u.a. in Rödder/Herlinghaus/Neumann, Körperschaftsteuergesetz (KStG) 2. Auflage 2023
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FG Hamburg NL vom 17.10.2025
Die Beteiligten streiten über den Abzug von Werbungskosten, die im Zusammenhang mit Streubesitzdividenden einer Familienstiftung stehen.
Die Klägerin ist eine unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige und nicht steuerbefreite rechtsfähige Familienstiftung. Sie investiert ihr Vermögen überwiegend in Kapitalanlagen und erzielten in den Streitjahren 2013 bis 2021 u.a. Einnahmen aus Aktiendividenden, Zinserträgen, Fondsausschüttungen und Veräußerungsergebnisse aus Aktien, Anleihen und Investmentfonds. Es handelt sich nicht um Anteile, die dem Handelsbestand eines Kredit-, Wertpapier- oder Finanzdienstleistungsinstituts i.S.d. § 8b Abs. 7 Satz 1 KStG oder einem Umlaufvermögen i.S.d. § 8b Abs. 7 Satz 1 KStG zuzuordnen sind. Bei der Klägerin fielen im Streitzeitraum Aufwendungen an für Büroausstattung, Räume, das Gehalt des Vorstandes und die Vergütung der Beiräte sowie Kosten für die Vermögensverwaltung in Form von Kontogebühren, Depotgebühren und die laufenden Rechts- und Steuerberatungskosten. Von diesen Werbungskosten stehen jeweils erhebliche Beträge im Zusammenhang mit Bezügen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, § 8b Abs. 4 KStG (Streubesitzdividenden).
Die Klägerin begehrte im Verwaltungsverfahren vergeblich den vollständigen Abzug der Werbungskosten, die mit den Streubesitzdividenden im Zusammenhang stehen. Das Finanzamt berücksichtigte diese Werbungskosten nur in Höhe des Sparer-Pauschbetrags (§ 20 Abs. 9 Satz 1 EStG).
Das FG wies die Klage ab. Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Die Gründe:
Bei der Ermittlung des Einkommens der nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtigen Klägerin sind die streitgegenständlichen Werbungskosten nur in Höhe des Sparer-Pauschbetrags zu berücksichtigen.
Die Streubesitzdividenden führen bei der Klägerin zu Einkünften aus Kapitalvermögen i.S.d. § 20 EStG. Die Gewerblichkeitsfiktion des § 8 Abs. 2 KStG gilt für sie nicht, weil sie kein Steuerpflichtiger i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 (sondern Nr. 4) KStG ist. Sie ermittelt ihre Einkünfte aus Kapitalvermögen als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG i.V.m. § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 EStG. Im Rahmen der Einkommensermittlung der Klägerin sind Werbungskosten nach § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 10 Satz 1 KStG i.V.m. § 2 Abs. 2 Satz 2, § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG nur in Höhe des Sparer-Pauschbetrags zu berücksichtigen. Eine teleologische Reduktion dieser Vorschriften bei Streubesitzdividenden einer Stiftung kommt nicht in Betracht. Ausweislich der Gesetzbegründung soll der Sparer-Pauschbetrag bei der Einkünfteermittlung von Körperschaften außerhalb der Fälle des § 8 Abs. 10 Satz 2 KStG Anwendung finden.
Aus § 8b Abs. 1 und 5 KStG ergibt sich keine vorrangige Regelung zum Werbungskostenabzug bei Dividenden i.S.d. § 8b Abs. 4 Satz 1 KStG. § 8b Abs. 1 KStG ist vorliegend zwar anwendbar. § 8b Abs. 5 KStG erfasst aber lediglich Betriebsausgaben und nicht auch Werbungskosten. Zudem findet diese Vorschrift gem. § 8b Abs. 4 Satz 7 KStG auf Streubesitzdividenden keine Anwendung.
Der Senat ist zudem nicht von der Verfassungswidrigkeit des § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 10 KStG i.V.m. §§ 2 Abs. 2 Satz 2, 20 Abs. 9 Satz 1 EStG überzeugt. Es liegt kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vor. Mit den streitgegenständlichen Regelungen wird weder gegen das Prinzip der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit verstoßen noch liegt eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung im Vergleich zu Stiftungen vor, die Beteiligungen an Körperschaften über 10 % halten oder Einkünfte aus einer anderen Einkunftsart erzielen. Auch wird die Klägerin nicht gegenüber anderen Körperschaften, für die § 8b Abs. 2 KStG gilt, verfassungswidrig benachteiligt.
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