10.02.2016

Umsatzsteuer: Ermäßigter Steuersatz für Bücher gilt nicht für die "Online-Ausleihe" von E-Books

Umsätze mit digitalen oder elektronischen Sprachwerken (wie etwa E-Books) unterliegen bei der Umsatzsteuer nicht dem ermäßigten Steuersatz. Die Steuersatzermäßigung gilt nur für Bücher auf physischen Trägern. Handelt es sich demgegenüber um eine "elektronisch erbrachte Dienstleistung", ist der Regelsteuersatz anzuwenden.

BFH 3.12.2015, V R 43/13
Der Sachverhalt:
Der vorliegende Fall betraf die sog. "Online-Ausleihe" digitalisierter Sprachwerke (E-Books). Die Klägerin hatte Bibliotheken Nutzungsrechte an digitalisierten Sprachwerken eingeräumt. Dies ermöglichte den Bibliotheksnutzern, die lizenzierten Sprachwerke über das Internet von den Servern der Klägerin. Die Bedingungen wiesen darauf hin, dass die virtuelle Bibliothek ein Service der jeweiligen Bibliothek gegenüber ihren Mitgliedern sei, die "digitale Ausleihe" technisch und administrativ jedoch durch die Klägerin abgewickelt werde. Die Bibliotheken erhoben für diesen Service gegenüber ihren Nutzern keine - über etwaige allgemeine Nutzungsbeiträge hinausgehende - Entgelte.

Die Klägerin stellte die "ausgeliehenen" digitalisierten Werke technisch unmittelbar dem jeweiligen Nutzer zur Verfügung (Download der digitalisierten Inhalte auf ein entsprechend geeignetes Endgerät - z.B. E-Book-Reader, Computer-). In ihren monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen für 2011 unterwarf die Klägerin die Umsätze aus der Bereitstellung der digitalisierten Inhalte aufgrund der Bestellungen durch die Bibliotheken dem ermäßigten Steuersatz (7 %). Das Finanzamt  ging hingegen davon aus, dass diese Umsätze dem Regelsteuersatz unterlägen und erließ entsprechend geänderte Vorauszahlungsbescheide.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auch die Revision der Klägerin vor dem BFH blieb erfolglos.

Die Gründe:
Die Leistungen der Klägerin unterlagen nicht dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 2 UStG i.V.m. Anlage 2 Nr. 49a UStG. Danach ermäßigt sich die Steuer auf 7 % für die Vermietung der in der Anlage 2 bezeichneten Gegenstände. Nach Nr. 49 dieser Anlage gehören hierzu auch "Bücher". Digitale (elektronische) Sprachwerke (E-Books) stellen aber keine Bücher dar. Diese Feststellung folgt insbesondere aus dem Unionsrecht, das dem nationalen Umsatzsteuerrecht zugrunde liegt. Danach ist eine Steuersatzermäßigung für elektronisch erbrachte Dienstleistungen - wie das Überlassen oder die Vermietung digitalisierter Bücher - ausdrücklich ausgeschlossen.

Die Leistungen der Klägerin unterlagen als elektronische Dienstleistungen auch nicht der Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 7c UStG. Wenn sich danach die Steuer auf 7 % ermäßigt für die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus dem UrhG ergeben, so gilt dies nicht für elektronisch erbrachte Dienstleistungen. Unionsrechtlich beruht diese Vorschrift auf Art. 98 Abs. 2 i.V.m. Anhang III Nr. 9 MwStSystRL. Danach können die Mitgliedstaaten eine Steuersatzermäßigung auf Dienstleistungen von Schriftstellern, Komponisten und ausübenden Künstlern sowie diesen geschuldete urheberrechtliche Vergütungen anwenden. Nach Art. 98 Abs. 2 Unterabs. 2 MwStSysRL sind die ermäßigten Steuersätze wiederum nicht auf elektronisch erbrachte Dienstleistungen - wie hier - anwendbar.

Hintergrund:
Auf der Grundlage des BFH-Urteils dürfte davon auszugehen sein, dass auch die Lieferung von E-Books dem Regelsteuersatz unterliegt. Darüber musste der BFH im vorliegenden Fall allerdings nicht entscheiden. Die Regierungskoalition hatte zu Beginn der Legislaturperiode im Koalitionsvertrag vereinbart, die Steuersatzermäßigung auch auf "E-Books, E-Paper und andere elektronische Informationsmedien" auszuweiten. Dies erfordert allerdings eine Änderung im europäischen Mehrwertsteuerrecht, zu der es bisher noch nicht gekommen ist.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
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BFH PM Nr. 14 vom 10.2.2016
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