06.11.2012

Nicht alle Aufwendungen im Hinblick auf Heimkosten sind als außergewöhnliche Belastung berücksichtigungsfähig

Die Ansicht, dass sämtliche Kosten, die im Zusammenhang mit dem Bezug einer Senioreneinrichtung anfallen, stets als außergewöhnliche Belastung ohne Rücksicht auf ihre Höhe berücksichtigungsfähig sind, ist mit höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht vereinbar. Diese, auf die subjektiven Bedürfnisse des Steuerpflichtigen abstellende Betrachtungsweise würde gegen den auch im Steuerrecht zu beachtenden Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen.

FG Düsseldorf 21.2.2012, 10 K 2505/10 E
Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte im Dezember 1997 eine Gehirnblutung erlitten, was zu erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen führte, die u.a. zu einer Behinderung von 100 % sowie einer Pflegebedürftigkeit i.S.d. Pflegestufe III führten. Sie zog zusammen mit ihrem Ehemann in ein Seniorenstift. Das monatliche Entgelt betrug 2.527 € (Wohnen), 400 € (Verpflegung) und 605 € (Betreuung). Zusätzlich schloss die Klägerin einen Pflegevertrag ab. Das Entgelt wurde nach Abzug der anzurechnenden Leistungen der Pflege- und Krankenversicherung der Klägerin in Rechnung gestellt. Die Klägerin machte die Aufwendungen in ihrer Einkommensteuererklärung für die Streitjahre 2004 und 2005 als außergewöhnliche Belastung geltend.

Das Finanzamt berücksichtigte für die Unterbringung in der Senioreneinrichtung einen Tagessatz von 50 € abzüglich einer Haushaltsersparnis von 7.680 € pro Jahr sowie die nicht von der Pflege- und Krankenversicherung erstatteten Pflegekosten in voller Höhe. Die Klägerin hielt die Kürzung der tatsächlichen Kosten für Wohnen, Betreuung und Pflege auf täglich 50 € für willkürlich. Dies stünde im Widerspruch zur einschlägigen BFH-Rechtsprechung. Bei der krankheitsbedingten Übersiedelung in ein Pflegeheim seien die tatsächlichen Kosten in voller Höhe unter Abzug der Haushaltsersparnis von 7.680 €/Jahr als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen.

Das FG wies die Klage ab. Allerdings wurde zur Fortbildung des Rechts die Revision zum BFH zugelassen.

Die Gründe:
Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide waren rechtmäßig.

Im Fall der Heimunterbringung kann durchaus der Tatbestand des § 33 EStG erfüllt sein, wenn der dortige Aufenthalt ausschließlich durch eine Krankheit veranlasst ist. Die Klägerin war nach ihrer Krankheit der Pflegestufe III zugeordnet worden. Ebenso war bei ihr eine intensive Betreuung in einem Seniorenstift für medizinisch notwendig erachtet worden. Damit waren dem Grunde nach die Kosten der Unterbringung in einer Senioreneinrichtung als außergewöhnliche Belastung gem. § 33 EStG berücksichtigungsfähig. Der Höhe nach waren die Aufwendungen jedoch nicht über den bereits vom Finanzamt anerkannten Betrag hinaus berücksichtigungsfähig.

Ein Abzug als außergewöhnliche Belastung ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nur insoweit in Betracht zu ziehen, als die Aufwendungen der Art und der Höhe nach zwangsläufig, nämlich den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen. Mit diesen Grundsätzen war die Ansicht der Klägerin, dass sämtliche Kosten, die im Zusammenhang mit dem Bezug einer Senioreneinrichtung anfallen, stets als außergewöhnliche Belastung ohne Rücksicht auf ihre Höhe berücksichtigungsfähig sind, nicht vereinbar. Diese, auf die subjektiven Bedürfnisse des Steuerpflichtigen abstellende Betrachtungsweise würde gegen den auch im Steuerrecht zu beachtenden Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen.

Soweit das Finanzamt für Unterkunft und Verpflegung einen Tagessatz von 50 € (pro Monat durchschnittlich 1.500 €) zugrunde gelegt hatte, war dies nicht zu beanstanden. Durch diese Handhabung wurde die Klägerin im Vergleich zu anderen Pflegebedürftigen der Pflegestufe III nicht benachteiligt. Denn die Pflegesätze beliefen sich pro Tag auf 26,20 € bis 50,43 €. Da aber zu der Frage, welche Kosten der Unterbringung und Verpflegung bei Pflegebedürftigen, die zwar in einer Senioreneinrichtung leben, aber dort keinen Pflege-Wohnvertrag abgeschlossen haben, als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sind, soweit ersichtlich noch keine höchstrichterliche Entscheidung vorliegt, war in der Sache die Revision zuzulassen.

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