18.04.2013

Voller Kostenabzug bei Fahrten zu verschiedenen Tätigkeitsorten auch für Selbstständige

Selbstständige Unternehmer sind in Bezug auf Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte den Arbeitnehmern gleichzustellen. Die Abzugsbeschränkung nach § 4 Abs. 5 Nr. 6 EStG ist auf maximal einen Tätigkeitsort begrenzt.

FG Münster 22.3.2013, 4 K 4834/10 E
Der Sachverhalt:
Die Klägerin war im Streitjahr 2008 hauptberuflich als angestellte Krankenschwester tätig. Daneben hatte sie im Auftrag einer städtischen Musikschule Musikkurse bzw. Musik-AGs an verschiedenen Schulen und Kindergärten gegeben. Für die Fahrten zu den insgesamt sechs verschiedenen Einrichtungen, die sie etwa einmal wöchentlich aufsuchte, nutzte sie ihren Privatwagen. Hierfür machte sie 0,30 € pro gefahrenen Kilometer als Betriebsausgaben geltend. Das Finanzamt erkannte jedoch lediglich die Hälfte dieser Kosten an, da es sich um Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätten handele.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache die Revision zum BFH zugelassen.

Die Gründe:
Der Klägerin steht ein Betriebsausgabenabzug in vollem Umfang zu.

Eine Kürzung des Betriebsausgabenabzugs ist immer nur dann gerechtfertigt, wenn sich der Unternehmer - anders als die Klägerin - auf die immer gleichen Wege einstellen kann, etwa durch Bildung von Fahrgemeinschaften, Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel oder gezielte Wohnsitznahme. Insoweit gilt dasselbe wie bei Arbeitnehmern, die nach der neueren BFH-Rechtsprechung auch nur eine regelmäßige Arbeitsstätte haben können. Der Senat schließt sich hinsichtlich der Auslegung des Begriffs der Betriebsstätte i.S.v. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 EStG der geänderten BFH-Rechtsprechung zur Frage der regelmäßigen Arbeitsstätte in § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG an.

Nach der gebotenen Gesamtwürdigung der Umstände des Streitfalles hatte die Klägerin im Streitjahr 2008 keine Betriebsstätte i.S.v. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 EStG. Von den sechs aufgesuchten Schulen und Kindergärten, die sie alle etwa gleich häufig und jeweils zum gleichen Zweck aufgesucht hatte, hat keine Einrichtung eine derart zentrale Bedeutung gegenüber den anderen, dass sie als Mittelpunkt der freiberuflichen Tätigkeit der Klägerin angesehen werden konnte.

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage der Übertragung der geänderten Rechtsprechung zur regelmäßigen Arbeitsstätte auf den Begriff der Betriebsstätte und im Hinblick auf ein diesbezüglich beim BFH bereits anhängiges Revisionsverfahren (Az.: VIII R 47/11) gegen ein Urteil des FG Baden-Württemberg zuzulassen.

Linkhinweis:

FG Münster Newsletter v. 15.4.2013
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