27.03.2015

Streitwert in Kindergeldsachen: Anhebung gem. § 52 Abs. 3 S. 2 GKG i.d.F. vom 23.7.2013

Hat ein Antrag auf Gewährung von Kindergeld offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist nach § 52 Abs. 3 S. 2 GKG in der Fassung vom 23.7.2013 die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben. Die Summe darf dabei das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen.

FG Baden-Württemberg 12.1.2015, 1 KO 1679/14
Der Sachverhalt:
Streitig ist die Bestimmung des Streitwerts in Kindergeldsachen gem. § 52 GKG in der zwischen dem 1.8.2013 und 31.12.2013 gültigen Fassung vom 23.7.2013 (GKG).

Die Familienkasse hob die Festsetzung von Kindergeld für die drei Kinder der Erinnerungsgegnerin ab September 2013 auf. Die Familienkasse wies darauf hin, dass für die Kinder möglicherweise auch in der Schweiz ein Anspruch auf Familienleistungen bestehe und deshalb statt des vollen Kindergeldes i.H.v. 558 € vorläufig nur der sog. Unterschiedsbetrag i.H.v. rd. 71 € beansprucht werden könne. Der dagegen erhobene Einspruch blieb ohne Erfolg. Mit der hiergegen im Dezember 2013 erhobenen Klage begehrte die Erinnerungsgegnerin die Festsetzung von Kindergeld ab September 2013 in voller Höhe. Im Klageverfahren half die Familienkasse der Klage ab und die Beteiligten erklärten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt. Daraufhin wurden die Kosten des Verfahrens der Familienkasse auferlegt.

Im März 2014 beantragte der Prozessbevollmächtigte die Erstattung von Kosten i.H.v. rd. 890 €. Er ging dabei von einem Gegenstandswert i.H.v. rd. 7.790 € aus. Die Familienkasse ist demgegenüber der Ansicht, dass der Streitwert (nur) rd. 1.950 € betrage. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle entschied, dass der Gegenstandswert rd. 7.790 € beträgt und der Erinnerungsgegnerin daher Kosten i.H.v. rd. 890 € zu erstatten sind. Nach den Erläuterungen zum Kostenfestsetzungsbeschluss waren bei der Bestimmung des Streitwerts gem. § 52 Abs. 1 GKG die bis zur Klageerhebung zu zahlenden Kindergeldbeträge und außerdem der Jahresbetrag des Kindergeldes anzusetzen. Mit der hiergegen gerichteten Erinnerung beanstandet die Familienkasse, der Kostenfestsetzungsbeschluss trage dem Wegfall des § 42 Abs. 1 S. 1 GKG nicht Rechnung.

Die Erinnerung hatte vor dem FG teilweise Erfolg.

Die Gründe:
Der Streitwert wird auf rd. 5.850 € festgesetzt.

Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist nach § 52 Abs. 3 S. 2 GKG 2013 die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. § 52 Abs. 3 S. 2 GKG 2013 ist auf den Streitfall anwendbar. Denn diese Regelung war vom 1.8.2013 bis zum 31.12.2013 gültig und das Klageverfahren, auf das sich die Erinnerung bezieht, wurde am 20.12.2013 anhängig.

Der Antrag der Klägerin richtete sich auf Zahlung des Kindergeldes in voller Höhe ab September 2013. Bei der Bemessung des Streitwerts sind daher nach § 52 Abs. 3 S. 1 GKG 2013 (jedenfalls) die streitigen Kindergeldbeträge ab September 2013 bis zum Dezember 2013 (Monat der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung) anzusetzen, wobei im Streitfall die Differenz zwischen dem vollen Kindergeld und dem sog. Unterschiedsbetrag maßgebend ist. Der nach § 52 Abs. 3 S. 1 GKG 2013 sich ergebende Streitwert beträgt danach rd. 1.950 €. Dieser Wert ist nach § 52 Abs. 3 S. 2 GKG 2013 indes noch anzuheben, da der im Klageverfahren angekündigte Antrag offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen hat. Dabei ist im Streitfall eine Anhebung auf das Dreifache gerechtfertigt, da die Kinder der Erinnerungsgegnerin noch relativ jung sind (4, 6 und 8 Jahre) und daher von lange andauernden Kindergeldzahlungen auszugehen ist.

Der Umstand, dass im Kindergeldrecht das sog. Monatsprinzip gilt und die Anspruchsvoraussetzungen für jedes Kind in jedem Monat vorliegen müssen, steht einer Anhebung des Streitwerts gem. § 52 Abs. 3 S. 2 GKG 2013 grundsätzlich nicht entgegen. Die Neuregelung sollte nach den Vorstellungen des Gesetzgebers ermöglichen, die in der Zukunft liegenden wirtschaftlichen Interessen des Klägers stärker als früher zu berücksichtigen. Da es in Kindergeldsachen um Dauersachverhalte geht, kommt daher trotz des sog. Monatsprinzips regelmäßig eine Anhebung gem. Abs. 3 S. 2 in Betracht. Das Merkmal der "offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen" verlangt insoweit nicht, dass diese zukünftigen Auswirkungen zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bereits sicher feststehen müssen.

Soweit die Erinnerungsgegnerin hingegen den Ansatz eines zusätzlichen Jahresbetrages begehrt, konnte dem nicht gefolgt werden. Der begehrte Ansatz entspräche zwar der vom Gesetzgeber erneut geänderten Rechtslage gem. § 52 Abs. 3 S. 3 2. Halbs. GKG n.F. Diese Regelung, die auch der früheren Rechtslage entspricht, gilt jedoch erst (wieder) ab dem 16.7.2014 und ist auf den Streitfall daher noch nicht anwendbar.

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