02.05.2012

Nach Versetzung eines Soldaten an andere Stammdienststelle können Fahrten u.U. nach Dienstreisegrundsätzen zu berücksichtigen sein

Die Versetzung eines Soldaten führt nicht automatisch dazu, dass die neue Dienststelle als regelmäßige Arbeitsstelle anzusehen ist. Maßgeblich ist vielmehr, ob sich der Steuerpflichtige zu Beginn seiner Tätigkeit hätte darauf einrichten können, an dem neuen Einsatzort dauerhaft tätig zu sein.

FG Rheinland-Pfalz 29.3.2012, 5 K 2160/11
Der Sachverhalt:
Das Verfahren betrifft die Frage, ob die Versetzung eines Soldaten an eine andere Stammdienststelle ohne Weiteres die Annahme rechtfertigt, dass diese Stammdienststelle als regelmäßige Arbeitsstätte anzusehen ist - mit der steuerlichen Folge, dass dann Fahraufwendungen, als Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, nur mit der Entfernungspauschale (0,30 € pro Entfernungskilometer) und nicht nach Dienstreisegrundsätzen (0,30 € pro gefahrenem km) berücksichtigt werden können.

Der Kläger war als Soldat im Dezember 2008 zunächst an die Stammdienststelle der Bundeswehr in K kommandiert. Mit Verfügungen vom Oktober/November 2008 wurde er für die Zeit ab 1.1.2009 dorthin versetzt. In der Verfügung wird u.a. ausgeführt, voraussichtliche Verwendungsdauer: 31.12.2010. Eine Umzugskostenvergütung wurde nicht zugesagt, weil ein Umzug an den neuen Dienstort aufgrund besonderer Gründe nicht durchgeführt werden solle.

In seiner Einkommensteuererklärung 2009 machte der Kläger für seine Fahrten zur Stammdienststelle bei den Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit einen Betrag von 6.793,50 € (22.645 km tatsächliche Fahrtstrecke x 0,30 €, also nach Dienstreisegrundsätzen) geltend. Dagegen war das Finanzamt der Ansicht, die Dienststelle, an die der Kläger versetzt worden sei, stelle seine regelmäßige Arbeitsstätte dar, weswegen nur die Entfernungspauschale mit einem Betrag von 3.438,00 €  (191 Tage x 60 km x 0,30 €) anzusetzen sei.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen.

Die Gründe:
Aufgrund der vorliegenden Besonderheiten sind die Fahrten des Klägers von seinem Wohnort zur Stammdienststelle in K nach Dienstreisegrundsätzen zu berücksichtigen, denn der Kläger hatte im Streitjahr 2009 bei der Stammdienstelle der Bundeswehr in K keine regelmäßige Arbeitsstätte.

Der gesetzlich nicht definierte Begriff "regelmäßige Arbeitsstätte" ist dadurch gekennzeichnet, dass sich der Arbeitnehmer in unterschiedlicher Weise auf immer gleiche Wege einstellen und so auf eine Minderung der Wegekosten etwa durch Bildung von Fahrgemeinschaften, die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel und ggf. sogar durch entsprechende Wohnsitznahme hinwirken kann. Liegt keine solche Arbeitsstätte vor, ist eine Einschränkung der Abziehbarkeit beruflich veranlasster Mobilitätskosten sachlich nicht gerechtfertigt.

Eine Versetzung begründet aber nicht zwangsläufig am neuen Dienstort eine regelmäßige Arbeitsstätte. Maßgeblich ist vielmehr, ob sich der Kläger zu Beginn seiner Tätigkeit - aus damaliger Sicht - hätte darauf einrichten können, in K dauerhaft tätig zu sein. Dies war jedoch nicht der Fall. Nach der Versetzungsverfügung war nur eine Tätigkeitsdauer von zwei Jahren zu erwarten. Eine Tätigkeit von zwei Jahren ist zwar längerfristig, aber nur vorübergehend und nicht auf Dauer angelegt. Außerdem musste der Kläger wegen weiterer Hinweise in den Versetzungsverfügungen damit rechnen, jederzeit - also ggf. auch vor Ablauf der in der Versetzungsverfügung bezeichneten (voraussichtlichen) Verwendungsdauer - erneut versetzt zu werden.

Soweit das Finanzamt dagegen argumentiert, Soldaten müssten stets mit ihrer Versetzung rechnen, ist nicht auf die abstrakten Merkmale eines bestimmten Berufsbildes abzustellen. Es kommt vielmehr darauf an, ob der Arbeitnehmer des konkret zu beurteilenden Dienstverhältnisses aller Voraussicht nach damit rechnen muss, dass er seine Arbeitsleistung an immer wieder anderen Arbeitsstätten zu erbringen hat. Aufgrund der vorliegenden Umstände, ist davon auszugehen, dass die Stammdienststelle in K keine regelmäßige Arbeitsstätte war.

FG Rheinland-Pfalz PM vom 30.4.2012
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