12.12.2012

Telefonkosten bei längerer Auswärtstätigkeit als Werbungskosten abzugsfähig

Während einer mindestens eine Woche lang andauernden Auswärtstätigkeit entstandene Telefongebühren können als Werbungskosten abzugsfähig sein. In einem solchen Fall werden die privaten Gründe der Kontaktaufnahme etwa mit Angehörigen oder Freunden typisierend betrachtet durch die beruflich veranlasste Auswärtstätigkeit überlagert.

BFH 5.7.2012, VI R 50/10
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Marine-Soldat und wird auf einer Fregatte eingesetzt. Während eines Einsatzes auf hoher See und während des Aufenthalts in ausländischen Häfen entstanden ihm Kosten i.H.v. 252 € für 15 jeweils an den Wochenenden geführte Telefonate mit Angehörigen und seiner Lebensgefährtin. In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2004 machte er diese Aufwendungen als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt erkannte diese Aufwendungen nicht an.

Das FG gab der Klage statt. Die Revision des Finanzamts hatte vor dem BFH keinen Erfolg.

Gründe:
Das FG hat die während der Auswärtstätigkeit des Klägers entstandenen Aufwendungen für Telefonate mit seinen Angehörigen und seiner Lebensgefährtin im Ergebnis zu Recht als Werbungskosten anerkannt.

Kosten, die untrennbar sowohl privat als auch beruflich veranlasst sind, sind der Berufssphäre zuzuordnen, wenn die Aufwendungen so stark durch die berufliche Situation geprägt sind, dass der private Veranlassungsbeitrag bei wertender Betrachtung unbedeutend ist. So ordnet das Gesetz Mehraufwendungen für die Verpflegung des Steuerpflichtigen, die auch bei einer beruflichen Mitveranlassung zunächst private Lebensführungskosten darstellen und deshalb nicht abziehbare Werbungskosten sind (§ 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 S. 1 EStG), bei Vorliegen einer Auswärtstätigkeit der Erwerbssphäre zu und lässt deshalb nach § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 S. 2 EStG kalendertäglich einen nach Reisedauer gestaffelten Pauschbetrag zum Werbungskostenabzug zu.

Dies gilt gleichermaßen für im Schnittbereich von beruflicher Sphäre und privater Lebensführung liegende Mobilitätskosten. Sie werden ebenfalls als Werbungskosten oder Betriebsausgaben anerkannt. Im Sinne dieser gesetzgeberischen Grundentscheidung lässt auch die Rechtsprechung privat veranlasste Aufwendungen wegen der Überlagerung durch berufliche Gründe zum Werbungskostenabzug zu, obwohl die Befriedigung dieser allgemein menschlichen Bedürfnisse in erster Linie Ausfluss der Lebensführung ist.

Nach diesen Grundsätzen erscheint es gerechtfertigt, auch Aufwendungen für Telefonate privaten Inhalts, die nach einer mindestens einwöchigen Auswärtstätigkeit entstehen, als beruflich veranlassten Mehraufwand der Erwerbssphäre zuzuordnen. In einem solchen Fall werden die privaten Gründe der Kontaktaufnahme etwa mit Angehörigen oder Freunden typisierend betrachtet durch die beruflich/betrieblich veranlasste Auswärtstätigkeit überlagert.

Denn bei einer Abwesenheitsdauer von mindestens einer Woche sind die notwendigen privaten Dinge - ebenso wie bei einer doppelten Haushaltsführung aus beruflichem/betrieblichem Anlass - aus der Ferne nur durch über den normalen Lebensbedarf hinausgehende Mehraufwendungen für Telekommunikation zu regeln. Dieser Mehraufwand ist damit ganz überwiegend durch den beruflichen Veranlassungszusammenhang geprägt und mithin nur in ganz untergeordnetem Umfang von Momenten der privaten Lebensführung beeinflusst.

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BFH PM Nr. 84 vom 12.12.2012
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