Voraussetzungen für die Bildung und Feststellung eines Sonderausweises gemäß § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG
Kurzbesprechung
BFH v. 25.2.2025 - VIII R 41/23
KStG § 27 Abs 1, KStG § 27 Abs 2, KStG § 28 Abs 1 S 3, KStG § 28 Abs 2
EStG § 20 Abs 1 Nr. 2
Streitig war die Feststellung eines Sonderausweises nach § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG. Der BFH entschied, dass das FG zu Unrecht die Voraussetzungen für die Bildung und Feststellung eines Sonderausweises gemäß § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG zum 31.12. des Streitjahrs in Höhe von 10 Mio. € als erfüllt angesehen hatte. Entsprechend war die Feststellung des Sonderausweises in Höhe von 10 Mio. € aufzuheben.
Wird das Nennkapital durch Umwandlung von Rücklagen erhöht, so gilt gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 KStG der positive Bestand des steuerlichen Einlagekontos als vor den sonstigen Rücklagen umgewandelt. § 28 Abs. 1 Satz 1 KStG fingiert eine Verwendungsreihenfolge. Eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln wird danach vorrangig aus dem Bestand des steuerlichen Einlagekontos und erst nach dessen vollständigem Verbrauch durch sonstige Rücklagen finanziert. Für den Bestand des steuerlichen Einlagekontos kommt es auf den Schluss des Wirtschaftsjahrs der Rücklagenumwandlung an, nicht auf den gesondert festgestellten Bestand zum Schluss des vorangegangenen Jahrs (§ 28 Abs. 1 Satz 2 KStG). Enthält das Nennkapital auch Beträge, die ihm durch Umwandlung von sonstigen Rücklagen mit Ausnahme von aus Einlagen der Anteilseigner stammenden Beträgen zugeführt worden sind, so sind diese Teile des Nennkapitals gemäß § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG getrennt auszuweisen und gesondert festzustellen (Sonderausweis).
Sonstige Rücklagen im Sinne von § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG sind alle Rücklagen, die nicht im steuerlichen Einlagekonto im Sinne von § 27 Abs. 1 KStG erfasst sind. Darunter fallen nicht nur Gewinn-, sondern auch Kapitalrücklagen. § 28 Abs. 1 Satz 1 und 3 KStG knüpft nicht an die handelsbilanzielle Unterscheidung zwischen Kapital- und Gewinnrücklagen an, sondern definiert den Begriff der "sonstigen Rücklagen" in Abgrenzung zum steuerlichen Einlagekonto im Sinne von § 27 Abs. 1 KStG. Der Begriff der sonstigen Rücklagen bildet mithin die Summe aller Rücklagen, die nicht im steuerlichen Einlagekonto erfasst sind.
Vor diesem rechtlichen Hintergrund war das Nennkapital der Steuerpflichtigen im Streitjahr um 10 Mio. € durch die Umwandlung von sonstigen Rücklagen erhöht worden. Das steuerliche Einlagekonto wurde nicht verwendet. Sein festgestellter Bestand zum 31.12.2016 betrug 0 €; eine unterjährige Erhöhung durch Einlagen hatte im Streitjahr unstreitig nicht stattgefunden.
Eine nach § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG vom Sonderausweis auszunehmende "Einlage der Anteilseigner" setzt nicht voraus, dass sie im steuerlichen Einlagekonto erfasst ist. Dabei ist umstritten, ob das Tatbestandsmerkmal "aus Einlagen der Anteilseigner" im Sinne von § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG materiell-rechtlich verstanden werden kann. Nach wohl überwiegender Auffassung im Schrifttum ist der Ausdruck im Kontext so zu verstehen, dass er ‑‑ trotz abweichender Formulierung ‑‑ abschließend auf den Bestand des steuerlichen Einlagekontos verweist. Dies schließt die Berücksichtigung "vergessener" Einlagen aus. Nach der Gegenansicht muss der Wortlaut der Vorschrift ernstgenommen werden mit der Folge, dass "vergessene" Einlagen vom Sonderausweis ausgenommen sind.
Der BFH hat sich der zuletzt genannten Auffassung angeschlossen. Für diese Auffassung streitet der klare Wortlaut der Norm. Denn weder die Gesetzgebungsgeschichte noch der Sinn und Zweck des § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG oder binnensystematische Erwägungen gebieten es, das steuerliche Einlagekonto bei der Nennkapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln ausnahmslos zugrunde zu legen.
Auch der Sinn und Zweck des § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG spricht dafür, Einlagen der Anteilseigner unabhängig von ihrer Feststellung im steuerlichen Einlagekonto vom Sonderausweis auszunehmen. Denn § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG soll Besteuerungslücken schließen, die bei der Umwandlung von Gewinnrücklagen in Nennkapital und späterer Kapitalherabsetzung entstehen würden. Der Sonderausweis soll verhindern, dass Gewinne, die im Fall der Ausschüttung zu versteuern wären, nach Umwandlung in Nennkapital und Kapitalherabsetzung oder im Rahmen der Liquidation der Gesellschaft steuerfrei ausgeschüttet werden.
Im Streitfall stammten die 10 Mio. €, die vor der Kapitalerhöhung in der Kapitalrücklage der Steuerpflichtigen erfasst waren, aus einer Einlage der Anteilseigner. Die Voraussetzungen für die Ausnahme vom Sonderausweis nach § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG lagen daher vor. Entsprechend gab der BFH der Klage statt und hob die gesonderte Feststellung des Sonderausweises ersatzlos auf.
