Statthafte Klageart und Klagefrist für die Geltendmachung eines Auskunftsanspruchs nach Art. 15 DSGVO
Kurzbesprechung
BFH v. 6.5.2025 - IX R 2/23
FGO § 40 Abs 1, FGO § 47, FGO § 55, FGO § 40 Abs 2
EUV 2016/679 Art 15
AEUV Art 267
Im Urteilsfall hatte der Steuerpflichtige erst nach Ablauf eines Jahres nach Ablehnung seines Antrags auf Auskunft nach Art. 15 Abs. 1 und 3 DSGVO durch das FA und damit gemäß § 55 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 FGO - trotz fehlender Rechtsbehelfsbelehrung - verspätet Klage vor dem Finanzgericht erhoben. Nach erfolglosem Klageverfahren stellte auch der BFH klar, dass eine Klage auf Auskunft gemäß Art. 15 DSGVO nicht losgelöst von der in § 47 Abs. 1 FGO beziehungsweise in § 55 Abs. 2 Satz 1 FGO geregelten Fristen erhoben werden kann. Weder aus der DSGVO noch aus den unionsrechtlichen Grundsätzen der Äquivalenz und Effektivität lässt sich ableiten, dass eine solche Klage "jederzeit" möglich sein muss.
1. Statthafte Klageart
Statthafte Klageart für die gerichtliche Geltendmachung des gegen eine Behörde gerichteten Anspruchs aus Art. 15 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Art. 12 Abs. 5 Satz 1 DSGVO auf Zurverfügungstellung einer Kopie der verarbeiteten personenbezogenen Daten ‑‑wie ihn der Steuerpflichtige gegenüber dem FA geltend macht‑‑ ist die Verpflichtungsklage gemäß § 40 Abs. 1 Alternative 2 FGO.
Die Auskunft nach Art. 15 DSGVO ist als Verwaltungsakt zu qualifizieren. Insbesondere geht die (begehrte) Auskunft über eine bloße Wissenserklärung hinaus und besitzt Regelungscharakter, da die Behörde über den Anspruch auf der Grundlage eines gesetzlichen Prüfprogramms, welches sich insbesondere auf mögliche Ausschluss- oder Beschränkungstatbestände ‑‑etwa nach Art. 15 Abs. 4, Art. 12 Abs. 5 Satz 2 oder Art. 23 DSGVO bzw. § 32c AO ‑‑ bezieht, zu entscheiden hat.
Wenn der Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts abgelehnt worden ist, beträgt die Frist für die Erhebung der Verpflichtungsklage nach § 47 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1 FGO einen Monat. Da gemäß § 32i Abs. 9 Satz 1 AO für Verfahren betreffend die Datenschutz-Grundverordnung ein außergerichtliches Rechtsbehelfsverfahren nicht gegeben ist, beginnt die Frist mit Bekanntgabe der Ablehnung.
Im Streitfall war die gemäß § 55 Abs. 1 FGO vorgeschriebene Belehrung über den Rechtsbehelf unterblieben, so dass sich die Frist für die Einlegung der Verpflichtungsklage aus § 55 Abs. 2 Satz 1 FGO ergibt. Danach ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Bekanntgabe im Sinne des § 54 Abs. 1 FGO zulässig, es sei denn, dass die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, dass ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. Auch diese Frist hatte der Steuerpflichtige versäumt.
2. Keine abweichenden Regelungen in Daten - Grundverordnung
Aus der Datenschutz-Grundverordnung ergibt sich hinsichtlich der statthaften Klageart nichts Abweichendes. Denn es ist Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung jedes Mitgliedstaats, die verfahrensrechtlichen Modalitäten der Rechtsbehelfe, die zum Schutz der Rechte der Bürger bestimmt sind, festzulegen. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist die Festsetzung angemessener Ausschlussfristen für die Rechtsverfolgung im Interesse der Rechtssicherheit mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar. Solche Fristen sind nicht geeignet, die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte praktisch unmöglich zu machen oder übermäßig zu erschweren.
3. Keine Abweichung von Unionsrecht
Die im Streitfall maßgebende Klagefrist war auch nicht nach Maßgabe der EuGH-Rechtsprechung aus Gründen des Unionsrechts außer Acht zu lassen. Denn die Rechte des Steuerpflichtigen, einen Auskunftsanspruch nach Art.15 DSGVO geltend zu machen, werden durch die Vorgaben in § 55 Abs. 2 Satz 1 FGO weder praktisch unmöglich gemacht noch übermäßig erschwert. Neben der großzügig bemessenen Jahresfrist bei einer unterbliebenen oder unrichtig erteilten Rechtsbehelfsbelehrung ist insbesondere zu berücksichtigen, dass derjenige, der ‑‑ wie der Steuerpflichtige ‑‑ einen Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO geltend macht, diesen nach einer Ablehnung durch den Datenverantwortlichen wiederholend anbringen kann.
