18.07.2019

Verschmelzung einer Kapitalgesellschaft auf ihren Gesellschafter

Wird eine Kapitalgesellschaft auf ihren Gesellschafter verschmolzen, gilt eine zum Privatvermögen des Gesellschafters gehörende Forderung gegen die übertragende Körperschaft als in das Betriebsvermögen des übernehmenden Rechtsträgers eingelegt. War die Forderung wertgemindert und hätte sich ihr Ausfall im Falle ihrer weiteren Zugehörigkeit zum Privatvermögen bei der Verwirklichung eines Realisationstatbestands nach § 17 EStG einkommensteuermindernd ausgewirkt, ist als Einlagewert nicht der (geminderte) Teilwert anzusetzen, sondern derjenige Wert, mit dem die Forderung im Falle der Verwirklichung eines Realisationstatbestands nach § 17 EStG als nachträgliche Anschaffungskosten zu berücksichtigen gewesen wäre.

Kurzbesprechung
BFH v. 9.4.2019 - X R 23/16

UmwStG § 5 Abs. 2, § 6
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Halbsatz 2 Buchst. b, § 17


Gemäß § 5 Abs. 2 UmwStG gelten Anteile an der übertragenden Körperschaft i.S.d. § 17 EStG, die an dem steuerlichen Übertragungsstichtag nicht zu einem Betriebsvermögen eines Gesellschafters der übernehmenden Personengesellschaft oder einer natürlichen Person gehören, für die Ermittlung des Gewinns als an diesem Stichtag in das Betriebsvermögen des übernehmenden Rechtsträgers mit den Anschaffungskosten eingelegt. Diese Vorschrift war im Streitfall auf die Beteiligung des Steuerpflichtigen an der GmbH anwendbar, sofern man unterstellt, dass die Beteiligung unter § 17 EStG fiel.

Eine zum Privatvermögen gehörende Forderung gegen die übertragende Körperschaft gilt ebenfalls als in das Betriebsvermögen des übernehmenden Rechtsträgers eingelegt. Die Annahme einer Einlage auch der Forderung ist nach Auffassung des BFH schon deshalb zwingend, weil sich ohne eine solche Einlage selbst bei einer in vollem Umfang werthaltigen Gesellschafterforderung gegen die übertragende Körperschaft stets ein Konfusionsgewinn in Höhe des Nennwerts dieser Forderung ergäbe. Zwar stünden sich in einem derartigen Fall die Forderung (des Gesellschafters) und die Verbindlichkeit (der Kapitalgesellschaft) wertgleich gegenüber. Wenn aber lediglich die Verbindlichkeit, nicht jedoch die korrespondierende Forderung in das Betriebsvermögen des übernehmenden Einzelunternehmens gelangen würde, könnte der Buchgewinn aus dem Wegfall des Passivpostens nicht mit dem Buchverlust aus dem Wegfall eines korrespondierenden Aktivpostens des Betriebsvermögens saldiert werden, so dass es bilanziell stets zu einem buchmäßigen Konfusionsgewinn käme.

Daran ändert auch die grundsätzliche einkommensteuerrechtliche Unbeachtlichkeit privater Darlehen nach der bis 2008 geltenden Rechtslage nichts. Denn in den Fällen des § 17 EStG handelt es sich gerade nicht um den Regelfall eines "privaten Darlehens", sondern um ein Darlehen, dessen Ausfall zu nachträglichen - steuerwirksamen - Anschaffungskosten auf die Beteiligung führen kann, so dass hier schon nach den allgemeinen einkommensteuerrechtlichen Grundsätzen eine Steuerverstrickung zu bejahen ist.

Auch bei der Bewertung der Einlage einer solchen Forderung des Gesellschafters gegen die Kapitalgesellschaft sind die zu § 17 EStG entwickelten Grundsätze zu berücksichtigen, um Widersprüche zu vermeiden. Für die Bewertung der Einlage von Forderungen gelten zwar grundsätzlich die Vorschriften des § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG. Die zu § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Halbsatz 2 Buchst. b EStG entwickelten Grundsätze zur Bewertung der Einlage wertgeminderter Beteiligungen i.S.d. §17 EStG in ein Betriebsvermögen sind entsprechend auf die Bewertung der Einlage solcher wertgeminderter Gesellschafterdarlehensforderungen anzuwenden, deren Ausfall sich im Falle der weiteren Zugehörigkeit der Forderung und der korrespondierenden Beteiligung zum Privatvermögen bei der Verwirklichung eines Realisierungstatbestands nach § 17 EStG einkommensteuerrechtlich ausgewirkt hätte. Daher ist in diesen Fällen als Einlagewert nicht der Teilwert anzusetzen, sondern derjenige Wert, mit dem die Forderung im Falle der Verwirklichung eines Realisierungstatbestands nach § 17 EStG als nachträgliche Anschaffungskosten zu berücksichtigen gewesen wäre.

Der BFH stellte klar, dass kein Grund ersichtlich ist, die im Rahmen eines Verschmelzungsvorgangs fingierte Einlage einer - zu einer Beteiligung i.S.d. § 17 EStG gehörenden - Forderung von der Anwendung dieser Grundsätze auszunehmen. Denn es ist als planwidrige Regelungslücke anzusehen, wenn sich der Ausfall einer zum Privatvermögen gehörenden, aber bei § 17 EStG steuerverstrickten Forderung bei Verwirklichung eines der in § 17 EStG genannten Realisationstatbestände steuermindernd ausgewirkt hätte, diese Wertminderung aber steuerlich endgültig unbeachtlich wird, wenn die Forderung durch eine Einlagefiktion dem Betriebsvermögen zugeordnet wird. Dieselbe Interessenlage bestand aber in der streitigen Sachverhaltskonstellation, die dadurch gekennzeichnet ist, dass die Einlage einer wertgeminderten Forderung infolge einer Verschmelzung fingiert wird.

Der BFH konnte offenlassen, wie das Übernahmeergebnis erster Stufe beim Vorhandensein einer wertgeminderten Gesellschafterforderung zu ermitteln ist, da im Streitfall allein streitig war, ob - außerhalb dieses Übernahmeergebnisses - ein Konfusionsgewinn (Übernahmefolgegewinn) angefallen ist. Bei einer Eigenmittelfinanzierung kann die Situation, der sich der Steuerpflichtige ausgesetzt sah, daher von vornherein nicht eintreten. Die vom BFH vorgenommene Auslegung dient daher der Gleichbehandlung beider Finanzierungsformen.

Im Streitfall hätten sich bei Verwirklichung eines der in § 17 EStG genannten Realisationstatbestände die Nennbeträge der Forderungen des Steuerpflichtigen gegen die GmbH steuermindernd ausgewirkt, da es sich um Krisendarlehen i.S.d. zu § 17 EStG ergangenen Rechtsprechung handelte. Wenn die Forderungen des Steuerpflichtigen bei ihrer Einlage in das Betriebsvermögen aber mit ihren Anschaffungskosten - d.h. mit den Nennbeträgen bzw. den noch valutierenden Beträgen - zu bewerten waren, dann ergab sich durch ihre Vereinigung mit den korrespondierenden Verbindlichkeiten der GmbH, die ebenfalls mit den noch valutierenden Beträgen zu Nennwerten passiviert waren, kein Konfusionsgewinn. Im Ergebnis würde auch nichts anderes gelten, wenn die Beteiligung des Steuerpflichtigen an der GmbH als einbringungsgeboren i.S.d. § 21 UmwStG 1995 anzusehen wäre.
Verlag Dr. Otto Schmidt
Zurück