02.08.2012

Sanierungserlass: Zuständigkeit für die abweichende Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags

Der Sanierungserlass ist weder eine allgemeine Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung noch eine allgemeine Verwaltungsvorschrift einer obersten Landesfinanzbehörde i.S.d. § 184 Abs. 2 AO. Aus dem Sanierungserlass kann sich damit grundsätzlich keine Zuständigkeit des Finanzamtes zur abweichenden Festsetzung aus sachlichen Billigkeitsgründen nach § 163 AO ergeben.

BFH 25.4.2012, I R 24/11
Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte für das Streitjahr 2003 mehrfach eine abweichende Festsetzung von Steuern nach § 163 S. 1 AO aus sachlichen Billigkeitsgründen beantragt. Sie trug vor, in dem Gewerbeertrag für das Streitjahr sei ein Sanierungsgewinn aus dem Erlass von Bankschulden enthalten. Zum Zwecke einer Sanierung hätten verschiedene Banken auf Forderungen verzichtet. Hierdurch seien die Voraussetzungen für einen Steuererlass aus sachlichen Billigkeitsgründen nach dem Sanierungserlass erfüllt. Zu berücksichtigende vortragsfähige Fehlbeträge zur Gewerbesteuer lagen nicht vor.

Das Finanzamt war zwar der Auffassung, dass ein Sanierungsgewinn i.S.d. Sanierungserlasses vorliege, setzte den Gewerbesteuermessbetrag des Streitjahres aber dennoch fest. Es berief sich darauf, dass der Sanierungserlass keine allgemeine Verwaltungsvorschrift für die abweichende Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags nach § 184 Abs. 2 S. 1 AO sei. Dies entsprach der Auffassung der Oberfinanzdirektion, die auf Anfrage der Behörde mitgeteilt hatte, dass für Stundung und Erlass der Gewerbesteuer die Gemeinde zuständig sei.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Auf die Revision des Finanzamtes hob der BFH das Urteil auf und wies die Klage ab.

Die Gründe:
Das Finanzamt konnte vom FG nicht dazu verpflichtet werden, den Gewerbesteuermessbetrag für das Streitjahr im Billigkeitswege niedriger festzusetzen. Dafür ist es nicht zuständig.

Nach § 184 Abs. 2 S. 1 AO schließt die Befugnis des Betriebsfinanzamtes, Realsteuermessbeträge festzusetzen, auch die Befugnis zu Billigkeitsmaßnahmen i.S.v. § 163 S. 1 AO ein, soweit für solche Maßnahmen in einer allgemeinen Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung oder einer obersten Landesfinanzbehörde Richtlinien aufgestellt wurden. Diese Voraussetzungen des § 184 Abs. 2 S. 1 AO lagen im Streitfall allerdings nicht vor.

Der sog. Sanierungserlass (BMF-Schreiben vom 27.3.2003) ist weder eine allgemeine Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung noch eine allgemeine Verwaltungsvorschrift einer obersten Landesfinanzbehörde i.S.d. § 184 Abs. 2 AO. Aus dem Sanierungserlass kann sich damit bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags grundsätzlich keine Zuständigkeit des Finanzamtes zur abweichenden Festsetzung aus sachlichen Billigkeitsgründen nach § 163 S. 1 AO ergeben. Zuständig dafür sind allein die Gemeinden.

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