26.05.2020

Teleologische Reduktion des § 3c Abs. 2 EStG bei Zinsen auf Darlehen von Personengesellschaftern

§ 3c Abs. 2 EStG findet im Wege teleologischer Reduktion in dem Umfang auf Betriebsausgaben der Gesamthand keine Anwendung, wie diese Sondervergütungen der Gesellschafter sind. Die Norm bezweckt, dass bei steuerbefreiten Einnahmen kein doppelter steuerlicher Vorteil durch den zusätzlichen Abzug von mit diesen Einnahmen zusammenhängenden Aufwendungen erzielt wird.

BFH v. 6.2.2020 - IV R 5/18
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG mit Sitz im Inland. Gegenstand ihres Unternehmens ist u.a. die Verwaltung einer 100 %-igen Beteiligung an einer spanischen Aktiengesellschaft (A-S.A.). Beteiligte der Klägerin sind die A-GmbH als Komplementärin ohne Kapitaleinlage sowie im Streitjahr 2010 insgesamt 85 Kommanditisten. Die Beigeladenen sind die Kommanditisten, die der Klägerin bei Aufnahme ihrer Tätigkeit Gesellschafterdarlehen gewährt hatten.

Da eine exakte Zuordnung der Betriebsausgaben nicht möglich war, hatte die Prüferin im Rahmen einer Außenprüfung die auf die nach § 3 Nr. 40 EStG begünstigten Einnahmen entfallenden Ausgaben dahin geschätzt, dass die Betriebsausgaben im Verhältnis der vereinnahmten Dividenden zu den Gesamteinnahmen nach § 3c Abs. 2 EStG nur teilweise abzugsfähig seien; sie ging damit davon aus, dass auch von den Betriebsausgaben (und damit auch von den Zinszahlungen an die Gesellschafter) 64,71 % nach § 3c Abs. 2 EStG nur zu 60 % abzugsfähig seien. Es folgte ein geänderter Gewinnfeststellungsbescheid für 2010 durch das Finanzamt.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auch die Revision der Klägerin vor dem BFH blieb erfolglos.

Gründe:
Zu Recht sind das Finanzamt und das FG davon ausgegangen, dass über die Steuerfreistellung nach § 3 Nr. 40 EStG und über das Abzugsverbot des § 3c Abs. 2 EStG bereits im Feststellungsverfahren der Personengesellschaft und nicht erst in den Veranlagungsverfahren ihrer Gesellschafter zu entscheiden ist. Ebenso zutreffend haben sie entschieden, dass die streitigen Sonderbetriebseinnahmen der Beigeladenen nicht unter § 3 Nr. 40 EStG fallen.

Nach § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d Satz 1 EStG sind 40 % der Bezüge i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG und der Einnahmen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG steuerfrei, sofern sie nach § 20 Abs. 8 EStG zu anderen als zu Einkünften aus Kapitalvermögen gehören (§ 3 Nr. 40 Satz 2 EStG). Zu den Bezügen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören u.a. Gewinnanteile (Dividenden). Einnahmen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG sind Einnahmen aus Leistungen einer nicht von der Körperschaftsteuer befreiten Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse i.S.d. § 1 Abs. 1 Nrn. 3 bis 5 KStG, die Gewinnausschüttungen i.S. der Nr. 1 wirtschaftlich vergleichbar sind, soweit sie nicht bereits zu den Einnahmen i.S. der Nr.1 gehören. Nicht von § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d EStG erfasst werden hingegen sonstige Kapitalerträge i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG wie z.B. Zinsen aus Darlehen.

Bei den streitigen Sonderbetriebseinnahmen handelt es sich um Sondervergütungen i.S.de.§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 2 EStG. Denn es geht um Vergütungen, die die Kommanditisten als Gesellschafter der Steuerpflichtigen von dieser für die Hingabe von Darlehen erhalten haben. Dem Grunde nach handelt es sich allerdings um sonstige Kapitalerträge i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, die wegen § 20 Abs. 8, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 2 EStG zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören. Dementsprechend unterfallen die streitigen Sondervergütungen nicht § 3 Nr. 40 EStG.

