21.03.2016

Umsatzsteuerlich einheitliche Leistung bei Verlängerung der gesetzlichen Gewährleistungsfrist

Ein Unternehmer, der mit der Lieferung eines Gerätes auch eine längere als gesetzlich vorgesehene Gewährleistungsfrist gewährt, führt eine einheitliche Leistung aus. Es handelt sich nicht um zwei Leistungen (Lieferung und Dienstleistung).

FG Baden-Württemberg 15.4.2015, 1 K 1195/13
Der Sachverhalt:
Die Klägerin verkauft hauptsächlich Gegenstände mit verlängerten Gewährleistungsfristen, d.h. sie weicht in der Regel zugunsten ihrer Käufer von den gesetzlichen Gewährleistungsfristen ab. Sie bietet zudem Serviceverträge mit Hotline und Wartung der gelieferten Geräte an. Einige ihrer Kunden sitzen im Ausland. Liefert die Klägerin an Kunden mit Sitz im Gemeinschaftsgebiet oder im Drittland (z.B. der Schweiz), können diese Umsätze als innergemeinschaftliche Lieferung oder als Ausfuhrlieferung steuerfrei sein.

Die Klägerin behandelte die Verlängerung der Gewährleistungsfrist in der Vergangenheit als unselbständige Nebenleistung zur Lieferung der Geräte und damit den gesamten Umsatz als steuerfrei. Das Finanzamt sah die Verlängerung der Gewährleistungsfrist hingegen als selbständige Hauptleistung an und unterwarf einen Anteil des Verkaufspreises (etwa 3 % bis 5 % des Auftragswerts
pro Jahr der Verlängerung) der Umsatzsteuer.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Revision zugelassen.

Die Gründe:
Die Lieferung der Geräte und die Gewährleistungsübernahme bildeten eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung, die als Ausfuhrlieferung oder innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei war.

Eine einheitliche Leistung liegt vor, wenn zwei oder mehr Handlungen oder Einzelleistungen des Steuerpflichtigen für den Kunden so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv einen einzigen untrennbaren wirtschaftlichen Vorgang bilden, dessen Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre. Dabei ist der dominierende Bestandteil auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aus der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers zu bestimmen. Außerdem liegt eine einheitliche Leistung vor, wenn ein oder mehrere Teile die Hauptleistung bilden, andere Teile dagegen als eine oder mehrere Nebenleistungen anzusehen sind, die das steuerrechtliche Schicksal der Hauptleistung teilen.

Infolgedessen handelte es sich im vorliegenden Fall um eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung. Denn der jeweilige Käufer erwirbt in einem wirtschaftlichen Vorgang ein Gerät mit einer bestimmten Gewährleistungsfrist. Die Verpflichtung des Verkäufers zur Gewährleistung ist dabei dem Verkauf eines neuen Geräts immanent. Sie modifiziert lediglich die gesetzlichen Regelungen. Das Kaufrecht räumt dem Käufer entsprechende Rechte ein. Die Lieferung eines Gegenstands mit der Verpflichtung des Verkäufers zur Gewährleistung ist mit dem Vertragstyp "Kaufvertrag" untrennbar verbunden.

Es konnte im vorliegenden Fall offen gelassen werden, ob die Gewährleistungsverpflichtung als eigenständige Versicherungsleistung umsatzsteuerfrei sein kann. Da höchstrichterlich noch nicht eindeutig entschieden ist, ob die Lieferung eines Gegenstands zusammen mit einer Gewährleistungsübernahme als einheitliche Leistung (Lieferung) angesehen werden kann, wurde die Revision zum BFH zugelassen.

FG Baden-Württemberg
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