22.09.2016

Umsatzsteuer: Regelsteuersatz für die Lieferung von Beatmungsmasken

Beatmungsmasken, die ein Zahntechniker auf ärztliche Verordnung zur Benutzung durch Schwerstkranke (außerhalb der Zahntechnik) liefert, unterliegen dem umsatzsteuerlichen Regelsteuersatz. Beatmungsmasken als jeweils Teile von Geräten zur Atemtherapie und somit in die Zolltarifnummer 901920 einzuordnen, was eine Einreihung für eine ermäßigte Besteuerung nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Nr. 52 d der Anlage 2 zur UStG ausschließt.

Niedersächsisches FG 14.4.2016, 11 K 11006/14
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist selbständiger Zahntechnikermeister und als Unternehmer i.S.d. Umsatzsteuerrechts tätig. In den Streitjahren 2003 bis 2005 lieferte er sog. Beatmungsmasken, die er auf ärztliche Verordnung individuell für einzelne Patienten in seinem Dentallabor hergestellt hatte. Abnehmer waren Schwerstkranke, die bei der Benutzung von Beatmungsgeräten die vom Hersteller mitgelieferten Standardmasken nicht verwenden konnten. Zur Herstellung nahm der Kläger unter ärztlicher Aufsicht Gipsabdrücke und stellte sodann die Masken unter Verwendung von Silikonmasse, wie sie auch in der Zahntechnik verwendet wird, her.

Während der Kläger in seinen Steuererklärungen die oben genannten Leistungen dem ermäßigten Steuersatz unterwarf, nahm das Finanzamt an, die Lieferungen unterlägen dem Regelsteuersatz. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Auf die Revision der Steuerbehörde hob der BFH (Urt. v. 24.10.2013, Az.: V R 14/12) das Urteil auf und verwies die Sache an das FG zurück. § 12 Abs. 2 Nr. 6 UStG sei für die Lieferung der Beatmungsmasken nicht einschlägig. Im zweiten Rechtsgang sei jedoch zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine ermäßigte Besteuerung nach § 12 Abs. 2 Nr.1 UStG i.V.m.  Nr. 52 d der Anlage 2 zum UStG vorliegen. Zu diesen Gegenständen gehören etwa Hörgeräte, Herzschrittmacher und andere Vorrichtungen zum Beheben von Funktionsschäden oder Gebrächen zum Tragen in der Hand oder am Körper oder zum Einpflanzen in den Organismus, ausgenommen Teile und Zubehör, zolltariflich der Position 9019 unterliegen.

Der Kläger trug daraufhin vor, die von ihm hergestellten Atmungsmasken ermöglichten die nicht- invasive Beatmung der ateminsuffizienten Patienten und dienten damit der Behebung von Funktionsstörungen. Sie seien weder Teile noch Zubehör. Das FG hielt die Klage allerdings für unbegründet.

Die Gründe:
Die Lieferungen der vom Kläger gefertigten Beatmungsmasken unterliegen dem Regelsteuersatz des § 12 Abs. 1 UStG, da die Voraussetzungen für eine ermäßigte Besteuerung nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Nr. 52 d der Anlage 2 zur UStG nicht vorliegen.

Wie bereits der BFH im Urteil vom 24.10.2013 entschieden hatte, ist eine Einreihung in Nr. 52 d der Anlage 2 zur UStG dann nicht möglich, wenn die hergestellten Beatmungsmasken zolltariflich der Position 9019 unterliegen. Nach Auffassung des erkennenden Senats sind jedoch die Beatmungsmasken genau in diese Zolltarifposition einzuordnen. Für die Einreihung von Waren zu den Kapiteln, Positionen und Unterpositionen des Zolltarifs gelten zunächst die allgemeinen Vorschriften für die Auslegung der kombinierten Nomenklatur. Nach Nr. 6 der AV ist für die Einreihung von Waren in die Unterpositionen einer Position der Wortlaut dieser Unterpositionen, die Anmerkungen zu den Unterpositionen und - sinngemäß - die vorstehenden allgemeinen Vorschriften maßgebend.

Die Unterposition 901920 der Kombinierten Nomenklatur (KN) umfasst: Apparate und Geräte für Ozontherapie, Sauerstofftherapie, Aerosoltherapie, Apparate zum Wiederbeleben und andere Apparate und Geräte zur Atmungstherapie. Nach den Erläuterungen zum Harmonisierten System Nr. 37.0 zur Position 9019 der KN ist diese Position auch auf Teile und Zubehör für die genannten Apparate und Geräte anzuwenden.

Infolgedessen sind die vom Kläger hergestellten Beatmungsmasken als jeweils Teile von Geräten zur Atemtherapie einzuordnen. Schließlich kommt der einzelnen Maske keine eigenständig nutzbare Funktion zu. Vielmehr ergibt sich die Funktion erst in Zusammenhang mit der Nutzung von Beatmungsgeräten. Die Beatmungsmasken entsprechen den jeweils individuellen Bedürfnissen der Kranken, für die die üblicherweise von den Herstellern der Beatmungsgeräte mitgelieferten Standardmasken für eine dauerhafte Beatmung der Schwerstkranken unbrauchbar sind. Damit treten die vom Kläger gefertigten Masken in ihrer Funktion an die Stelle der Standardmasken. Sie werden damit Teil des jeweiligen Beatmungsgeräts und sind somit in die Zolltarifnummer 901920 einzuordnen. Dies schließt die Anwendung des begünstigten Steuersatzes aus.

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