10.07.2012

Lose Blätter stellen kein Fahrtenbuch dar

Dass der BFH den Begriff des Fahrtenbuches erst mit Urteil vom 9.11.2005 konkretisiert hat, ändert nichts an der Anwendbarkeit dieser Rechtsprechung auf zeitlich davor liegende Jahre. Ein Vertrauensschutztatbestand i.S.d. § 176 AO scheidet in diesen Fällen aus, da in dem einschlägigen Urteil erstmals der Begriff des Fahrtenbuchs geklärt wurde, ohne dass es dazu vorher eine für den Steuerpflichtigen günstigere Rechtsprechung gegeben hätte.

FG Köln 28.3.2012, 15 K 4080/09
Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte in den Streitjahren 2002 bis 2004 als Trainerin, Coach und Fachbuchautorin Einkünfte aus selbständiger Arbeit gem. § 18 EStG erzielt und ermittelte ihren Gewinn mittels Einnahme-Überschuss-Rechnung gem. § 4 Abs. 3 EStG. Im Zuge einer steuerlichen Betriebsprüfung bei der Klägerin beanstandete das Finanzamt u.a. den unterbliebenen Ansatz der Versteuerung des Privatanteils der Nutzung des jeweils im Betriebsvermögen gehaltenen PKW.

Die Klägerin hatte zwar Aufzeichnungen über die durchgeführten Fahrten geführt. Pro Monat hatte sie dafür ein Einzelblatt mit der Überschrift "Fahrtenbuch/KFZ-Kosten-Abrechnung" und vorgedruckten Rubriken verwendet. Die Blätter waren zusammengeheftet. Das Finanzamt war allerdings der Ansicht, dass solch eine Lose-Blatt-Sammlung schon begrifflich kein Fahrtenbuch sein könne und ermittelte den Privatanteil der Nutzung der betrieblichen PKW stattdessen nach der sog. 1%-Regelung.

Die Klägerin war hingegen der Ansicht, das Fahrtenbuch sei als ordnungsgemäß anzuerkennen. Der Begriff des Fahrtenbuchs sei nicht gesetzlich geregelt. Erst im Jahr 2005 habe der BFH dazu Stellung genommen und gebundene Fahrtenbücher für notwendig gehalten. Für zurückliegende Jahre habe daher nicht die zwingende Notwendigkeit bestanden, ein Fahrtenbuch in gebundener Form zu führen. Im Übrigen weise das Fahrtenbuch nur geringfügige Mängel auf.

Das FG wies die Klage ab. Das verfahren ist beim BFH unter dem Az.: III B 78/12 anhängig.

Die Gründe:
Zu Recht hatte das Finanzamt den Privatanteil der Nutzung der betrieblichen PKW nicht nach den von der Klägerin als Fahrtenbuch bezeichneten Aufzeichnungen ermittelt, sondern nach der sog. 1%-Regelung.

Ein Fahrtenbuch muss zeitnah und in geschlossener Form geführt werden. Danach erfüllt ein "Fahrten"-Buch als Eigenbeleg des Fahrzeugführers begrifflich die Aufgabe, über die mit einem Fahrzeug unternommenen Fahrten Rechenschaft abzulegen. Da die dabei zu führenden Aufzeichnungen eine "buch"-förmige äußere Gestalt aufweisen sollen, verlangt der allgemeine Sprachgebrauch des Weiteren, dass die erforderlichen Angaben in einer gebundenen oder jedenfalls in einer in sich geschlossenen Form festgehalten werden müssen, die nachträgliche Einfügungen oder Veränderungen ausschließt oder zumindest deutlich als solche erkennbar werden lässt. Lose Notizzettel können daher schon in begrifflicher Hinsicht kein "Fahrtenbuch" sein (BFH-Urteil v. 9.11.2005, Az.: VI R 27/05).

Infolgedessen stellten die Aufzeichnungen der Klägerin bereits begrifflich kein Fahrtenbuch i.S.d. § 6 Abs.1 S. 1 Nr. 4 S. 4 EStG dar. Dass der BFH den Begriff des Fahrtenbuches erst mit Urteil vom 9.11.2005 konkretisiert hat, änderte nichts an der Anwendbarkeit dieser Rechtsprechung auf die hier streitigen, zeitlich davor liegenden Jahre 2002 bis 2004. Denn ein Vertrauensschutztatbestand i.S.d. § 176 AO lag hier nicht vor. Es gab weder eine den Begriff des Fahrtenbuchs verschärfende geänderte BFH-Rechtsprechung noch eine solche, die entsprechende, der Klägerin günstigere Verwaltungsanweisungen nicht anerkennt. Vielmehr hatte der BFH in dem einschlägigen Urteil erstmals den Begriff des Fahrtenbuchs geklärt, ohne dass es dazu vorher eine der Klägerin günstigere Rechtsprechung gegeben hätte.

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