Verlag Dr. Otto Schmidt
FGO § 40 Abs 1, FGO § 47, FGO § 55, FGO § 40 Abs 2
EUV 2016/679 Art 15
AEUV Art 267
Im Urteilsfall hatte der Steuerpflichtige erst nach Ablauf eines Jahres nach Ablehnung seines Antrags auf Auskunft nach Art. 15 Abs. 1 und 3 DSGVO durch das FA und damit gemäß § 55 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 FGO - trotz fehlender Rechtsbehelfsbelehrung - verspätet Klage vor dem Finanzgericht erhoben. Nach erfolglosem Klageverfahren stellte auch der BFH klar, dass eine Klage auf Auskunft gemäß Art. 15 DSGVO nicht losgelöst von der in § 47 Abs. 1 FGO beziehungsweise in § 55 Abs. 2 Satz 1 FGO geregelten Fristen erhoben werden kann. Weder aus der DSGVO noch aus den unionsrechtlichen Grundsätzen der Äquivalenz und Effektivität lässt sich ableiten, dass eine solche Klage "jederzeit" möglich sein muss.
1. Statthafte Klageart
Statthafte Klageart für die gerichtliche Geltendmachung des gegen eine Behörde gerichteten Anspruchs aus Art. 15 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Art. 12 Abs. 5 Satz 1 DSGVO auf Zurverfügungstellung einer Kopie der verarbeiteten personenbezogenen Daten ‑‑wie ihn der Steuerpflichtige gegenüber dem FA geltend macht‑‑ ist die Verpflichtungsklage gemäß § 40 Abs. 1 Alternative 2 FGO.
Die Auskunft nach Art. 15 DSGVO ist als Verwaltungsakt zu qualifizieren. Insbesondere geht die (begehrte) Auskunft über eine bloße Wissenserklärung hinaus und besitzt Regelungscharakter, da die Behörde über den Anspruch auf der Grundlage eines gesetzlichen Prüfprogramms, welches sich insbesondere auf mögliche Ausschluss- oder Beschränkungstatbestände ‑‑etwa nach Art. 15 Abs. 4, Art. 12 Abs. 5 Satz 2 oder Art. 23 DSGVO bzw. § 32c AO ‑‑ bezieht, zu entscheiden hat.
Wenn der Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts abgelehnt worden ist, beträgt die Frist für die Erhebung der Verpflichtungsklage nach § 47 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1 FGO einen Monat. Da gemäß § 32i Abs. 9 Satz 1 AO für Verfahren betreffend die Datenschutz-Grundverordnung ein außergerichtliches Rechtsbehelfsverfahren nicht gegeben ist, beginnt die Frist mit Bekanntgabe der Ablehnung.
Im Streitfall war die gemäß § 55 Abs. 1 FGO vorgeschriebene Belehrung über den Rechtsbehelf unterblieben, so dass sich die Frist für die Einlegung der Verpflichtungsklage aus § 55 Abs. 2 Satz 1 FGO ergibt. Danach ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Bekanntgabe im Sinne des § 54 Abs. 1 FGO zulässig, es sei denn, dass die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, dass ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. Auch diese Frist hatte der Steuerpflichtige versäumt.
2. Keine abweichenden Regelungen in Daten - Grundverordnung
Aus der Datenschutz-Grundverordnung ergibt sich hinsichtlich der statthaften Klageart nichts Abweichendes. Denn es ist Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung jedes Mitgliedstaats, die verfahrensrechtlichen Modalitäten der Rechtsbehelfe, die zum Schutz der Rechte der Bürger bestimmt sind, festzulegen. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist die Festsetzung angemessener Ausschlussfristen für die Rechtsverfolgung im Interesse der Rechtssicherheit mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar. Solche Fristen sind nicht geeignet, die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte praktisch unmöglich zu machen oder übermäßig zu erschweren.
3. Keine Abweichung von Unionsrecht
Die im Streitfall maßgebende Klagefrist war auch nicht nach Maßgabe der EuGH-Rechtsprechung aus Gründen des Unionsrechts außer Acht zu lassen. Denn die Rechte des Steuerpflichtigen, einen Auskunftsanspruch nach Art.15 DSGVO geltend zu machen, werden durch die Vorgaben in § 55 Abs. 2 Satz 1 FGO weder praktisch unmöglich gemacht noch übermäßig erschwert. Neben der großzügig bemessenen Jahresfrist bei einer unterbliebenen oder unrichtig erteilten Rechtsbehelfsbelehrung ist insbesondere zu berücksichtigen, dass derjenige, der ‑‑ wie der Steuerpflichtige ‑‑ einen Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO geltend macht, diesen nach einer Ablehnung durch den Datenverantwortlichen wiederholend anbringen kann.