11.01.2024

Steuerfreiheit eines Heisenberg-Stipendiums gemäß § 3 Nr. 44 EStG

Leistungen aus einem Heisenberg-Stipendium können gemäß § 3 Nr. 44 des Einkommensteuergesetzes steuerfrei sein.

Kurzbesprechung
BFH-Beschluss v. 24.10.2023 - VIII R 11/22

EStG § 3 Nr. 44, § 18, § 22 Nr. 1 S 1, § 22 Nr. 1 S 3 Buchst b, § 19 Abs 1 S 1 Nr. 1

Streitig war, ob Einnahmen aus einem Heisenberg-Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) steuerbar, jedenfalls aber gemäß § 3 Nr. 44 EStG steuerbefreit sind. Der BFH hat die Steuerfreiheit nach 3 3 Nr. 44 EStG im Streitfall bejaht.

Nach § 3 Nr. 44 Satz 1 EStG sind Stipendien steuerfrei, die aus öffentlichen Mitteln oder von zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtungen, denen die Bundesrepublik Deutschland als Mitglied angehört, zur Förderung der Forschung oder zur Förderung der wissenschaftlichen oder künstlerischen Ausbildung oder Fortbildung gewährt werden. Das Gleiche gilt nach § 3 Nr. 44 Satz 2 EStG für Stipendien, die zu den in § 3 Nr. 44 Satz 1 EStG genannten Zwecken von einer Einrichtung, die von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts errichtet ist oder verwaltet wird, oder von einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG gegeben werden.

Nach § 3 Nr. 44 Satz 3 EStG ist die Steuerfreiheit darüber hinaus davon abhängig, dass die Stipendien einen für die Erfüllung der Forschungsaufgabe oder für die Bestreitung des Lebensunterhalts und die Deckung des Ausbildungsbedarfs erforderlichen Betrag nicht übersteigen und nach den von dem Geber erlassenen Richtlinien vergeben werden (Buchstabe a). Zum anderen darf der Empfänger im Zusammenhang mit dem Stipendium nicht zu einer bestimmten wissenschaftlichen oder künstlerischen Gegenleistung oder zu einer bestimmten Arbeitnehmertätigkeit verpflichtet sein (Buchstabe b).

Diese Voraussetzungen hatte das FG in Bezug auf die Leistungen aus dem Heisenberg-Stipendium zutreffend bejaht.

Bei der DFG handelt es sich um einen privaten Stipendiengeber im Sinne des § 3 Nr. 44 Satz 2 EStG i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG, da die DFG nach § 2 Abs. 2 ihrer Satzung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne des Abschnitts "Steuerbegünstigte Zwecke" der Abgabenordnung verfolgt. Es liegt auch ein begünstigter Zweck im Sinne des § 3 Nr. 44 Satz 1 EStG vor, da die im Streitfall erfolgte Bewilligung von Mitteln der Förderung der Forschung und der wissenschaftlichen Aus- und Fortbildung diente.

Die bewilligten Mittel überschritten auch nicht einen für die Bestreitung des Lebensunterhalts erforderlichen Betrag im Sinne des § 3 Nr. 44 Satz 3 Buchst. a EStG. Denn im Streitfall lag der monatliche Grundbetrag des Stipendiums deutlich unterhalb der von der Steuerpflichtigen vor Inanspruchnahme des Stipendiums erzielten monatlichen Bruttoeinnahmen aus ihrer beruflichen Vortätigkeit. Der Umstand, dass das Stipendium nicht über die Höhe der vorher bezogenen Einnahmen hinausging, stellt für sich betrachtet ein gewichtiges Indiz dafür dar, dass das Stipendium lediglich den erforderlichen Lebensbedarf der Steuerpflichtigen im Sinne des § 3 Nr. 44 Satz 3 Buchst. a EStG abdeckte. Dieses Indiz wurde auch durch die sonstigen Umstände des Streitfalls nicht entkräftet.

Das FG war im Ergebnis auch zu Recht davon ausgegangen, dass die weiteren Voraussetzungen des § 3 Nr. 44 Satz 3 Buchst. a EStG ebenfalls vorliegen. Insbesondere überstieg der der Steuerpflichtigen bewilligte Sachkostenzuschuss nicht einen für die Erfüllung der Forschungsaufgabe erforderlichen Betrag im Sinne der Vorschrift.

Auch waren die Voraussetzungen des § 3 Nr. 44 Satz 3 Buchst. b EStG für die Steuerbefreiung des Stipendiums zutreffend als erfüllt angesehen, da die Steuerpflichtige insbesondere nicht zu einer "bestimmten wissenschaftlichen Gegenleistung" verpflichtet war. Dabei ist unter "Gegenleistung" nicht die Verpflichtung zur Erbringung der Forschungsarbeit selbst zu verstehen. Gemessen daran fehlte es im Streitfall an einer schädlichen Gegenleistung, da die Steuerpflichtige nach dem Bewilligungsbescheid der DFG lediglich verpflichtet war, ihre Konzentration auf ihr Forschungsvorhaben zu richten und über die Ergebnisse ihrer Forschung zu berichten, während sie in der Wahl und Verfolgung ihrer Forschungsthemen frei war. Diese Verpflichtungen der Steuerpflichtigen sollten allein gewährleisten, dass der mit der Vergabe des Stipendiums verfolgte Zweck, nämlich die Förderung der Wissenschaft und Forschung, erreicht wurde und die Mittel aus dem Stipendium nicht missbräuchlich für andere Zwecke verwendet werden konnten.

Letztlich hatte die Steuerpflichtige auch nicht eine "bestimmte Arbeitnehmertätigkeit" im Sinne des § 3 Nr. 44 Satz 3 Buchst. b EStG zu erfüllen. Das Vorliegen einer bestimmten Arbeitnehmertätigkeit in diesem Sinne ist für den Fall zu bejahen, dass der Stipendiat in einem Dienst- oder einem diesem vergleichbaren Rechtsverhältnis steht, aufgrund dessen er weisungsgebunden zur Ausübung bestimmter Leistungen verpflichtet ist und die Leistungen aus dem Stipendium an die Erfüllung der sich aus diesem Rechtsverhältnis ergebenden Verpflichtungen anknüpfen. Eine hiermit vergleichbare Konstellation lag im Streitfall nicht vor.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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