08.05.2013

Prostituierte erzielen Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Selbständig tätige Prostituierte erzielen Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Damit gibt der BFH seine frühere Auffassung auf, nach der Prostituierte aus "gewerbsmäßiger Unzucht" keine gewerblichen, sondern sonstige Einkünfte i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG erwirtschafteten.

BFH 20.2.2013, GrS 1/12
Der Sachverhalt:
Die Klägerin war seit dem Streitjahr 2006 als Prostituierte tätig. Sie bot potenziellen Kunden ihre Dienste gegen Entgelt in einer eigens dafür gemieteten Wohnung an. Ihre Betriebseinnahmen beliefen sich im Streitjahr einschließlich der Umsatzsteuer auf etwa 64.000 € und die Betriebsausgaben auf ca. 26.000 €. Das Finanzamt behandelte den aus der Prostitution erzielten Gewinn i.H.v. 38.115 € nicht - wie erklärt - als sonstige Einkünfte, sondern als Einkünfte aus Gewerbebetrieb und setzte den Gewerbesteuermessbetrag auf 152 € fest.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Zur Begründung verwies es insbesondere auf ein BFH-Urteil vom 23.6.1964 (Az.: GrS 1/64), wonach aus "gewerbsmäßiger Unzucht" sonstige Einkünfte i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG erzielt würden. An dieser Auffassung sei trotz veränderter Umstände festzuhalten. Auf die Revision des Finanzamtes hob der Große Senat des BFH das erstinstanzliche Urteil auf und wies die Klage ab.

Die Gründe:
Selbständig tätige Prostituierte (sog. Eigenprostitution) erzielen Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

Unter einem Gewerbebetrieb ist gem. § 2 Abs. 1 GewStG, § 15 Abs. 2 EStG jede selbständige nachhaltige Tätigkeit zu verstehen, die mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, falls sie den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung überschreitet und es sich nicht um die Ausübung von Land- und Forstwirtschaft oder einer selbständigen Arbeit handelt. Selbständig tätige Prostituierte erfüllen diese Voraussetzungen.

Die Prostituierten nehmen insbesondere in Abweichung von der im BFH-Urteil vom 23.6.1964 vertretenen Auffassung auch am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teil; die Prostitution kann in Gestalt eines "sich am wirtschaftlichen Verkehr beteiligenden Unternehmens" betrieben werden. Dies entspricht auch der in der Verwaltung und der Literatur allgemein vertretenen Auffassung, nach der Prostituierte mit ihrer Tätigkeit einen Gewerbebetrieb unterhalten. Sie erzielten dagegen keine Einkünfte aus selbständiger Arbeit i.S.d. § 18 EStG.

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BFH PM Nr. 24 vom 8.5.2013
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