26.11.2020

Mittelbare Anteilsvereinigung an einer grundbesitzenden Personengesellschaft bei einer zwischengeschalteten Kapitalgesellschaft

Grundbesitzende Gesellschaft i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG kann sowohl eine Personen- als auch eine Kapitalgesellschaft sein.
Bei einer über eine zwischengeschaltete Kapitalgesellschaft vermittelten (mittelbaren) Beteiligung an einer grundbesitzenden Personengesellschaft ist für eine Anteilsvereinigung i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG der Anteil am Vermögen der Personengesellschaft und nicht die sachenrechtliche Mitberechtigung am Gesamthandsvermögen maßgebend.
Hält der Erwerber bereits unmittelbar oder mittelbar mindestens 95 % der Anteile am Vermögen der grundbesitzenden Personengesellschaft, ist ein weiterer unmittelbarer oder mittelbarer Anteilserwerb nicht mehr nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG steuerbar.

Kurzbesprechung
BFH v. 27.5.2020 - II R 45/17

GrEStG § 1 Abs 3 Nr. 1

Gehört zum Vermögen einer Gesellschaft ein inländisches Grundstück, unterliegt nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG der Steuer --soweit eine Besteuerung nach Abs. 2a der Vorschrift nicht in Betracht kommt-- ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile der Gesellschaft begründet, wenn durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 95 % der Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers vereinigt werden würden.

§ 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG ist gleichermaßen auf grundbesitzende Personen- und Kapitalgesellschaften anwendbar. Der Wortlaut der Vorschrift, der von "Vermögen" und "Anteil" an einer grundbesitzenden "Gesellschaft" spricht, differenziert insoweit nicht.

Die Steuerbarkeit wird durch die erstmalige Vereinigung der Anteile und hierbei durch den Erwerb des letzten Anteils ausgelöst. Die Anteilsvereinigung kann auch dadurch erfolgen, dass der Erwerber die Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft teils unmittelbar und teils mittelbar erwirbt. Der Erwerber erwirbt einen Anteil an der grundbesitzenden Gesellschaft dann unmittelbar, wenn er zivilrechtlich Gesellschafter dieser Gesellschaft wird. Beim mittelbaren Anteilserwerb scheidet eine Anknüpfung an das Zivilrecht aus, da es keine Regelungen für einen mittelbaren Anteilserwerb vorsieht.

Unter welchen Voraussetzungen ein mittelbarer Anteilserwerb vorliegt, ist unter Berücksichtigung von Wortlaut sowie Sinn und Zweck des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG zu beurteilen. Entscheidend kommt es auf die rechtlich begründeten Einflussmöglichkeiten auf die grundbesitzende Gesellschaft an. Bei einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft setzt ein mittelbarer Anteilserwerb, der zu einer Anteilsvereinigung beitragen oder führen kann, voraus, dass der Anteilserwerber sowohl bei der zwischengeschalteten Gesellschaft (Zwischengesellschaft) oder bei den Zwischengesellschaften als auch bei der grundbesitzenden Gesellschaft selbst in grunderwerbsteuerrechtlich erheblicher Weise die rechtliche Möglichkeit hat, seinen Willen durchzusetzen. Dies ist beispielsweise bei Vorhandensein einer einzigen Zwischengesellschaft der Fall, wenn der Anteilserwerber mindestens 95 % der Anteile an der Zwischengesellschaft hält und diese ihrerseits zu mindestens 95 % an der grundbesitzenden Gesellschaft beteiligt ist. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, wird die Beteiligung der Gesellschaft, die Gesellschafterin der grundbesitzenden Gesellschaft ist, für Zwecke des § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG dem Anteilserwerber als mittelbare Beteiligung an der grundbesitzenden Gesellschaft zugerechnet.

Der Gesetzgeber geht mit der Absenkung der Mindestbeteiligungsquote auf 95 % für Zwecke der Grunderwerbsteuer typisierend davon aus, dass der Anteilserwerber mit dem Erreichen dieser Quote in grunderwerbsteuerrechtlich erheblicher Weise die rechtliche Möglichkeit hat, seinen Willen bei der grundbesitzenden Gesellschaft durchzusetzen.

Wird die Beteiligung an der grundbesitzenden Kapitalgesellschaft über eine zwischengeschaltete Personengesellschaft gehalten, ist für die Beurteilung, ob mittelbar mindestens 95 % der Anteile i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG an der grundbesitzenden Kapitalgesellschaft in der Hand des Erwerbers vereinigt werden würden, in Hinblick auf die zwischengeschaltete Personengesellschaft nicht die sachenrechtliche Mitberechtigung des erwerbenden Gesellschafters am Gesamthandsvermögen, sondern der Anteil am Vermögen der Personengesellschaft maßgebend. Der Anteil am Vermögen der Personengesellschaft vermittelt regelmäßig, soweit er mindestens 95 % beträgt, die rechtliche Möglichkeit für den beteiligten Gesellschafter, den Willen in der Personengesellschaft in grunderwerbsteuerrechtlich erheblicher Weise durchzusetzen.

Diese Möglichkeit hat der Gesellschafter auch in Bezug auf nachgeordnete Gesellschaften, an denen die Personengesellschaft wiederum zu mindestens 95 % beteiligt ist. Die Beteiligung an diesen Gesellschaften ist unmittelbar der Personengesellschaft und mittelbar deren Gesellschafter zuzurechnen. Der Erwerb von Anteilen an einer zwischengeschalteten Personengesellschaft kann dann zu einer mittelbaren Anteilsvereinigung i.S. von § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG bei der grundbesitzenden Kapitalgesellschaft beitragen oder führen, wenn dem Erwerber nach dem Anteilserwerb mindestens 95 % der Anteile am Vermögen der Personengesellschaft zuzurechnen sind.

Ist diese Voraussetzung erfüllt, ist die Beteiligung der Personengesellschaft an der grundbesitzenden Kapitalgesellschaft dem Anteilserwerber mittelbar zuzurechnen. Dieselben Grundsätze gelten, wenn die grundbesitzende Gesellschaft eine Personengesellschaft ist und es sich bei der zwischengeschalteten Gesellschaft um eine Kapitalgesellschaft handelt.

Hält der Erwerber bereits mittelbar mindestens 95 % der Anteile am Vermögen der grundbesitzenden Personengesellschaft, ist ein weiterer mittelbarer Anteilserwerb nicht mehr nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG steuerbar.

Im Streitfall war die Steuerpflichtige bereits vor Abschluss des Kaufvertrags mittelbar zu 95 % an der KG beteiligt. Diese Beteiligung wurde vermittelt durch ihre 100 %ige Beteiligung an der zwischengeschalteten B - GmbH, die ihrerseits 95 % Anteile am Vermögen der KG hielt. Der mittelbaren Beteiligung der Steuerpflichtigen an der KG in Höhe von mindestens 95 % stand nicht entgegen, dass vor Abschluss des Kaufvertrags die G-GmbH als weitere Kommanditistin und die D-GmbH --bzw. mittelbar die V-GmbH-- als Komplementärin an der KG beteiligt waren. Denn für die mittelbare Beteiligung an der grundbesitzenden KG kommt es nicht auf die gesamthänderische Mitberechtigung, sondern auf den Anteil am Vermögen der grundbesitzenden Personengesellschaft an.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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