19.07.2012

Ständige BFH-Rechtsprechung zum einheitlichen Erwerbsgegenstand ist unionsrechtlich und verfassungsrechtlich unbedenklich

Das Vorliegen eines einheitlichen Erwerbsgegenstands wird in der Regel indiziert, wenn der Veräußerer aufgrund einer in bautechnischer und finanzieller Hinsicht konkreten und bis (annähernd) zur Baureife gediehenen Vorplanung ein bestimmtes Gebäude auf einem bestimmten Grundstück zu einem im Wesentlichen feststehenden Preis anbietet und der Erwerber dieses Angebot annimmt. Gegen die ständige BFH-Rechtsprechung zum einheitlichen Erwerbsgegenstand im Grunderwerbsteuerrecht bestehen keine durchgreifenden unionsrechtlichen oder verfassungsrechtlichen Bedenken.

BFH 28.3.2012, II R 57/10
Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte im Februar 2004 von der X-AG ein mit einem mehrere Jahrzehnte alten Verwaltungs- und Produktionsgebäude und einer Tiefgarage bebautes Grundstück erworben. Bei Vertragsabschluss war es an einen Dritten vermietet. Der Mietvertrag endete zum 31.12.2005. Bereits im Dezember 2003 hatte die X-AG dem Kläger den Abschluss eines Generalübernehmervertrags zur Sanierung des Gebäudes und eines Generalmietvertrags angeboten. Als Vergütung war ein pauschaler Festpreis i.H.v. rund 8 Mio. € vorgesehen. Dieses Angebot war bis zum 30.6.2005 befristet.

Im September 2005 schloss der Kläger dann mit der X-AG einen Generalübernehmervertrag ab. Dieser hat weitgehend den gleichen Wortlaut wie der am im Dezember 2003 angebotene. Unterschiede bestehen u.a. hinsichtlich der angegebenen vermietbaren Flächen und der Stellplätze. Das nach diesem Vertrag zu errichtende Gebäude unterscheidet sich von dem ursprünglich geplanten u.a. durch die Gestaltung der Fassade und des Haupteingangs, die Büroaufteilung, die Anordnung der Sanitärbereiche und den Einbau eines zusätzlichen Aufzugs. Die Parteien vereinbarten einen pauschalen Festpreis von rund 7,65 Mio. €.

Das Finanzamt setzte bereits im Februar 2004 gegen den Kläger die Grunderwerbsteuer für den Erwerb des Grundstücks fest. Nachdem es Kenntnis von dem Generalübernehmervertrag erhalten hatte, setzte es mit geändertem Bescheid die Grunderwerbsteuer neu fest und bezog in die Bemessungsgrundlage die Sanierungskosten mit ein. Der Kläger stritt einen engen sachlichen Zusammenhang zwischen dem Grundstückskaufvertrag und dem Generalübernehmervertrag ab. Schließlich habe der Zeitraum zwischen den Abschlüssen 19 Monate betragen, so dass er die entsprechenden Angebote nicht einheitlich angenommen habe.

Die Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.

Die Gründe:
Das FG war zu Recht davon ausgegangen, dass das vom Kläger erworbene Grundstück zusammen mit dem sanierten Gebäude einen einheitlichen Erwerbsgegenstand bildet.

Der auf der Grundlage des Angebots vom Dezember 2003 zwischen dem Kläger und der X-AG im September 2005 geschlossene Generalübernehmervertrag indizierte einen Erwerb des Grundstücks mit dem sanierten Gebäude. Das Vorliegen eines einheitlichen Erwerbsgegenstands wird in der Regel indiziert, wenn der Veräußerer aufgrund einer in bautechnischer und finanzieller Hinsicht konkreten und bis (annähernd) zur Baureife gediehenen Vorplanung ein bestimmtes Gebäude auf einem bestimmten Grundstück zu einem im Wesentlichen feststehenden Preis anbietet und der Erwerber dieses Angebot annimmt. Dies gilt auch, wenn das Angebot nach Abschluss des Kaufvertrags - wie hier - unwesentlich geändert wird.

Ein einheitlicher Erwerbsgegenstand kann zudem aufgrund besonderer Umstände auch dann vorliegen, wenn der Käufer das Angebot erst 19 Monate nach Abschluss des Kaufvertrags annimmt. Mit der Sanierung konnte und sollte hier aufgrund des beim Abschluss des Kaufvertrags bestehenden, noch bis zum 31.12.2005 laufenden Mietvertrags mit einem Dritten erst nach diesem Zeitpunkt begonnen werden. Dies erklärte auch die Länge der Frist bis zum 30.6.2005, die die X-AG dem Kläger zur Annahme des ursprünglichen Angebots vom Dezember 2003 eingeräumt hatte.

Gegen die ständige BFH-Rechtsprechung zum einheitlichen Erwerbsgegenstand im Grunderwerbsteuerrecht bestehen keine durchgreifenden unionsrechtlichen oder verfassungsrechtlichen Bedenken. Zu Unrecht meinte das Niedersächsische FG im Urteil vom 26.8.2011 (Az.: 7 K 192/09), die Rechtsprechung des BFH zum "einheitlichen Erwerbsgegenstand" finde im GrEStG keine Rechtsgrundlage, verstoße gegen die Einheit der Steuerrechtsordnung, gegen das verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgebot und gegen Unionsrecht. Das BVerfG (Beschl. v. 27.12.1991, 2 BvR 72/90), der EuGH (Beschl. v. 27.11.2008, C-156/08) und der erkennende Senat (Urt. v. 27.10.1999, II R 17/99 u.a.) haben bereits eingehend dargelegt, weshalb diese Bedenken nicht durchgreifen.

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