23.01.2020

Solidaritätszuschlag im Jahr 2011 war verfassungsgemäß

Die geringere Belastung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb beim Solidaritätszuschlag mit Blick auf deren typische Gesamtbelastung durch Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Gewerbesteuer ist nicht zu beanstanden. Die Entscheidung misst dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers für die Erhebung der Ergänzungsabgabe sowie seiner Typisierungsbefugnis für deren Ausgestaltung maßgebende Bedeutung zu.

BFH v. 14.11.2019 - II R 63/15
Der Sachverhalt:
Die Kläger sind verheiratet und werden im Streitjahr 2011 als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie hatten 2011 Einkünfte u.a. aus nichtselbständiger Arbeit und in geringem Umfange aus Gewerbebetrieb erzielt, für die Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag festgesetzt wurden. Später begehrten sie gerichtlich, aus Gründen der Gleichbehandlung den Solidaritätszuschlag für ihre gesamten Einkünfte so zu berechnen, als handele es sich um Einkünfte aus Gewerbebetrieb. In diesem Fall wäre nämlich Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer angerechnet worden und der Solidaritätszuschlag wäre im Ergebnis geringer ausgefallen.

Das FG wies die Klage hinsichtlich des Solidaritätszuschlags als unbegründet ab. Die Berechnung entspreche dem Wortlaut des Gesetzes. Nach § 1 Abs. 5 Satz 1 SolZG könne mit einem Rechtsbehelf gegen den Solidaritätszuschlag weder die Bemessungsgrundlage noch die Höhe des zu versteuernden Einkommens angegriffen werden. Der Bescheid über die Einkommensteuer sei insoweit Grundlagenbescheid. Zudem seien sowohl die Beschränkung des § 35 EStG auf Einkünfte aus Gewerbebetrieb als auch die Berechnung des Solidaritätszuschlags verfassungsgemäß. Der BFH bestätigte diese Ansicht.

Gründe:
Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Bemessungsgrundlage des Solidaritätszuschlags, soweit er nicht auf gewerbliche Einkünfte entfällt, ohne Berücksichtigung der Steuerermäßigung nach § 35 EStG zu ermitteln ist.

In den Urteilen vom 21.7.2011 (Az.: II R 50/09) sowie vom 21.7.2011 (Az.: II R 52/10) hat der BFH ausgeführt, die Erhebung des Solidaritätszuschlags als Ergänzungsabgabe sei in den damaligen Streitjahren 2005 und 2007 verfassungsgemäß gewesen. Er hält hieran auch für das vorliegende Streitjahr 2011 fest. Die dortigen Erwägungen haben ihre Gültigkeit behalten. Die aufgrund § 3 SolZG und § 35 EStG auftretenden Belastungsunterschiede zwischen den Steuerpflichtigen, die Gewerbesteuer zu zahlen haben, und denen, die andere tariflich zu versteuernde Einkünfte in derselben Höhe erzielen, führen nicht zur Verfassungswidrigkeit der Regelungen.

Da § 3 SolZG eine Spezialregelung für den Solidaritätszuschlag darstellt, kann § 51a Abs. 2 Satz 3 EStG auf den Solidaritätszuschlag nicht angewandt werden. Dies entspricht auch den Vorstellungen des Gesetzgebers (vgl. BTDrucks 14/3762, S. 4). Die durch das Zusammenspiel von § 3 SolZG und § 35 EStG in der Hebesatzzone unter 400,9 % bewirkte Begünstigung der gewerbesteuerpflichtigen Steuerpflichtigen beim Solidaritätszuschlag ist mit dem GG vereinbar. Die Entscheidung misst dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers für die Erhebung der Ergänzungsabgabe sowie seiner Typisierungsbefugnis für deren Ausgestaltung maßgebende Bedeutung zu.
 
BFH PM Nr. 3 vom 23.1.2020
Zurück