21.07.2022

Rechtsweg für Schadenersatz nach der DSGVO

Für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegen Finanzbehörden wegen behaupteter Verstöße gegen die DSGVO ist der Finanzrechtsweg gegeben.

Kurzbesprechung
BFH - Beschluss vom 28. 6. 2022 - II B 92/21

EUV 2016/679 Art 4 Nr. 2, 2016/679 Art 4 Nr. 7, 2016/679 Art 79, 2016/679 Art 82
AO § 32i Abs 2
FGO § 33 Abs 1 Nr. 1, § 33 Abs 1 Nr. 4, § 135
GVG § 17a
VwGO § 40 Abs 2
AEUV Art 267
SGB 10 § 81b Abs 1


Der BFH hat entschieden, dass einfachgesetzlich der Finanzrechtsweg für den Schadenersatzanspruch aus Art. 82 DSGVO gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 4 FGO i.V.m. § 32i Abs. 2 Satz 1 AO eröffnet ist. Denn nach § 33 Abs. 1 Nr. 4 FGO ist in anderen als den in den Nrn. 1 bis 3 bezeichneten öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten der Finanzrechtsweg gegeben, soweit er für diese durch Bundesgesetz oder Landesgesetz eröffnet ist.

Nach § 32i Abs. 2 Satz 1 AO (vormals § 32i Abs. 2 AO) ist für Klagen der betroffenen Person hinsichtlich der Verarbeitung personenbezogener Daten gegen Finanzbehörden oder gegen deren Auftragsverarbeiter wegen eines Verstoßes gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen im Anwendungsbereich der DSGVO oder der darin enthaltenen Rechte der betroffenen Person der Finanzrechtsweg gegeben.

Nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO hat jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen diese Verordnung ‑‑mithin die DSGVO‑‑ ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, Anspruch auf Schadenersatz gegen den Verantwortlichen oder gegen den Auftragsverarbeiter.

Eine Klage auf Schadenersatz nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO ist eine Klage "hinsichtlich der Verarbeitung personenbezogener Daten ... wegen eines Verstoßes gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen im Anwendungsbereich der [DSGVO]" i.S. des § 32i Abs. 2 Satz 1 Alternative 1 AO.

Aus § 40 Abs. 2 Satz 1 VwGO, der für Schadenersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, den ordentlichen Rechtsweg vorsieht, folgt einfachgesetzlich schon deshalb nichts Gegenteiliges, weil § 32i Abs. 2 AO nur als lex specialis zu dieser Vorschrift verstanden werden kann.

Auch aus verfassungsrechtlichen Gründen ergibt sich keine Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte für den streitigen Schadenersatzanspruch. Es handelt sich nicht um einen Amtshaftungsanspruch i.S. des Art. 34 Satz 1 GG.

Zu einer Vorlage des Rechtsstreits an den EuGH nach Art. 267 AEUV sah sich der BFH nicht veranlasst. Denn es ist nicht im Ansatz erkennbar, warum Art. 82 DSGVO einer nationalen Regelung entgegenstehen könnte, die den Schadenersatzanspruch ebenso wie andere datenschutzrechtliche Ansprüche der Finanzgerichtsbarkeit zuweist. Ob umgekehrt unionsrechtliche Bedenken bestünden und deshalb ggf. eine Vorlage angezeigt wäre, wenn das nationale Recht die allgemeinen datenschutzrechtlichen Ansprüche einerseits und den Schadenersatzanspruch andererseits unterschiedlichen Gerichten zuwiese, konnte der BFH offen lassen.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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