02.01.2012

Teilwertabschreibung auf Aktien und Investmentanteile nach Maßgabe des Börsenkurses

Der BFH hat hinsichtlich der Zulässigkeit von Teilwertabschreibungen bei börsennotierten Aktien seine bisherige Rechtsprechung präzisiert und bestätigt. Er weicht damit von der Verwaltungspraxis ab, nach der nur dann von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung auszugehen ist, wenn der Börsenkurs der Aktien oder der Rücknahmepreis der Fondsanteile zum jeweiligen Bilanzstichtag um mehr als 40 % oder an zwei aufeinander folgenden Bilanzstichtagen um jeweils mehr als 25 % unter die Anschaffungskosten gesunken ist.

BFH 21.9.2011, I R 7/11 u.a.
Der Sachverhalt:

+++ I R 7/11 +++
Die Klägerin ist eine AG, die zur Sicherung von Rückzahlungsansprüchen ihrer Geschäftspartner in den Jahren 1999 und 2000 u.a. zu ihrem Anlagevermögen gehörende Anteilsscheine an drei Wertpapierfonds erwarb, die das bei ihnen eingelegte Geld überwiegend entweder direkt oder indirekt (als sog. Dachfonds) zum Erwerb von Aktien verwendet hatten. Bei der Ermittlung ihres im Streitjahr 2000 erzielten Einkommens nahm die Klägerin Teilwertabschreibungen i.H.v. insgesamt 124.547 DM vor, die sie nach den Unterschiedsbeträgen zwischen den Anschaffungskosten der Anteile an den Aktienfonds und den zum Bilanzstichtag (31.12.2000) gesunkenen Depotwerten bestimmte.

Das Finanzamt erkannte die Teilwertabschreibungen mangels dauernder Wertminderungen der Anteilsscheine i.S.v. § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG 1997 n.F. i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 1999 nicht mehr an. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt.

+++ I R 89/10 +++
Die Klägerin ist eine AG, die von März bis Mai des Streitjahres 2001 Aktien dreier börsennotierter Gesellschaften erworben hatte. Die Anteile gehörten zu ihrem Anlagevermögen. Auch hier erkannte das Finanzamt die auf der Grundlage der Kurswerte zum 31.12.2001 von der Klägerin vorgenommenen Teilwertabschreibungen i.H.v. insgesamt 218.190 € bei der Festsetzung der Körperschaftsteuer 2001 sowie des Gewerbesteuermessbetrags 2001 nicht an. Es nahm hierbei auf das BMF-Schreiben vom 26.3.2009 Bezug, wonach von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung i.S.v. § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG 1997 n.F. nur dann auszugehen sei, wenn der Börsenkurs zum jeweiligen Bilanzstichtag um mehr als 40 % oder an zwei aufeinander folgenden Bilanzstichtagen um jeweils mehr als 25 % unter die Anschaffungskosten gesunken sei.

Das FG gab der Klage nur teilweise statt. Mit Rücksicht auf die gebotene Vereinfachung sei die zeitraumbezogene Betrachtung des IDW zugunsten der Maßgeblichkeit von Stichtagskursen zu modifizieren mit der Folge, dass bei im laufenden Geschäftsjahr angeschafften Aktien eine dauernde Wertminderung voraussetze, dass der Kurs am Bilanzstichtag denjenigen bei Erwerb um mehr als 20 % unterschreite.

Der BFH hob in beiden Fällen die erstinstanzlichen Urteile auf und wies die Sachen zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die FG zurück.

Die Gründe:
Bilanzierte Wirtschaftsgüter können nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG im Fall einer voraussichtlich dauernden Wertminderung zu Lasten des Gewinns auf ihren niedrigeren Teilwert abgeschrieben werden. Von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung ist bei an der Börse gehandelten Aktien typisierend bereits dann auszugehen, wenn der Kurs am Bilanzstichtag unter den Kurs im Zeitpunkt des Aktienerwerbs gesunken ist und die Kursdifferenz eine Bagatellgrenze von 5 % überschreitet. Auf die Kursentwicklung nach dem Bilanzstichtag kommt es grundsätzlich nicht an (Az.: I R 89/10). Gleichermaßen sind Teilwertabschreibungen auf Investmentanteile zulässig, wenn das Vermögen des Investmentfonds überwiegend aus Aktien besteht, die an Börsen gehandelt werden (sog. Aktienfonds) - Az.: I R 7/11.

Es ist davon auszugehen, dass eine einzelfallbezogene Prüfung der voraussichtlichen Dauer von Kursdifferenzen sowohl die Finanzbehörden als auch die Steuerpflichtigen überfordern würde. Im Interesse eines möglichst einfachen und gleichheitsgerechten Gesetzesvollzugs ist deshalb von dem grundsätzlich maßgeblichen Börsenkurs zum Bilanzstichtag nur ausnahmsweise abzurücken, etwa wenn in Fällen eines sog. Insiderhandels oder aufgrund äußerst geringer Handelsumsätze konkrete und objektiv nachprüfbare Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Börsenkurs nicht den tatsächlichen Anteilswert widerspiegelt.

Hintergrund:
Mit diesen Urteilen hat der BFH seine bisherige Rechtsprechung präzisiert und bestätigt. Er weicht damit zugleich von der Verwaltungspraxis ab, nach der nur dann von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung auszugehen ist, wenn der Börsenkurs der Aktien oder der Rücknahmepreis der Fondsanteile zum jeweiligen Bilanzstichtag um mehr als 40 % oder an zwei aufeinander folgenden Bilanzstichtagen um jeweils mehr als 25 % unter die Anschaffungskosten gesunken ist.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext von I R 7/11 zu gelangen, klicken Sie bitte hier.
  • Um direkt zum Volltext von I R 89/10 zu gelangen, klicken Sie bitte hier.
BFH PM Nr. 106 vom 28.12.2011
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