27.11.2025

Veräußerungskosten im Sinne von § 17 Abs. 2 EStG

Steuerberatungskosten, die für die Ermittlung des Gewinns aus der Veräußerung einer Kapitalgesellschaftsbeteiligung im Zusammenhang mit der Erstellung der Steuererklärung anfallen, stellen keine Veräußerungskosten im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz1 EStG dar.

Kurzbesprechung
BFH v. 9.9.2025 - IX R 12/24

EStG § 17 Abs 2 S 1, EStG § 20 Abs 4 S 1

Streitig war die Berücksichtigung von Steuerberatungskosten für die Ermittlung des Gewinns aus der Veräußerung einer im Privatvermögen gehaltenen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft. Der BFH verneinte im Gegensatz zur Vorinstanz den steuermindernden Abzug. 

Der Begriff der Veräußerungskosten ist weder in § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG noch in den weiteren Vorschriften des Ertragsteuerrechts, in denen er benannt ist, definiert. Gemeinsam ist diesen Vorschriften, dass sie die Veräußerung eines einzelnen Wirtschaftsguts oder einer Gesamtheit von Wirtschaftsgütern zum Gegenstand haben.

Der Begriff der Veräußerungskosten ist im Ertragsteuerrecht grundsätzlich einheitlich auszulegen. Veräußerungskosten sind daher auch im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG die Kosten, die durch die Veräußerung veranlasst sind. Es kommt darauf an, ob die Aufwendungen bei wertender Betrachtung ihr auslösendes Moment in der Veräußerung haben und eine größere Nähe zur Veräußerung als zu den laufenden Einkünften aufweisen. Der hiernach maßgebliche Veranlassungszusammenhang muss jeweils nach den Gesamtumständen des konkreten Einzelfalls beurteilt werden. 

Die die Aufwendungen auslösenden Momente müssen gewichtet und gegeneinander abgewogen werden, um festzustellen, welches Moment das letztlich maßgebende war. Der BFH hatte in der Vergangenheit bereits die Kosten eines abkommensrechtlichen Verständigungsverfahrens nicht als Veräußerungskosten im Sinne von § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG eingeordnet. Dabei hat er einen unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit der Veräußerung verlangt und darauf abgestellt, dass auslösendes Moment für den Kostenaufwand nicht die Veräußerung, sondern deren Steuerbarkeit ist.

Der BFH stellte klar, dass er einen unmittelbaren sachlichen Zusammenhang zwischen Aufwendungen und dem Rechtsgeschäft der Veräußerung nicht für zwingend erforderlich hält. Vielmehr genügt auch im Rahmen des § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG ein Veranlassungszusammenhang mit der Veräußerung, um Aufwendungen als Veräußerungskosten zu behandeln. Dabei konnte der BFH offenlassen, ob der in § 20 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 1 EStG geforderte "unmittelbare sachliche Zusammenhang" dahingehend zu verstehen ist, dass es auf das auslösende Moment ankommt. Denn jedenfalls hätte es dem Gesetzgeber freigestanden, den Abzug von durch die Veräußerung veranlassten Aufwendungen im Bereich des § 20 EStG im Vergleich zu § 17 EStG abweichend zu regeln. 

Der Feststellung der Vorinstanz, auslösendes Moment für die Entstehung der streitgegenständlichen Steuerberatungskosten sei der Veräußerungsvorgang selbst, widersprach der BFH. Denn diese Aufwendungen sind Folge der sachlichen Steuerpflicht der Veräußerung und dem hierauf beruhenden Entschluss der Steuerpflichtigen, für die Erfüllung ihrer steuerlichen Erklärungspflichten einen Steuerberater zu beauftragen. Das FG hatte unzutreffend darauf abgestellt, dass bereits vor einer Veräußerung eine abstrakt bestehende steuerliche Pflicht zur Erklärung eines später gegebenenfalls vorliegenden Veräußerungsgewinns bestünde, welche sich durch die Veräußerung konkretisiere. Hieraus folgt insbesondere nicht, dass die Erklärungspflicht als auslösendes Moment hinter den Veräußerungsvorgang zurücktritt.
Verlag Dr. Otto Schmidt