Schuldzinsenabzug bei Vermietung und Verpachtung nach unentgeltlicher Übertragung eines Miteigentumsanteils
Praktische Fälle des SteuerrechtsA erwarb im Jahr 2020 ein vermietetes Gebäudegrundstück. Den Erwerb des Hauses finanzierte er u.a. durch ein Darlehen einer Sparkasse, das durch eine Grundschuld an dem Haus besichert wurde.
Im November 2024 übertrug A das hälftige Eigentum am Haus unentgeltlich auf seine Ehefrau B. Hierbei wurde vereinbart, dass die Übertragung wirtschaftlich lastenfrei erfolgt, B die Grundschuld entsprechend ihrem Miteigentumsanteil nur dinglich übernimmt und die Annuitäten des Darlehens weiterhin A unter Verzicht auf Erstattungs- oder Ausgleichsansprüche nach § 426 BGB trägt. Zu einer schuldrechtlichen Schuldübernahme bzw. einem Schuldbeitritt zur Darlehensschuld gegenüber der Sparkasse kam es nicht.
In der Folgezeit wurden die Zinsen weiter über ein Konto des A bezahlt. Die im Jahr 2025 anfallenden Schuldzinsen betragen 12.000 €.
Frage
Sind die 2025 anfallenden Schuldzinsen i.H.v. 12.000 € in voller Höhe als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar?
Antwort
Nein, die Schuldzinsen sind nur i.H.v. 6.000 € als Werbungskosten abziehbar.
Begründung
Zusammenhang von Schuldzinsen mit Einkünften ...
Schuldzinsen für ein Darlehen, dessen Valuta zur Finanzierung eines privaten Grundstückserwerbs und/oder der Anschaffung oder Herstellung eines zum Privatvermögen gehörenden Bauwerks verwendet wird, sind Werbungskosten i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, wenn das Grundstück/Bauwerk zur Vermietung bestimmt ist. Schuldzinsen sind somit als Werbungskosten abzugsfähig, soweit sie für ein Darlehen geleistet worden sind, das tatsächlich zum Erzielen von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung verwendet worden ist.
... bis zur Übertragung des Grundstücks
Überträgt der Grundstückseigentümer ein Grundstück unter ausdrücklicher Zurückbehaltung der Darlehensverpflichtung, verlieren die Schulden ihre Objektbezogenheit und gehen in den privaten, nicht mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Bereich über. Mit der Übertragung eines Vermietungsobjekts im Wege der Schenkung unter Zurückbehalt der Darlehensverpflichtung fällt deren Zweck, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, weg. Überträgt der Grundstückseigentümer - wie hier A - einen Miteigentumsanteil an einem Grundstück, haben die Schulden insoweit ihre Objektbezogenheit verloren und sind in den privaten, nicht mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Bereich übergegangen, auch wenn bei der Übertragung das zur Sicherung der Verbindlichkeiten am Grundstück bestellte Grundpfandrecht bestehen bleibt.
Wird die Anschaffung eines vermieteten Hauses fremdfinanziert, wird der Veranlassungszusammenhang zwischen den hieraus resultierenden Schuldzinsen und der Einkünfteerzielung gelöst, soweit die Einkunftsquelle vom Stpfl. (selbst) nicht mehr zur Erzielung von Einkünften verwendet wird. Soweit die Schuldzinsen vorliegend auf den übertragenen hälftigen Miteigentumsanteil entfallen, dienen diese nicht (mehr) der Erzielung von Vermietungseinkünften durch A, sondern der Finanzierung der Schenkung des Miteigentumsanteils an die Ehefrau B.
Vergleich zwischen Veräußerung ...
Der BFH weist in seiner neuen Entscheidung darauf hin, dass es nicht von Bedeutung ist, inwieweit die Schuldzinsen bei einer Aufgabe der Vermietungstätigkeit durch A als Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften berücksichtigungsfähig gewesen wären. Zwar ist durch den BFH entschieden, dass sich ein ursprünglich gesetzter Veranlassungszusammenhang zwischen einem Darlehen, das der Finanzierung von Anschaffungskosten eines zur Erzielung von Mieteinkünften erworbenen Immobilienobjekts diente, und den (früheren) Einkünften aus Vermietung und Verpachtung grundsätzlich auch dann weiter fortsetzt, wenn der Stpfl. das Objekt veräußert und der Erlös aus der Veräußerung nicht ausreicht, um das ursprünglich zur Anschaffung des Grundstücks aufgenommene Darlehen abzulösen.
... und Schenkung ist nicht geboten
Die Aufgabe einer Vermietungstätigkeit durch die Veräußerung des Vermietungsobjekts sei jedoch nicht mit der vorliegenden unentgeltlichen Übertragung des Miteigentumsanteils vergleichbar. Denn anders als bei einer Veräußerung erfolgt die unentgeltliche Übertragung nicht zur Erzielung von Einkünften, sondern aus privaten Gründen.
Damit können die 2025 anfallenden Schuldzinsen nur i.H.v. 6.000 € als Werbungskosten berücksichtigt werden.
Anmerkung
Da B das Darlehen nicht mitübernommen hat, hat sie den Mitteigentumsanteil des A unentgeltlich übernommen und tritt in Bezug auf die Zehnjahresfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG in die Fußstapfen des A ein. Wenn B das Darlehen hälftig übernommen hätte, läge ein teilentgeltlicher Erwerb vor, der nach Maßgabe der strengen Trennungstheorie entsprechend der Entgeltlichkeitsquote in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen wäre. Hinsichtlich der Frage, ob bei der teilentgeltlichen Übertragung von Immobilien im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unterhalb der historischen Anschaffungskosten in Bezug auf das Vorliegen eines privaten Veräußerungsgeschäfts die strenge oder modifizierte Trennungstheorie anzuwenden ist, ist ein Revisionsverfahren anhängig.
Mehr zum Thema:
Beratermodul Ausbildung und Praxis Steuerrecht
Otto Schmidt Answers optional dazu buchen und die KI 4 Wochen gratis nutzen! Die Answers-Lizenz gilt für alle Answers-fähigen Module, die Sie im Abo oder im Test nutzen.
Enthält die Grüne Reihe, Fachzeitschrift Steuer-Seminar, Praxis-Ratgeber, Prüfungs-Literatur/-Vorträge.
Jetzt 4 Wochen gratis nutzen!