Verlag Dr. Otto Schmidt
KStG § 27 Abs 1, KStG § 27 Abs 2, KStG § 28 Abs 1 S 3, KStG § 28 Abs 2
EStG § 20 Abs 1 Nr. 2
Streitig war die Feststellung eines Sonderausweises nach § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG. Der BFH entschied, dass das FG zu Unrecht die Voraussetzungen für die Bildung und Feststellung eines Sonderausweises gemäß § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG zum 31.12. des Streitjahrs in Höhe von 10 Mio. € als erfüllt angesehen hatte. Entsprechend war die Feststellung des Sonderausweises in Höhe von 10 Mio. € aufzuheben.
Wird das Nennkapital durch Umwandlung von Rücklagen erhöht, so gilt gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 KStG der positive Bestand des steuerlichen Einlagekontos als vor den sonstigen Rücklagen umgewandelt. § 28 Abs. 1 Satz 1 KStG fingiert eine Verwendungsreihenfolge. Eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln wird danach vorrangig aus dem Bestand des steuerlichen Einlagekontos und erst nach dessen vollständigem Verbrauch durch sonstige Rücklagen finanziert. Für den Bestand des steuerlichen Einlagekontos kommt es auf den Schluss des Wirtschaftsjahrs der Rücklagenumwandlung an, nicht auf den gesondert festgestellten Bestand zum Schluss des vorangegangenen Jahrs (§ 28 Abs. 1 Satz 2 KStG). Enthält das Nennkapital auch Beträge, die ihm durch Umwandlung von sonstigen Rücklagen mit Ausnahme von aus Einlagen der Anteilseigner stammenden Beträgen zugeführt worden sind, so sind diese Teile des Nennkapitals gemäß § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG getrennt auszuweisen und gesondert festzustellen (Sonderausweis).
Sonstige Rücklagen im Sinne von § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG sind alle Rücklagen, die nicht im steuerlichen Einlagekonto im Sinne von § 27 Abs. 1 KStG erfasst sind. Darunter fallen nicht nur Gewinn-, sondern auch Kapitalrücklagen. § 28 Abs. 1 Satz 1 und 3 KStG knüpft nicht an die handelsbilanzielle Unterscheidung zwischen Kapital- und Gewinnrücklagen an, sondern definiert den Begriff der "sonstigen Rücklagen" in Abgrenzung zum steuerlichen Einlagekonto im Sinne von § 27 Abs. 1 KStG. Der Begriff der sonstigen Rücklagen bildet mithin die Summe aller Rücklagen, die nicht im steuerlichen Einlagekonto erfasst sind.
Vor diesem rechtlichen Hintergrund war das Nennkapital der Steuerpflichtigen im Streitjahr um 10 Mio. € durch die Umwandlung von sonstigen Rücklagen erhöht worden. Das steuerliche Einlagekonto wurde nicht verwendet. Sein festgestellter Bestand zum 31.12.2016 betrug 0 €; eine unterjährige Erhöhung durch Einlagen hatte im Streitjahr unstreitig nicht stattgefunden.
Eine nach § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG vom Sonderausweis auszunehmende "Einlage der Anteilseigner" setzt nicht voraus, dass sie im steuerlichen Einlagekonto erfasst ist. Dabei ist umstritten, ob das Tatbestandsmerkmal "aus Einlagen der Anteilseigner" im Sinne von § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG materiell-rechtlich verstanden werden kann. Nach wohl überwiegender Auffassung im Schrifttum ist der Ausdruck im Kontext so zu verstehen, dass er ‑‑ trotz abweichender Formulierung ‑‑ abschließend auf den Bestand des steuerlichen Einlagekontos verweist. Dies schließt die Berücksichtigung "vergessener" Einlagen aus. Nach der Gegenansicht muss der Wortlaut der Vorschrift ernstgenommen werden mit der Folge, dass "vergessene" Einlagen vom Sonderausweis ausgenommen sind.
Der BFH hat sich der zuletzt genannten Auffassung angeschlossen. Für diese Auffassung streitet der klare Wortlaut der Norm. Denn weder die Gesetzgebungsgeschichte noch der Sinn und Zweck des § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG oder binnensystematische Erwägungen gebieten es, das steuerliche Einlagekonto bei der Nennkapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln ausnahmslos zugrunde zu legen.
Auch der Sinn und Zweck des § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG spricht dafür, Einlagen der Anteilseigner unabhängig von ihrer Feststellung im steuerlichen Einlagekonto vom Sonderausweis auszunehmen. Denn § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG soll Besteuerungslücken schließen, die bei der Umwandlung von Gewinnrücklagen in Nennkapital und späterer Kapitalherabsetzung entstehen würden. Der Sonderausweis soll verhindern, dass Gewinne, die im Fall der Ausschüttung zu versteuern wären, nach Umwandlung in Nennkapital und Kapitalherabsetzung oder im Rahmen der Liquidation der Gesellschaft steuerfrei ausgeschüttet werden.
Im Streitfall stammten die 10 Mio. €, die vor der Kapitalerhöhung in der Kapitalrücklage der Steuerpflichtigen erfasst waren, aus einer Einlage der Anteilseigner. Die Voraussetzungen für die Ausnahme vom Sonderausweis nach § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG lagen daher vor. Entsprechend gab der BFH der Klage statt und hob die gesonderte Feststellung des Sonderausweises ersatzlos auf.