29.11.2013

Regelmäßige Arbeitsstätte nach unbefristeter Versetzung

Wird ein Arbeitnehmer unbefristet versetzt und ist eine Verweildauer von vier Jahren an der betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers absehbar, kann von einer auf Dauer und Nachhaltigkeit angelegte regelmäßige Arbeitsstätte ausgegangen werden. Insofern kann der Arbeitnehmer die Kosten für die Wege von seiner Wohnung zur Arbeitsstätte nur begrenzt gem. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG als Werbungskosten zum Abzug bringen.

BFH 8.8.2013, VI R 59/12
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Polizeibeamter in NRW. Er wohnt mit seiner Familie in S. im Kreis I. Bis einschließlich September 2000 war er bei der Kreispolizeibehörde I. tätig. Im August 2000 wurde er als Fachlehrer unbefristet zum Polizeiausbildungsinstitut in H. versetzt. Die Rückversetzung zur bisherigen Behörde sollte voraussichtlich zum Oktober 2004 erfolgen. Im Anschluss daran wurde der Kläger bei dem Polizeiausbildungsinstitut bis 2010 noch in weiteren Positionen tätig. Nach dem Willen des Dienstherrn soll das in der Aus- und Fortbildung eingesetzte Personal der Polizei in einem geordneten Verfahren rotieren, um den Praxisbezug der Aus- und Fortbildung zu gewährleisten. Die Verwendungsdauer der Dozenten ist deshalb grundsätzlich auf vier Jahre mit der Möglichkeit der einmaligen Verlängerung um zwei Jahre begrenzt.

Ende März 2009 wies das zuständige Landesamt dem Kläger eine Stelle als "Modulgruppenleiter" in dem Polizeiausbildungsinstitut zu, die mit einem Endtermin von August 2013 versehen war. Als jeweils anschließende Wunschbehörde des Klägers wurde in den Stellenzuweisungen immer wieder die Kreispolizeibehörde in I. angegeben. Das Finanzamt vertrat hinsichtlich des Einkommensteuerbescheides für das Streitjahr 2008 die Auffassung, dass es sich bei dem Polizeiausbildungsinstitut um die regelmäßige Arbeitsstätte des Klägers handele und dessen Kosten für die Wege von seiner Wohnung dorthin nur begrenzt gem. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG als Werbungskosten zum Abzug zugelassen werden könnten.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auch die Revision des Klägers vor dem BFH blieb erfolglos.

Die Gründe:
Das Polizeiausbildungsinstitut war im Streitjahr die regelmäßige Arbeitsstätte des Klägers i.S.v. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG.

Ob der Arbeitnehmer lediglich - unter Beibehaltung seiner bisherigen regelmäßigen Arbeitsstätte - "vorübergehend" in einer anderen betrieblichen Einrichtung seines Arbeitgebers tätig wird oder von Anbeginn dauerhaft an den neuen Beschäftigungsort entsandt wurde und dort eine (neue) regelmäßige Arbeitsstätte begründet hat, ist nach den Gesamtumständen des Einzelfalls zu beurteilen. Das Gesetz gibt derzeit noch (anders als künftig § 9 Abs. 4 EStG i.d.F. des Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20.2.2013) keine zeitliche Obergrenze für die Annahme einer vorübergehenden Auswärtstätigkeit vor.

Infolgedessen war im vorliegenden Fall das Polizeiausbildungsinstitut die regelmäßige Arbeitsstätte des Klägers. Der Kläger war im Jahr 2000 unbefristet an das Polizeiausbildungsinstitut versetzt worden. Er musste somit zu Beginn seiner Tätigkeit davon ausgehen, an seiner neuen Dienststelle nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft tätig zu sein. Unerheblich war, ob im Fall einer unbefristeten Versetzung an eine andere betriebliche Einrichtung diese stets zur regelmäßigen Arbeitsstätte wird. Denn hier war dies selbst unter Beachtung der Tatsache, dass der Verwendungszeitraum als Dozent im Polizeiausbildungsinstitut nach den ministeriellen Vorgaben regelmäßig auf vier Jahre begrenzt ist, zu bejahen. Denn bei einer absehbaren Verweildauer an einer betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers nach einer Versetzung von mindestens vier Jahren liegt eine auf Dauer und Nachhaltigkeit angelegte (regelmäßige) Arbeitsstätte vor, auf die sich der Arbeitnehmer zur Minderung der Wegekosten entsprechend einstellen kann.

Soweit der Kläger seit 2000 bis zum Streitjahr und darüber hinaus in unterschiedlichen Funktionen im Polizeiausbildungsinstitut tätig war, stand dies der Annahme einer regelmäßigen Arbeitsstätte nicht entgegen, auch wenn die Funktionszuweisungen jeweils befristet waren. Denn die unterschiedlichen Aufgaben nahm der Kläger auf der Grundlage der (unbefristeten) Versetzungsverfügung aus 2000 in derselben betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers, dem Polizeiausbildungsinstitut, wahr.

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