26.08.2016

Nachgeholte Korrektur eines unrichtigen Bilanzansatzes

Ist die Korrektur eines unrichtigen Bilanzansatzes in derjenigen Schlussbilanz, in der er erstmals aufgetreten ist, nicht mehr möglich, weil die Feststellungs- oder Veranlagungsbescheide bestandskräftig sind und keine Änderungsvorschrift für diese Bescheide eingreift, so ist nach dem Grundsatz des formellen Bilanzzusammenhangs die Korrektur in der Schlussbilanz des ersten Jahres nachzuholen, in dem dies mit steuerlicher Wirkung möglich ist. Die Waldwertminderung nach Abschn. 212 Abs. 1 S. 8 EStR 1981 ist nach dem Wortlaut als Vereinfachungsregelung zu verstehen und keine Billigkeitsregelung i.S.d. § 163 AO 1977.

FG Nürnberg 17.2.2016, 3 K 683/14
Der Sachverhalt:
Die Klägerin hat ein forstwirtschaftliches Unternehmen und ermittelt dessen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 i.V.m. § 5 EStG. Das Geschäftsjahr ist mit dem Kalenderjahr identisch. Sie erzielte im Streitjahr 2006 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Einkünfte aus Kapitalvermögen, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und Einkünfte aus Leibrenten. Im Rahmen der Gewinnermittlungen der Jahre 1999 bis 2006 machte die Klägerin Abschreibung auf Wald geltend.

Mit Steuererklärung und eingereichter Bilanz für 2006 machte die Klägerin einen Verlust aus LuF i.H.v. 18.006 € geltend. Das Finanzamt wies den steuerlichen Vertreter der Klägerin darauf hin, dass in der Gewinnermittlung eine Abschreibung für den Wald (Bestockung) i.H.v. 3 % der Anschaffungskosten vorgenommen worden sei. Die Wald Bestockung gehöre zu den nicht abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens. Eine Absetzung für Abnutzung sei daher nicht vorzunehmen. Dies wurde in Telefongesprächen mit der Klägerin weiter erörtert. Die Behörde erhöhte die erklärten Einkünfte um den Betrag von 83.028 € und setzte mit Einkommensteuerbescheid für 2006 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 AO Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft i.H.v. 65.022 € an.

Nach einer Außenprüfung für die Jahre 2006 bis 2008 war der Betriebsprüfer der Ansicht, dass für die Jahre 1999 bis 2005 ein Bilanzierungsfehler vorliege, der in der ersten noch offenen Bilanz zum 1.1.2006 zu berichtigen sei. Diese Kapitalanpassung ergebe sich aus einer in den Jahren 1999 bis 2005 vorgenommenen "Waldwertminderung" auf Waldbestände i.H.v. 3 % gem. R 212 Abs. 1 EStR 1996. Die entsprechende Regelung "Waldwertminderung" sei jedoch zum 31.12.1998 entfallen und könnte daher für die Jahre ab 1999 nicht mehr steuermindernd geltend gemacht werden. Es wurde eine gewinnerhöhende Bilanzberichtigung (Kapitalanpassung) i.H.v. 576.136 € im Jahr 2006 vorgenommen. Das Finanzamt erließ einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Einkommensteuerbescheid für 2006.

Das FG wies die gegen die Bilanzberichtigung gerichtete Klage ab.

Die Gründe:
Das Finanzamt hatte zutreffend den Buchwert des Anlagevermögens Wald zum 1.1.2006 korrigiert.

Die Bilanzansätze sind bezogen auf die Anwendbarkeit des § 4 Abs. 2 S. 1 EStG auf ihre objektive Richtigkeit nach der am Bilanzstichtag geltenden Rechtslage zu prüfen. Ein unrichtiger Bilanzansatz ist grundsätzlich in derjenigen Schlussbilanz zu korrigieren, in der er erstmals aufgetreten ist. Ist die Korrektur eines unrichtigen Bilanzansatzes in derjenigen Schlussbilanz, in der er erstmals aufgetreten ist, nicht mehr möglich, weil die Feststellungs- oder Veranlagungsbescheide bestandskräftig sind und keine Änderungsvorschrift für diese Bescheide eingreift, so ist nach dem Grundsatz des formellen Bilanzzusammenhangs die Korrektur in der Schlussbilanz des ersten Jahres nachzuholen, in dem dies mit steuerlicher Wirkung möglich ist.

Die vom Finanzamt vorgenommene Änderung des Einkommensteuerbescheides für 2006 im Wege einer Bilanzberichtigung scheiterte auch nicht daran, dass mit den Einkommensteuerbescheiden für 1999 bis 2005 rechtskräftige Billigkeitsmaßnahmen gewährt worden wären, die nicht durch eine Bilanzberichtigung, sondern nur unter bestimmten hier nicht vorliegenden Umständen des Widerrufs eines begünstigenden Verwaltungsakts zurückgenommen werden könnten. Zum einen ist die Waldwertminderung nach Abschn. 212 Abs. 1 S. 8 EStR 1981 eine Typisierungsvorschrift und keine Billigkeitsregelung. Zum anderen war keine Billigkeitsregelung beantragt und sind die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1999 bis 2005 auch im Einkommensteuerfestsetzungsverfahren und nicht im Billigkeitsverfahren i.S.v. § 163 AO 1977 ergangen.

Die Steuerfestsetzung nach §§ 155 ff. AO und die abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen nach § 163 AO sind auch bei ihrer äußerlichen Verbindung zwei verschiedene Streitgegenstände, über die in verschiedenen Verfahren entschieden wird. Die Billigkeitsmaßnahme ist Grundlagenbescheid für die Einkommensteuerfestsetzung und damit für diese verbindlich

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