Zwar machte die Klägerin zu Recht geltend, dass der mit § 3 Nr. 40 EStG verfolgte Zweck, die körperschaftsteuerliche Vorbelastung des ausgeschütteten Gewinns beim Steuerpflichtigen zu berücksichtigen, auch dann folgerichtig erreicht werden muss, wenn Anteilseigner, wie im Streitfall, eine Mitunternehmerschaft ist. Dieses Ziel setzt allerdings nicht voraus, dass die Sondervergütungen in dem Umfang nach § 3 Nr. 40 EStG teilweise von der Steuer freigestellt werden, in dem sie aus ihrerseits nach § 3 Nr. 40 EStG teilweise steuerbefreiten Einnahmen beglichen wurden. Vielmehr verlangt eine folgerichtige Umsetzung des im Allgemeinen als Teileinkünfteverfahren bezeichneten Systems von Teilsteuerbefreiung und Teilabzugsverbot, dass Letzteres nicht auf Betriebsausgaben angewendet wird, die in Entgelten für Leistungen der Mitunternehmer an die Mitunternehmerschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 2 EStG bestehen.

Nach Ansicht des BFH ist insoweit § 3c Abs. 2 EStG teleologisch dahin zu reduzieren, dass das Teilabzugsverbot auf solche Betriebsausgaben der Gesamthand keine Anwendung findet, die als Sondervergütungen den Gesamtgewinn der Mitunternehmerschaft nicht mindern. Nach § 3c Abs. 2 EStG dürfen (u.a.) Betriebsausgaben, die mit den dem § 3 Nr. 40 EStG zugrundeliegenden Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, unabhängig davon, in welchem Veranlagungszeitraum die Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen anfallen, bei der Ermittlung der Einkünfte nur zu 60 % abgezogen werden. Die Norm bezweckt, dass bei steuerbefreiten Einnahmen kein doppelter steuerlicher Vorteil durch den zusätzlichen Abzug von mit diesen Einnahmen zusammenhängenden Aufwendungen erzielt wird. § 3c Abs. 2 EStG setzt danach voraus, dass sich die Ausgaben aufwandswirksam ausgewirkt haben.

Ist Anteilseigner und damit Ausschüttungsempfänger, wie im Streitfall, eine Mitunternehmerschaft, ist zu berücksichtigen, dass die Mitunternehmerschaft zwar Einkünfteermittlungssubjekt ist, die Einkommensteuersubjekte aber die an ihr beteiligten Mitunternehmer sind. Soll das Teileinkünfteverfahren also einerseits dazu führen, dass (u.a.) Gewinnausschüttungen aus einer betrieblichen Beteiligung, die im Gesamtgewinn (Gesamthands- oder Sonderbetriebsgewinn) der Mitunternehmerschaft enthalten sind, beim Mitunternehmer (anteilig) von der Steuer befreit sind (§ 3 Nr. 40 EStG), dass aber andererseits Ausgaben, die mit diesen beim Mitunternehmer (anteilig) freizustellenden Einnahmen im Zusammenhang stehen, ihrerseits nur anteilig zum Abzug zugelassen werden, ist zu berücksichtigen, dass Zinszahlungen der Gesellschaft an den Gesellschafter, der der Gesellschaft das Darlehen zum Erwerb der Beteiligung gewährt hat, bei ihm als Sondervergütung erfasst werden.

Bezogen auf die Mitunternehmerschaft und ihren Gesamtgewinn haben sich die Zinszahlungen also nicht aufwandswirksam ausgewirkt, so dass eine Doppelbegünstigung, die § 3c Abs. 2 EStG vermeiden will, bezogen auf die Gesamthand nicht eingetreten sein kann. Auch wenn es sich also auf der Ebene der Gesamthand um Betriebsausgaben handelt, sind die Voraussetzungen des § 3c Abs. 2 EStG --bezogen auf den Zweck der Norm-- nicht erfüllt. Durch diese auf den Gesamtgewinn bezogene Betrachtung des § 3c Abs. 2 EStG wird auch dem Regelungszweck des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 2 EStG genügt. Die Vorschrift zielt zum einen darauf ab, den Gewinn des Mitunternehmers demjenigen eines Einzelunternehmers anzunähern, der mit sich selbst keine schuldrechtlichen Verpflichtungen eingehen und deshalb auch den Gewinn seines Einzelgewerbes nicht um einen Unternehmerlohn, Zinsen für ein seinem Unternehmen gewährtes Darlehen oder ein Entgelt für ein seinem Unternehmen zur Nutzung überlassenes Wirtschaftsgut mindern kann. Zum anderen bezweckt die Hinzurechnung von Sondervergütungen eine Gleichstellung mit dem Sachverhalt, dass die Leistung des Mitunternehmers nicht aufgrund eines entgeltlichen Geschäfts, sondern durch den Anspruch auf einen erhöhten Anteil am Gesellschaftsgewinn (sog. Gewinnvorab) abgegolten wird.
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