13.11.2025

Sanierungsertrag im Sonderbetriebsvermögen und Begriff der unternehmensbezogenen Sanierung bei einer Mitunternehmerschaft

1. Ein im Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers angefallener Sanierungsertrag im Sinne des § 3a Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ist ‑‑wie ein im Gesamthandsbereich einer Mitunternehmerschaft angefallener Sanierungsertrag‑‑ nach § 3a Abs. 4 Satz 1 EStG festzustellen.
2. Bei einer Mitunternehmerschaft müssen die einzelnen Tatbestandsmerkmale einer unternehmensbezogenen Sanierung im Sinne des § 3a Abs. 2 EStG bezogen auf die Gesellschaft vorliegen.
3. Für die Auslegung der in § 3a Abs. 2 EStG enthaltenen Tatbestandsmerkmale ist auf die zu § 3 Nr. 66 EStG a.F. ergangenen Rechtsprechungsleitlinien zurückzugreifen (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs vom 09.08.2024 - X B 94/23, BStBl II 2025, 145, Rz 20; vom 27.11.2020 - X B 63/20, Rz 7).

Kurzbesprechung
BFH v. 21.8.2025 - IV R 23/23

AO § 171 Abs 10 S 1, AO § 175 Abs 1 S 1 Nr 2, AO § 180 Abs 1 S 1 Nr 2 Buchst a, AO § 118 S 1
EStG § 3 Nr 66, EStG § 3a Abs 1 S 1, EStG § 3a Abs 2, EStG § 3a Abs 4 S 1, EStG § 52 Abs 4a S 3
FGO § 48 Abs 1 Nr. 1 Buchst a


Streitig war, ob die Voraussetzungen einer unternehmensbezogenen Sanierung im Sinne des § 3a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 EStG vorliegen.

Der BFH entschied, dass der Erlass eines Feststellungsbescheids nach § 3a Abs. 4 Satz 1 EStG über die Höhe eines steuerfreien Sanierungsertrags verfahrensrechtlich noch möglich war. Er hob die Entscheidung des FG jedoch auf und verwies es an die Vorinstanz zurück, weil sich auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen nicht beurteilen lässt, ob sämtliche Voraussetzungen einer unternehmensbezogenen Sanierung im Sinne des § 3a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 EStG vorliegen.

Nach § 3a Abs. 1 Satz 1 EStG sind Betriebsvermögensmehrungen oder Betriebseinnahmen aus einem Schuldenerlass zum Zwecke einer unternehmensbezogenen Sanierung steuerfrei. Eine solche Sanierung liegt nach der Legaldefinition in § 3a Abs. 2 EStG vor, wenn der Steuerpflichtige für den Zeitpunkt des Schuldenerlasses die Sanierungsbedürftigkeit und die Sanierungsfähigkeit des Unternehmens, die Sanierungseignung des betrieblich begründeten Schuldenerlasses und die Sanierungsabsicht der Gläubiger nachweist.

Die einzelnen Tatbestandsmerkmale des § 3a Abs. 2 EStG müssen‑‑wie sich unmittelbar aus dem Wortlaut der Vorschrift ("unternehmensbezogene Sanierung") ergibt‑‑für das Unternehmen selbst vorliegen. Eine unternehmerbezogene Sanierung ist nur in den Fällen des § 3a Abs. 5 EStG begünstigt.

Für den Fall einer Mitunternehmerschaft folgt daraus, dass die einzelnen Tatbestandsmerkmale des § 3a Abs. 2 EStG bezogen auf die Gesellschaft vorliegen müssen. Es genügt nicht, dass sie in der Person des Gesellschafters erfüllt sind. Für die Auslegung der in § 3a Abs. 2 EStG enthaltenen Tatbestandsmerkmale ist auf die zu § 3 Nr. 66 EStG a.F. ergangenen Rechtsprechungsleitlinien zurückzugreifen.

Das Unternehmen der Steuerpflichtigen war sanierungsbedürftig. Im Fall einer Mitunternehmerschaft ist das Merkmal der Sanierungsbedürftigkeit‑‑wie die übrigen Tatbestandsmerkmale des § 3a Abs. 2 EStG‑‑unternehmensbezogen auszulegen. Dies gilt auch dann, wenn die Betriebsvermögensmehrung aufgrund eines Schuldenerlasses nicht im Gesamthandsvermögen, sondern im Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers anfällt. In einem solchen Fall ist das Merkmal der Sanierungsbedürftigkeit dementsprechend nur dann gegeben, wenn die Gesellschaft als solche in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten ist.

Es reicht dagegen nicht aus, wenn ein Mitunternehmer (Inhaber des Sonderbetriebsvermögens) nicht mehr in der Lage ist, seinen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen. Bei einer Überschuldung des Sonderbetriebsvermögens eines Gesellschafters ist das Merkmal der Sanierungsbedürftigkeit nur dann gegeben, wenn die Gesellschaft als solche ohne den Schuldenerlass in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten wäre. Im Streitfall hatte das FG rechtsfehlerfrei entschieden, dass die Steuerpflichtige ohne den Schuldenerlass der Sparkasse selbst in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten wäre.

Der BFH konnte auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des FG jedoch nicht abschließend darüber entscheiden, ob der Schuldenerlass zur Sanierung geeignet und das Unternehmen der Steuerpflichtigen sanierungsfähig waren, weshalb es zur Aufhebung der Entscheidung und zur Zurückverweisung kam.
Verlag Dr. Otto Schmidt