06.04.2016

Prozesskosten für die Geltendmachung von Schmerzensgeld sind keine außergewöhnlichen Belastungen

Kosten eines Zivilprozesses, mit dem der Steuerpflichtige Schmerzensgeld wegen eines ärztlichen Behandlungsfehlers geltend macht, stellen keine außergewöhnlichen Belastungen dar. Zivilprozesskosten sind nur insoweit abziehbar, als der Prozess existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührt und der Steuerpflichtige gezwungen ist, einen Zivilprozess zu führen.

BFH 17.12.2015, VI R 7/14
Der Sachverhalt:
Die Ehefrau des Klägers war im August 2006 an den Folgen eines Krebsleidens gestorben. Der Kläger und die Erbengemeinschaft nahmen daraufhin im Streitjahr 2011 den Frauenarzt der Verstorbenen gerichtlich auf Schadensersatz wegen eines von ihnen geltend gemachten Behandlungsfehlers in Anspruch. Sie begehrten Schmerzensgeld sowie die Feststellung, dass ihnen sämtliche materiellen und immateriellen Schäden zu erstatten seien.

Der Kläger machte in seiner Einkommensteuererklärung von ihm im Streitjahr gezahlte Kosten des Zivilprozesses gegen den Arzt i.H.v. insgesamt rund 12.137 € geltend. Das Finanzamt erkannte die Aufwendungen jedoch nicht als außergewöhnliche Belastungen an. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Auf die Revision des Finanzamtes hob der BFH das Urteil auf und wies die Klage ab.

Die Gründe:
Das FG hatte zu Unrecht die vom Kläger aufgewandten Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen steuermindernd berücksichtigt. Entsprechend einer langjährigen Rechtsprechung, zu welcher der BFH im Jahr 2015 zurückgekehrt ist (BFH-Urt. v. 18.6.2015, Az.: VI R 17/14), können Zivilprozesskosten grundsätzlich nicht als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden.

Zwar kann sich ein Steuerpflichtiger nach einem verlorenen Zivilprozess der Zahlung der Prozesskosten aus rechtlichen Gründen nicht entziehen. Dies reicht allerdings für den Abzug der Prozesskosten als außergewöhnliche Belastung nicht aus. Denn hinsichtlich der Zwangsläufigkeit i.S.v. § 33 EStG ist auf die wesentliche Ursache abzustellen, die zu der Aufwendung geführt hat. Zivilprozesskosten sind demnach nur dann als zwangsläufig anzusehen, wenn auch das die Prozessführung auslösende Ereignis zwangsläufig war. Schließlich sollen nur zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf steuermindernd berücksichtigt werden. Und hierzu gehören Zivilprozesskosten in der Regel nicht.

Dies gilt insbesondere, wenn - wie im vorliegenden Fall - Ansprüche wegen immaterieller Schäden geltend gemacht werden. Zivilprozesskosten sind vielmehr nur insoweit abziehbar, als der Prozess existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührt und der Steuerpflichtige gezwungen ist, einen Zivilprozess zu führen. Ansprüche wegen immaterieller Schäden mögen zwar von erheblicher wirtschaftlicher, nicht aber von existenzieller Bedeutung sein.

Nicht zu entscheiden war über die ab 2013 geltende Neuregelung in § 33 Abs. 2 S. 4 EStG. Berücksichtigt werden hiernach nur noch solche Aufwendungen, ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können. Offen ist dabei, ob hierdurch die Voraussetzungen für die Anerkennung von Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen enger gefasst wurden.

Linkhinweis:

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BFH PM Nr. 32 vom 6.4.2016
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