15.02.2022

Nutzungsersatz für Zins- und Tilgungsleistungen führt zu Kapitaleinkünften

Wird ein Verbraucher-Darlehensvertrag wegen fehlender Belehrung widerrufen, führt ein für bereits erbrachte Zins- und Tilgungsleistungen von der Bank an den Darlehensnehmer gezahlter Nutzungsersatz bei diesem zu Kapitalerträgen.

FG Münster v. 13.1.2022 - 3 K 2991/19 E
Der Sachverhalt:
Die Kläger nahmen im Jahr 2004 ein Wohnungsbaudarlehen bei einer Bank auf und erbrachten zehn Jahre lang Zins- und Tilgungsleistungen i.H.v. insgesamt ca. 110.000 €. Im Jahr 2015 widerriefen sie den Darlehensvertrag unter Verweis auf eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung. Daraufhin verklagten die Kläger die Bank auf Zahlung eines Betrages i.H.v. ca. 77.000 €, den sie aus der Differenz zwischen der an die Bank geleisteten Zahlungen und des Rückzahlungsanspruchs, jeweils zuzüglich Zinsen, errechneten. Vor dem OLG schlossen die Parteien einen Vergleich, mit dem sich die Bank verpflichtete, an die Kläger als Entschädigung für die Nutzung der Zins- und Tilgungsleistungen einen Betrag von 15.000 € abzüglich etwa anfallender Kapitalertragsteuer zu zahlen.

Die Bank unterwarf diesen Betrag dem Kapitalertragsteuerabzug und zahlte lediglich die Differenz an die Kläger aus. Im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung gaben die Kläger an, dass es sich hierbei nicht um Kapitalerträge, sondern um die Rückzahlung von Zinsen und Tilgungen handele. Zudem hätten die Kläger insgesamt keinen Überschuss erwirtschaftet, sondern im Ergebnis lediglich geringere Zinsen gezahlt. Dem folgte das Finanzamt nicht und behandelte die 15.000 € als Kapitaleinnahmen.

Die hiergegen erhobene Klage ist erfolglos geblieben. Das FG hat wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zum BFH zugelassen.

Die Gründe:
Die Entschädigungszahlung der Bank stellt einen Kapitalertrag dar. Nach der im Streitfall geltenden Zivilrechtslage hat sich das Darlehensverhältnis durch den Widerruf in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis umgewandelt. Die wechselseitigen Rückgewähransprüche der Vertragsparteien stehen grundsätzlich unabhängig nebeneinander. Dabei stellt der Nutzungsersatz für die von den Klägern erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen ein Entgelt für eine Kapitalüberlassung dar.

Dies entspricht auch der zivilrechtlichen Wertung, wonach der Verbraucher so gestellt wird, als habe er eine verzinsliche Wertanlage getätigt. Da die wechselseitigen Ansprüche nicht gegeneinander aufgerechnet werden dürfen, steht der Besteuerung nicht entgegen, dass die Kläger aus dem Widerruf per Saldo keinen Überschuss erzielt haben. Schließlich ist unerheblich, dass es sich nicht um wiederkehrende oder laufende Leistungen gehandelt hat, da auch einmalige Leistungen als Einnahmen aus Kapitalvermögen erfasst werden.

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FG Münster PM vom 15.2.2022
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