11.04.2011

Nationale Umweltsteuer für Kfz hinsichtlich erstmaliger Zulassung in diesem Mitgliedstaat mit Unionsrecht nicht vereinbar

Die durch rumänische Rechtsvorschriften eingeführte Umweltsteuer, der Kfz anlässlich ihrer erstmaligen Zulassung in diesem Mitgliedstaat unterliegen, ist mit dem Unionsrecht nicht vereinbar. Denn die Wirkung dieser Regelung besteht darin, die Einfuhr und das Inverkehrbringen von in anderen Mitgliedstaaten erworbenen Gebrauchtfahrzeugen in Rumänien zu erschweren.

EuGH 7.4.2011, C-402/09
Der Sachverhalt:
Durch rumänische Rechtsvorschriften wurde zum 1.7.2008 eine anlässlich der erstmaligen Zulassung eines Kfz in Rumänien zu entrichtende Umweltsteuer eingeführt. Diese Rechtsvorschriften unterscheiden nicht zwischen in diesem Mitgliedstaat hergestellten Fahrzeugen und solchen, die im Ausland hergestellt wurden. Ebenso wenig unterscheiden sie zwischen Neu- und Gebrauchtfahrzeugen. Der Kläger, rumänischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Rumänien, erwarb im Juli 2008 in Deutschland ein Gebrauchtfahrzeug zum Preis von 6.600 €. Das Fahrzeug hat einen Hubraum von 2.155 cm3 und entspricht der Emissionsklasse Euro 2. Es wurde 1997 hergestellt und im selben Jahr in Deutschland zugelassen.

Damit der Kläger dieses Fahrzeug in Rumänien zulassen konnte, musste er einen Betrag von 7.595 Lei (ca. 2.200 €) als Umweltsteuer entrichten. Da er der Ansicht ist, dass die Steuer gegen das Unionsrecht verstößt, beantragte er die Rückerstattung des gezahlten Betrags. Er macht geltend, dass die fragliche Steuer mit dem Unionsrecht unvereinbar sei, da sie auf sämtliche aus einem anderen Mitgliedstaat nach Rumänien eingeführte Gebrauchtfahrzeuge, die erstmalig in Rumänien zugelassen würden, erhoben werde, während sie auf gleichartige, bereits in Rumänien zugelassene Fahrzeuge bei deren Weiterveräußerung als Gebrauchtfahrzeuge nicht erhoben werde.

Das Tribunal Sibiu (Landgericht Sibiu), bei dem der Rechtsstreit anhängig ist, fragt den EuGH nach der Vereinbarkeit dieser nationalen Regelung mit dem Unionsrecht.

Die Gründe:
Das Unionsrecht verbietet es einem Mitgliedstaat, eine Umweltsteuer einzuführen, die auf Kfz bei deren erstmaliger Zulassung in diesem Mitgliedstaat erhoben wird, wenn diese steuerliche Maßnahme in der Weise ausgestaltet ist, dass sie die Inbetriebnahme von in anderen Mitgliedstaaten erworbenen Gebrauchtfahrzeugen in diesem Mitgliedstaat erschwert, ohne zugleich den Erwerb von Gebrauchtfahrzeugen desselben Alters und mit derselben Abnutzung auf dem inländischen Markt zu erschweren.

Nach dem Unionsrecht ist es jedem Mitgliedstaat untersagt, auf Waren aus anderen Mitgliedstaaten inländische Abgaben zu erheben, die höher sind als bei gleichartigen inländischen Waren. Die durch die rumänischen Rechtsvorschriften eingeführte Abgabenregelung wird unabhängig von der Nationalität des Fahrzeugeigentümers, vom Mitgliedstaat, in dem das Fahrzeug hergestellt wurde, und davon, ob dieses auf dem inländischen Markt erworben oder eingeführt wurde, geschuldet. Aber auch wenn die Voraussetzungen einer unmittelbaren Diskriminierung nicht vorliegen, kann eine Steuer doch aufgrund ihrer Wirkungen mittelbar diskriminierend sein.

In diesem Zusammenhang war erstens zu prüfen, ob die Steuer im Hinblick auf die Konkurrenz zwischen eingeführten Gebrauchtfahrzeugen und gleichartigen Gebrauchtfahrzeugen, die zuvor im Inland zugelassen wurden und anlässlich dieser Zulassung der betreffenden Steuer unterlagen, neutral ist. Zweitens war die Neutralität dieser Steuer bezüglich eingeführter Gebrauchtfahrzeuge und gleichartiger, im Inland vor dem Inkrafttreten der Steuer, d.h. vor dem 1. Juli 2008, zugelassener Gebrauchtfahrzeuge zu prüfen. Im Hinblick auf die erste Frage ist die rumänische Regelung mit dem Unionsrecht vereinbar, da sie bei der Berechnung der Zulassungssteuer die Wertminderung des Fahrzeugs berücksichtigt und dadurch gewährleistet, dass diese Steuer nicht den Restwert übersteigt, der im Wert gleichartiger Gebrauchtfahrzeuge enthalten ist, die zuvor im Inland zugelassen wurden und dieser Steuer anlässlich ihrer Zulassung unterworfen wurden.

Was hingegen den zweiten Aspekt der Neutralität der Steuer betrifft, stellt der EuGH fest, dass die Wirkung der rumänischen Regelung darin besteht, dass eingeführte Gebrauchtfahrzeuge, die durch ein beträchtliches Alter und eine beträchtliche Abnutzung charakterisiert sind, trotz der Anwendung einer erhöhten Ermäßigung der Steuer zur Berücksichtigung ihrer Wertminderung, mit einer Steuer belegt werden, die bis um die 30 Prozent ihres Marktwerts erreichen kann, während gleichartige Fahrzeuge, die auf dem inländischen Gebrauchtwagenmarkt verkauft werden, nicht mit einer solchen Steuer belastet werden.

Unter diesen Voraussetzungen besteht die Wirkung dieser Regelung darin, die Einfuhr und das Inverkehrbringen von in anderen Mitgliedstaaten erworbenen Gebrauchtfahrzeugen in Rumänien zu erschweren. Auch wenn das Unionsrecht die Mitgliedstaaten nicht an der Einführung neuer Steuern oder der Änderung des Satzes oder der Bemessungsgrundlage bestehender Steuern hindert, so ist danach doch jeder Mitgliedstaat verpflichtet, seine Steuern auf Kfz so zu wählen und auszugestalten, dass ihre Wirkung nicht darin besteht, den Verkauf inländischer Gebrauchtfahrzeuge zu fördern und damit die Einfuhr gleichartiger Gebrauchtfahrzeuge zu erschweren.

Linkhinweis:

Für den auf den Webseiten des EuGH veröffentlichten Volltext der Entscheidung klicken Sie bitte hier.

EuGH PM Nr. 33 vom 7.4.2011
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