19.10.2011

Verkauf von Popcorn und Nachos in Kinos unterliegt dem ermäßigten Umsatzsteuersatz

Der Verkauf von erwärmten Popcorn und Nachos in Kinos durch den Kinobetreiber unterliegt dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 %. Breitgestelltes Mobiliar des Leistenden darf nicht Dienstleistungselement berücksichtigt werden, wenn es nicht ausschließlich dazu bestimmt ist, den Verzehr von Lebensmitteln zu erleichtern.

BFH 30.6.2011, V R 3/07
Der Sachverhalt:
Die Klägerin betreibt an mehreren Standorten in Deutschland Kinos. Dort können Kinobesucher in den Foyers u.a. erwärmtes Popcorn und warme Nachos in verschiedenen Größen erwerben. An den Verkaufsständen selbst sind keine Verzehrtheken angebracht. In den Foyers einiger Kinos befinden sich jedoch in unterschiedlicher Anzahl jeweils Stehtische, Barhocker, zum Teil Sitzbänke, Stühle, Sitztische und teilweise sog. Stehboards bzw. Wandtresen. In ihrer der Umsatzsteuervoranmeldung für Juni 2005 erklärte die Klägerin die Umsätze aus dem Verkauf des Popcorns und der Nachos mit dem ermäßigten Steuersatz. Das Finanzamt setzte die Umsatzsteuer allerdings mit dem Regelsteuersatz fest.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision der Klägerin setzte der BFH das Verfahren aus und legte es dem EuGH zur Vorabentscheidung vor. Die entscheidungserhebliche Frage, ob es sich bei der Abgabe von zubereiteten Speisen um eine Lieferung handelt oder ob damit verbundene Dienstleistungselemente - wie die Zubereitung, die Überlassung von Besteck und das Bereithalten von Verzehrvorrichtungen - den Umsatz insgesamt als Dienstleistung qualifizieren, war Gegenstand des EuGH-Urteils vom 10.3.2011. Neben dem vorliegenden Fall ging es dabei auch um die Abgabe von Speisen zum sofortigen Verzehr durch Imbissstände (Az. C-497/09 u. C-501/09) sowie durch einen Partyservice (Az. C-502/09).

Die Abgrenzung von Dienstleistungen und Lieferungen war dabei insofern entscheidend, als die Begünstigung von im UStG näher umschriebenen Lebensmittelzubereitungen durch Besteuerung mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG deren Lieferung voraussetzt und Dienstleistungen daher nicht begünstigt sind.

Der EuGH hatte hierzu entschieden, dass die Zubereitung des warmen Endproduktes allein dem Umsatz nicht den Charakter einer Dienstleistung verleiht, wenn sie sich auf einfache, standardisierte Handlungen beschränkt, die nicht auf Bestellung eines bestimmten Kunden, sondern entsprechend der allgemein vorhersehbaren Nachfrage vorgenommen werden. Treten - wie in der Regel bei Imbissständen und in Kinos - in diesen Fällen keine für Restaurationsumsätze charakteristischen Dienstleistungsbestandteile hinzu (wie z.B. Kellnerservice, Beratung oder die Bereitstellung von Mobiliar, wenn dieses nur der Einnahme der Speisen dient), handelt es sich um eine Lieferung, die bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen dem ermäßigten Steuersatz unterliegt.

Handelt es sich demgegenüber nicht um Standardspeisen, sondern erfordert deren Zubereitung mehr Arbeit, Sachverstand und Kreativität, werden dem Kunden Menuefolgen angeboten oder erfolgt die Abgabe zu einem festgelegten Zeitpunkt, wie dies regelmäßig bei einem Partyservice der Fall ist, ist die Dienstleistung der dominierende Bestandteil des Umsatzes.

Der BFH folgte dieser Ansicht, hob das erstinstanzliche Urteil auf und gab der Klage statt.

Die Gründe:
Entgegen der Auffassung des FG handelte es sich bei den streitigen Umsätzen um Lieferungen, die nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Anlage 2 dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.

Es handelt sich beim Verkauf von Popcorn und Nachos grundsätzlich um die Abgabe von Standardspeisen. Entgegen der Auffassung des Finanzamtes gehörten im vorliegenden Fall nämlich keine prägenden Restaurationsleistungen zum Angebot der Klägerin. Außerdem darf bereitgestelltes Mobiliar des Leistenden nicht als Dienstleistungselement berücksichtigt werden, wenn es - anders als im entschiedenen Fall die Tische und Stühle im Kino-Foyer - nicht ausschließlich dazu bestimmt ist, den Verzehr von Lebensmitteln zu erleichtern.

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BFH PM Nr. 84 vom 19.10.2011
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