13.01.2020

Vorsteuerabzug aus Mietereinbauten

Ein Mieter, der in angemieteten Räumlichkeiten Ein- und Umbauten ("Mietereinbauten") im eigenen Namen vornehmen lässt, kann die ihm hierfür von Bauhandwerkern in Rechnung gestellte Umsatzsteuer im Falle einer entgeltlichen Weiterlieferung an den Vermieter als Vorsteuer abziehen. Eine Weiterlieferung liegt jedenfalls dann vor, wenn er dem Vermieter nicht nur das zivilrechtliche Eigentum überträgt, sondern auch einen unmittelbar von diesem tatsächlich genutzten wirtschaftlichen Vorteil zuwendet.

BFH v. 13.11.2019, V R 5/18
Der Sachverhalt:
Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis in der Rechtsform einer GbR, die im Streitjahr 2012 von zwei Augenärzten gegründet worden war. Im selben Jahr mietete die Klägerin von der CV-GmbH in einem Einkaufscenter Räumlichkeiten an. Zum Aus- und Umbau gewährte der Vermieter einen Baukostenzuschuss i.H.v. 500.000 € zzgl. gesetzlicher Umsatzsteuer. Die Parteien waren sich einig, dass die Klägerin die bezuschussten Ausbaumaßnahmen im Falle seines Auszuges im Mietgegenstand belässt und nicht wieder rückgängig machen muss. § 9 Abs. 3 des Mietvertrags regelte hierzu:

"Der Mieter kann dafür keinerlei Entschädigung vom Vermieter beanspruchen, da die bezuschussten Ausbaumaßnahmen bereits mit Zahlung des Baukostenzuschusses abgegolten sind." Sollte das Mietverhältnis aus einem vom Mieter zu vertretenden Grund vor Ablauf der regulären Mietzeit (15 Jahre) beendet werden, zahlt der Mieter dem Vermieter den Baukostenzuschuss anteilig zurück, wobei für jedes nicht abgelaufene Mietjahr 6,67 % des Baukostenzuschusses zurückzuzahlen sind (§ 9 Abs. 4 des Mietvertrags).

Die Klägerin ließ die erforderlichen Ein- und Umbauten im eigenen Namen durch von ihr beauftragte Baufirmen durchführen. Die Baumaßnahmen umfassten u.a. Trockenbau- und Elektroarbeiten, nicht dagegen die Anschaffung von Untersuchungsgeräten und Behandlungsstühlen. Gleichzeitig rechnete die Klägerin gegenüber der CV-GmbH in fünf gleichlautenden Rechnungen über einen "Nettobetrag" i.H.v. insgesamt 500.000 € sowie separat ausgewiesener "MwSt" in Gesamthöhe von 95.000 € ab. Die Umbaumaßnahmen sowie die Zahlungen an die Klägerin erfolgten noch in 2012.

Die machte die ihr von den Praxenbauern in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend. Das Finanzamt ging dagegen davon aus, dass der An- und Verkauf der Mietereinbauten kein eigenständiger Unternehmensteil sei und damit - isoliert betrachtet - mangels Nachhaltigkeit auch keine Unternehmereigenschaft begründe. Es handele sich nur um Hilfsgeschäfte. Da die Klägerin die Mietereinbauten ausschließlich für steuerfreie Ausgangsumsätze verwende, sei der Verkauf der Mietereinbauten nach § 4 Nr. 28 UStG steuerfrei und der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 UStG ausgeschlossen. Die in Rechnungen gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer schulde die Klägerin nach § 14c Abs. 2 UStG.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das Urteil auf und gab der Klage statt.

Gründe:
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der Praxenbauer und sie schuldet die in Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer auch nicht nach § 14c Abs. 2 UStG.

Die Klägerin hatte mit der Weitergabe von Mietereinbauten eine steuerbare und - weil sie nicht nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfrei ist - eine steuerpflichtige Werklieferung gegen Entgelt erbracht. Bei den Mieterein- oder -umbauten liegt eine sofortige Verschaffung der Verfügungsmacht in Gestalt der Weiterlieferung des Mieters an den Eigentümer (Vermieter) vor, wenn letzterer Wert und Substanz der Einbauten erlangt. Dies ist etwa dann zu bejahen, wenn der Mieter schon bei Beginn des Nutzungsverhältnisses auf sein Wegnahmerecht (§ 539 Abs. 2 BGB) verzichtet, weil der Eigentümer ihm die Herstellungskosten erstattet oder diese mit dem Miet- oder Pachtzins verrechnet werden.

Im Streitfall waren die Einbauten zum wesentlichen Bestandteil des Gebäudes geworden und damit in das Eigentum der Vermieterin übergegangen (§§ 946, 94 Abs. 2 BGB). Darüber hinaus hatten die Beteiligten nach § 9 des Mietvertrags vereinbart, dass die Steuerpflichtige als Mieterin die bezuschussten Ein- und Ausbauten im Falle eines Auszugs im Mietgegenstand belässt und dafür keinerlei Entschädigung vom Vermieter verlangen kann, da diese Aus- und Umbauten bereits mit der Zahlung des Baukostenzuschusses in Höhe von 500.000 € abgegolten sind.

Letztlich lag auch der für den Vorsteuerabzug erforderliche direkte und unmittelbare Zusammenhang zwischen einem einzelnen Ausgangsumsatz (Weiterlieferung der Einbauten an die Vermieterin) und den Eingangsumsätzen (Lieferung der Einbauten durch die Praxenbauer) vor. Soweit die Einbauten für die Tätigkeit als Augenärzte erforderlich waren und verwendet werden, handelt es sich um einen lediglich mittelbaren Zusammenhang mit der freiberuflich-steuerfreien Tätigkeit, auf den es für den Vorsteuerabzug jedoch nicht entscheidend ankommt.
 
BFH online
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