28.04.2015

Kosten für Eizellenspenden in EU- Mitgliedsstaaten stellen keine außergewöhnlichen Belastungen dar

Aufwendungen für die künstliche Befruchtung mit einer gespendeten Eizelle im Ausland (hier: Spanien), die dort - anders als in Deutschland - nicht verboten ist, können steuerlich nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden. Auch der BFH stellt darauf ab, dass die Heilbehandlung von einer zur Ausübung der Heilkunde zugelassenen Person entsprechend den Richtlinien der Berufsordnung der zuständigen Ärztekammer durchgeführt worden sein muss.

FG Berlin-Brandenburg 11.2.2015, 2 K 2323/12
Der Sachverhalt:
Die in ihrer Fruchtbarkeit eingeschränkte Klägerin hatte sich in Spanien einen Embryo in die Gebärmutter einsetzen lassen, der durch die künstliche Befruchtung einer gespendeten Eizelle mit dem Samen ihres Ehemannes entstanden war. Die hierfür aufgewendeten Kosten i.H.v. 9.026 € machte sie steuermindernd als außergewöhnliche Belastung geltend. Die Klägerin und ihr mittlerweile von ihr getrennt lebender Ehemann hätten sich damit einen gemeinsamen Kinderwunsch erfüllen wollen, nachdem die Klägerin aufgrund einer früheren Krebserkrankung in ihrer Fähigkeit zu eigener Eizellenbildung stark beeinträchtigt war. Insofern konnte sie auch nach der Eizellspende die Leibesfrucht nicht austragen.

Das Finanzamt versagte die Anerkennung als außergewöhnliche Belastung, weil die Vornahme einer Eizellspende, wie sie bei der Klägerin erfolgt war, in Deutschland nach § 1 Abs. 1 ESchG unter Strafe gestellt ist. Nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Rechtsordnung dürfe der Staat durch steuermindernde Anerkennung im Rahmen des Steuerrechts nicht eine Maßnahme fördern, die er nach den von ihm selbst aufgestellten, die ethischen Wertungen der demokratischen Mehrheit widerspiegelnden Normen des ESchG als unzulässig unter Strafe stelle.

Die Klägerin war der Ansicht, nach § 1 Abs. 3 ESchG machten sich in Deutschland weder eine Frau, von der eine Eizelle entnommen werde, noch die Frau, welche die Eizelle erhalte, strafbar. Danach könne ihr allenfalls angelastet werden, an einer Handlung teilgenommen zu haben, die tatbestandsmäßig und rechtswidrig i.S.d. deutschen ESchG gewesen wäre. Einen Rechtsverstoß oder Rechtsmissbrauch habe sie selbst jedoch nicht begangen. Vielmehr habe sie massiv unter ihrer Kinderlosigkeit gelitten. Ihr unerfüllter Kinderwunsch habe letztlich sogar zum Scheitern ihrer Ehe geführt. Der Transfer fremder, befruchteter Eizellen auf eine Empfängerin bewirke mit über 50% Wahrscheinlichkeit eine erfolgreiche Schwangerschaft - jedoch leider nicht in ihrem Fall.

Das FG wies die Klage ab. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Revision zugelassen. Das Verfahren ist beim BFH unter dem Az.: VI R 20/15 anhängig.

Die Gründe:
Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen. Nach den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen ist dies bei Krankheitskosten - ohne Rücksicht auf die Art und die Ursache der Erkrankung - grundsätzlich der Fall. Allerdings werden nur solche Aufwendungen als Krankheitskosten berücksichtigt, die der Heilung einer Krankheit dienen.

In jüngerer Zeit hat der BFH auch Aufwendungen für eine medizinisch angezeigte heterologe künstliche Befruchtung, also eine solche mit fremdem Samen, als Krankheitskosten anerkannt, die zu einer steuermindernden außergewöhnlichen Belastung führen. Er stellt allerdings darauf ab, dass die Heilbehandlung von einer zur Ausübung der Heilkunde zugelassenen Person entsprechend den Richtlinien der Berufsordnung der zuständigen Ärztekammer durchgeführt worden sei. Dieses Merkmal war hier aber eindeutig nicht gegeben. Denn die Vornahme der für die Klägerin durchgeführten Maßnahmen hätte wegen ihrer Strafbarkeit nach § 1 ESchG gerade nicht den Berufsordnungen der in Deutschland zugelassenen Ärzte entsprochen.

Irrelevant war dabei, dass sich die Klägerin selbst nicht strafbar gemacht hätte; diese Ausnahme folgt ersichtlich dem Zweck, die Lage der betroffenen, möglicherweise in einer Drucksituation stehenden Frauen nicht noch zusätzlich durch Bestrafung zu verschlimmern. Nichtsdestoweniger hat der deutsche Gesetzgeber im ESchG die betreffenden Maßnahmen als rechtswidrig angesehen und diese Entscheidung - gegenüber den Durchführenden - mit der Androhung von Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren belegt. Die Beurteilung der Maßnahme als rechtswidrig ist insoweit eindeutig. Hiergegen konnte weder eingewandt werden, dass die Klägerin die Maßnahme im Ausland habe durchführen lassen noch dass die Durchführung derartiger Maßnahmen in Spanien wie auch anderen Staaten der EU erlaubt sei.

Soweit ersichtlich liegt allerdings noch keine höchstrichterliche Entscheidung zu der Frage vor, ob Aufwendungen im Zusammenhang mit einem in einem EU-Mitgliedsstaat von dort zur Heilkunde zugelassenen Personen unter Beachtung der dortigen Rechts- und Berufsordnung durchgeführten Embryotransfer nach In-Vitro-Fertilisation einer durch sog. Eizellspende von einer fremden Frau erlangten Eizelle Krankheitskosten darstellen, die trotz Strafbarkeit der Durchführung einer solchen Maßnahme nach dem deutschen Embryonenschutzgesetz als außergewöhnliche Belastungen i.S.v. § 33 EStG zu berücksichtigen sind.

Linkhinweis:

FG Berlin-Brandenburg PM Nr. 3 vom 27.4.2015
Zurück