07.03.2024

Nichtigkeit eines Schenkungsteuerbescheids

1. Entrichtet der Schenker die ihm gegenüber festgesetzte Schenkungsteuer in vollem Umfang, so erlischt diese auch mit Wirkung gegenüber dem Bedachten als weiteren Gesamtschuldner und kann daher diesem gegenüber nicht mehr festgesetzt werden.
2. Ein Schenkungsteuerbescheid ist nichtig, wenn ihm auch nach verständiger Auslegung nicht mit hinreichender Sicherheit die Höhe der festgesetzten Schenkungsteuer entnommen werden kann.

Kurzbesprechung
BFH v. 8.11.2023 - II R 22/20

FGO § 68, § 127
AO § 44, § 47, § 119, § 124, § 125, § 157


Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein (§ 119 Abs. 1 AO). Er ist nichtig und damit nach § 124 Abs. 3 AO unwirksam, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist (§ 125 Abs. 1 AO). Ein Verwaltungsakt leidet an schweren und offenkundigen Mängeln und ist deshalb nichtig, wenn er inhaltlich nicht so bestimmt ist, dass ihm hinreichend sicher entnommen werden kann, was von wem verlangt wird.

Für die Frage, ob ein Steuerbescheid inhaltlich hinreichend bestimmt ist, kommt es grundsätzlich auf die Überschrift und den verfügenden Teil (Tenor) des Bescheids an. Die Begründung des Bescheids kann zwar bei der Auslegung des Tenors herangezogen werden. Widerspricht die Begründung jedoch dem verfügenden Teil des Bescheids, kann der Bescheid jedenfalls aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit nicht aufrechterhalten werden.

Im Streitfall war der in Rede stehende Schenkungsteuerbescheid nichtig, da aus diesem für den Steuerpflichtigen nicht eindeutig hervorging, in welcher Höhe die Schenkungsteuer gegen ihn festgesetzt wurde. Der Tenor des Schenkungsteuerbescheids stand im Widerspruch zu dessen Begründung. Denn es wurde ausdrücklich zunächst Schenkungsteuer in Höhe von 15.800.340 € gegen den Steuerpflichtigen im Tenor festgesetzt und sodann in der Begründung unter der Überschrift "Steuerfestsetzung" ein niedrigerer Betrag als "festgesetzte Steuer" in Höhe von 6.829.463,31 € ausgewiesen. Das ist widersprüchlich und führt dazu, dass die festgesetzte Steuer, die eines der Kernelemente eines Steuerbescheids (§ 157 Abs. 1 Satz 2 AO) ausmacht, für den Steuerpflichtigen als Adressaten des Steuerbescheids nicht hinreichend bestimmbar war.

Auch ließ der Bescheid nicht erkennen, dass die festgesetzte Steuerschuld durch die Zahlung des Vaters nach § 47, § 224 i.V.m. § 44 Abs. 2 Satz 1 AO materiell erloschen war. Zwar wurde in der Begründung des Schenkungsteuerbescheids die durch den Vater (Schenker) bereits geleistete Zahlung abgezogen und eine niedrigere als die im Tenor festgesetzte Steuer als festgesetzt ausgewiesen. Durch diese Darstellung wurde aber nicht hinreichend deutlich, dass die Entrichtung der Schenkungsteuer durch den Vater (Schenker) zum Erlöschen der gegen den Steuerpflichtigen festzusetzenden Steuerschuld geführt hatte. Dem Bescheid ließ sich danach auch nach verständiger Auslegung nicht mit hinreichender Sicherheit entnehmen, in welcher Höhe die Steuerschuld gegen den Steuerpflichtigen festgesetzt wurde. Er litt daher an einem schwerwiegenden Fehler im Sinne des § 125 Abs. 1 AO und war aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit aufzuheben.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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