28.06.2013

Kosten eines ausländischen Rechtsanwaltes können als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig sein

Die Kosten eines in einem Scheidungsfolgenverfahren beauftragten britischen Rechtsanwalts und die mit dem Verfahren in Zusammenhang stehenden Reisekosten können als außergewöhnliche Belastungen gem. § 33 Abs. 1 EStG abzugsfähig sein. Dies ist aber nur möglich, wenn sich der Steuerpflichtige dem Verfahren ohne jeden eigenen Gestaltungsspielraum stellen musste, das Verfahren nicht mutwillig oder ohne Aussicht auf Erfolg war, die Höhe der vereinbarten Kosten nach landestypischen Gesichtspunkten angemessen waren und keine Kostenerstattung erfolgte.

Schleswig-Holsteinisches FG 7.4.2013, 5 K 156/12
Der Sachverhalt:
Der Kläger war bis 2006 in Großbritannien verheiratet und hat aus dieser Ehe zwei unterhaltsberechtigte Kinder. Im Jahr 2004 hatten sich die Eheleute getrennt und im gleichen Jahr eine privatschriftliche Vereinbarung zur Regelung der mit der Trennung zusammenhängenden Angelegenheiten abgeschlossen.

Der Kläger ist nun in zweiter Ehe in Deutschland verheiratet. Die geschiedene Ehefrau machte Anfang 2009 Ansprüche wegen Kindesunterhalts, Versorgungsausgleichs, Unterhalts für sich und Vermögensausgleichs gegen ihn geltend. Ein Versuch des Klägers, eine gütliche Einigung herbeizuführen, hatte keinen Erfolg. Vielmehr wurde er Mitte 2010 zur mündlichen Verhandlung vor einem Gericht in Großbritannien geladen. Er beauftragte im Juni 2010 einen in London praktizierenden, Deutsch und Englisch sprechenden, auf Familienrecht spezialisierten Anwalt, der u.a. einen Stundensatz von 275 GBP zzgl. Umsatzsteuer verlangte. Die Erfolgsaussichten waren gut: Die ursprünglich geltend gemachten Ansprüche konnten in erheblichem Umfang beschränkt und letztlich auf die Höhe des Kindesunterhaltes reduziert werden. Der Versorgungsausgleich ist in der Bundesrepublik zu verhandeln.

Dem Kläger entstanden im Streitjahr 2010 deshalb 18.000 € Anwalts- und rund 830 € Reisekosten. Mit seiner Einkommensteuererklärung für 2010 machte er u.a. diese Beträge als außergewöhnliche Belastungen geltend. Das Finanzamt folgte dem nicht. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Allerdings wurde die Revision zugelassen. Das Revisionsverfahren ist bei dem BFH unter dem Az.: VI R 26/13 anhängig.

Die Gründe:
Die dem Kläger aus Anlass des Scheidungsantrages seiner geschiedenen Ehefrau entstandenen Anwalts- und Reisekosten waren unter den vorliegenden Bedingungen als außergewöhnliche Belastung i.S.d. § 33 EStG anzuerkennen.

Die Einkommensteuer wird auf Antrag gem. § 33 Abs. 1 EStG in bestimmten Umfang ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes, erwachsen. Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Nach BFH-Rechtsprechung (Urt. v. 12.5.2011, VI R 42/10) erwachsen Zivilprozesskosten mit Rücksicht auf das staatliche Gewaltmonopol unabhängig vom Gegenstand des Prozesses aus rechtlichen Gründen zwar zwangsläufig. Unausweichlich sind derartige Aufwendungen aber nur, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, nicht mutwillig erscheint und einen angemessenen Betrag nicht überschreitet.

Diese Voraussetzungen waren im vorliegenden Fall gegeben. Auf Betreiben seiner geschiedenen Ehefrau und wegen der rechtshängigen Klage hatte sich der Kläger dem Verfahren ohne jeden eigenen Gestaltungsspielraum zu stellen. Sein Versuch, eine gütliche Einigung herbeizuführen, hatte keinen Erfolg. Die Einwände des Klägers gegen die von seiner geschiedenen Ehefrau geltend gemachten Ansprüche erschienen weder ohne Aussicht auf Erfolg noch mutwillig, denn es bestanden für den Kläger gute Erfolgsaussichten: Die ursprünglich geltend gemachten Ansprüche konnten in erheblichem Umfang beschränkt und letztlich auf die Höhe des Kindesunterhaltes reduziert werden. Der Versorgungsausgleich ist in der Bundesrepublik zu verhandeln.

Die Rechtsanwaltskosten waren unter Berücksichtigung der landestypischen Besonderheiten nicht unangemessen. In Großbritannien gibt es kein mit der Bundesrepublik vergleichbares System von Rechtsanwaltsgebühren, sondern es werden grundsätzlich Stundensätze vereinbart, die hier laut British-German Jurists" Association angemessen waren. Auch die Reisekosten teilten in diesem Fall nach Überzeugung des Senats das Schicksal der Anwaltskosten.

Linkhinweis:

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FG Schleswig-Holstein Newsletter v. 25.6.2013
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