01.07.2021

Umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Gutachtertätigkeiten im Auftrag des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung

Leistungen einer Gutachterin, die im Auftrag des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) Gutachten zur Pflegebedürftigkeit von Patienten erstellt, sind nach nationalem Recht nicht von der Umsatzsteuer befreit sind. Auch eine Steuerbefreiung nach dem Unionsrecht kommt nicht in Betracht.

Kurzbesprechung
BFH v. 24.02.2021 - XI R 30/20

UStG § 4 Nr. 14, § 14 Nr. 15 u. 15a, § 14 Nr. 16
EGRL 112/2006 Art. 132 Abs. 1 Buchst. g


Die Steuerpflichtige, eine ausgebildete Krankenschwester mit medizinischer Grundausbildung und akademischer Ausbildung im Bereich der Pflegewissenschaft sowie einer Weiterbildung in Qualitätsmanagement im Bereich der Pflege, erstellte für den MDK Niedersachsen Gutachten zur Pflegebedürftigkeit von Patienten. Die Leistungen rechnete der MDK monatlich ihr gegenüber ab, wobei er keine Umsatzsteuer auswies. Die Umsätze aus der Gutachtertätigkeit erklärte sie als steuerfrei, nahm jedoch den Vorsteuerabzug aus allen Eingangsleistungen ungekürzt in Anspruch.

Das FA vertrat die Auffassung, dass die Gutachtertätigkeit weder nach nationalem noch nach Unionsrecht umsatzsteuerfrei sei und unterwarf die Umsätze der Umsatzsteuer. Die hiergegen gerichtete Klage hatte Erfolg, jedoch hob der BFH das stattgebende Urteil wieder auf.

Er entschied, dass es sich bei den im Rahmen der Gutachtertätigkeit erbrachten Leistungen zwar um eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen i.S. des Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem handelt. Dabei schadet es nicht, dass die Steuerpflichtige ihre Leistungen nicht an den jeweiligen Hilfsbedürftigen, sondern an den MDK erbracht hat. Ein erfolgreiches Berufen auf die Steuerbefreiung nach dem Unionsrecht scheiterte im Streitfall allerdings daran, dass die Steuerpflichtige nicht von der Bundesrepublik Deutschland als "Einrichtung mit sozialem Charakter" anerkannt ist; eine solche Anerkennung, die Voraussetzung für die unionsrechtliche Steuerbefreiung ist, folgt insbesondere nicht aus der nur mittelbaren Kostenerstattung über den MDK.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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