19.02.2020

Vermittlung von Tieren aus EU-Ausland gegen Schutzgebühr kann Zweckbetrieb darstellen

Die Vermittlung von herrenlosen Tieren aus dem EU-Ausland nach Deutschland durch einen als gemeinnützig anerkannten Tierschutzverein gegen eine Schutzgebühr ist als Zweckbetrieb i.S.d. § 65 AO anzusehen und unterliegt dem ermäßigten Steuersatz. Soweit das FG Baden-Württemberg (14 V 4072/10) die Auffassung vertritt, die Vermittlung von Tieren sei kein Zweckbetrieb, wenn sie nur einer von mehreren satzungsmäßigen Zwecken sei und der Vermittler eine Schutzgebühr fordere, folgt der Senat dem nicht.

FG Nürnberg 21.1.2020, 2 K 114/19
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist ein 2010 gegründeter, als gemeinnützig anerkannter Tierschutzverein, der herrenlose Tiere aus dem EU-Ausland nach Deutschland. Der Vereinszweck wird dabei durch einen festen ehrenamtlichen Mitarbeiterstamm und ehrenamtlicher Helfer verwirklicht. Die inländischen Interessenten zahlten dafür je nach Tierart, Rasse, Alter und Gesundheitszustand eine Schutzgebühr von regelmäßig rund 300 €, die in Einzelfällen ermäßigt wurde.

Der Kläger behandelte die Schutzgebühren als Umsätze aus Zweckbetrieb, die dem ermäßigten Steuersatz unterliegen, und erklärte für die Vermittlungen Nettoumsätze von 53.186 € für 2013, 38.247 € für 2014, 36.140 € für 2015 und 15.234 € für 2016. Das Finanzamt zahlte die ermittelten Vorsteuerüberschüsse zunächst aus. Nach einer Außenprüfung war die Behörde jedoch der Ansicht, dass die Vermittlung ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb sei, der dem allgemeinen Steuersatz unterliege, und erließ entsprechende Steuerbescheide.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Allerdings wurde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Revision zum BFH zugelassen.

Die Gründe:
Der Kläger führte durch die Vermittlung von Tieren steuerpflichtige Umsätze aus, da er in eigener Verantwortung am Markt auftrat und gegen Bezahlung Leistungen erbrachte. Einen steuerfreien ideellen Bereich gibt es unter diesen Voraussetzungen umsatzsteuerrechtlich nicht. Die Vermittlung von Tieren unterliegt aber dem ermäßigten Steuersatz, weil sie Zweckbetrieb ist.

Zwar entspricht § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG nicht dem Unionsrecht. Denn die Mitgliedstaaten dürfen nicht auf alle Leistungen gemeinnütziger Körperschaften einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz anwenden, sondern nur auf diejenigen, die von Einrichtungen erbracht werden, die sowohl gemeinnützig als auch für wohltätige Zwecke und im Bereich der sozialen Sicherheit tätig sind. Eine richtlinienkonforme Auslegung ist jedoch im Hinblick auf die bei der Gesetzesauslegung zu beachtende Wortlautgrenze nicht möglich. Steuerpflichtige können sich gegebenenfalls auf das für sie günstigere nationale Recht berufen.

Die Vermittlung von Tieren durch den Kläger ist als Zweckbetrieb i.S.d. § 65 AO anzusehen und dient nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen. Der Kläger ist als gemeinnützige Körperschaft anerkannt und die Vermittlung dient der Verwirklichung der satzungsmäßigen Zwecke des Vereins. Soweit das FG Baden-Württemberg in dem Beschluss vom 18.4.2011 - 14 V 4072/10 die Auffassung vertritt, die Vermittlung von Tieren sei kein Zweckbetrieb, wenn sie nur einer von mehreren satzungsmäßigen Zwecken sei und der Vermittler eine Schutzgebühr fordere, folgt der Senat dem nicht. Zum einen stehen alle satzungsmäßigen Zwecke gleichrangig nebeneinander. Die in § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG genannten Körperschaften müssen sich daher nicht darauf verweisen lassen, nur einzelne satzungsmäßige Zwecke zu verfolgen, insbesondere nur solche, die keinen Zweckbetrieb erfordern.

Da der ermäßigte Steuersatz nur für Körperschaften gilt, die ausschließlich die dort genannten Zwecke verfolgen, besteht kein Anlass, die Ermäßigung auf die Verfolgung einzelner satzungsmäßiger Zwecke zu beschränken. Vielmehr sind alle satzungsmäßigen Zwecke gleichzeitig und gleichermaßen unabhängig voneinander begünstigt. Zum anderen unterliegen dem Umsatzsteuerrecht überhaupt nur entgeltliche Leistungen. Eine auf unentgeltliche Leistungen beschränkte Ermäßigung liefe daher leer. Ob mit der Leistungserbringung das Gemeinwohl unmittelbar gefördert wird, hängt auch nicht davon ab, ob und in welcher Höhe der Leistende eine Gegenleistung erhält. Der Kläger tritt auch nicht in größerem Umfang in Wettbewerb zu nicht begünstigten Betrieben als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist.
Bayern.Recht
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