29.06.2011

Weder Umsatzsteuerbefreiung noch ermäßigter Steuersatz für Opern-Inszenierung durch selbständig tätige Regisseure

Die Inszenierung einer Oper durch einen selbständig tätigen Regisseur gegen Honorar ist weder nach dem UStG noch nach Unionsrecht steuerbefreit. Die Leistung unterliegt vielmehr dem Regelsteuersatz.

BFH 4.5.2011, XI R 44/08
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist als Regisseur selbständig tätig. Für die Inszenierung einer Oper erhielt er im Streitjahr 2004 von einer kommunalen Bühne ein Honorar. Daneben erzielte er noch Entgelte aus einer Autorentätigkeit.

Das Finanzamt behandelte abweichend von der Umsatzsteuerjahreserklärung des Klägers die Inszenierung der Oper nicht als steuerfrei, sondern dem ermäßigten Steuersatz unterliegend. Im Verlauf des Einspruchsverfahrens kündigte das Finanzamt an, die Umsatzsteuer höher festzusetzen und das bezogene Honorar nunmehr dem allgemeinen Umsatzsteuersatz zu unterwerfen. Entsprechend der Ankündigung setzte es mit seiner Einspruchsentscheidung die Umsatzsteuer des Streitjahrs herauf.

Hiergegen erhob der Kläger Klage. Während des finanzgerichtlichen Verfahrens bescheinigte die zuständige Landesbehörde rückwirkend für das Streitjahr, dass der Kläger die gleichen kulturellen Aufgaben wie die in § 4 Nr. 20 Buchst. a S. 1 UStG genannten Einrichtungen erfülle.

Das FG gab der Klage statt. Die Inszenierung der Oper sei zwar nicht nach § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG von der Umsatzsteuer befreit; dem Kläger sei die Steuerbefreiung für die streitige Leistung jedoch nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. n der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG (Umsatzsteuer-Richtlinie) zu gewähren. Auf die Revision des Finanzamts hob der BFH das Urteil auf und wies die Klage ab.

Die Gründe:
Entgegen der Vorentscheidung ist der nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 UStG steuerbare Umsatz aus der entgeltlichen Inszenierung der Oper nicht steuerbefreit. Diese vom Kläger erbrachte sonstige Leistung unterliegt dem allgemeinen Steuersatz (§ 12 Abs. 1 UStG). Eine Steuerbefreiung ergibt sich weder aus nationalen Vorschriften noch aus unionsrechtlichen Bestimmungen.

§ 4 Nr. 20 Buchst. a UStG steht im Einklang mit dem Unionsrecht. Nach Satz 1 der Vorschrift sind Umsätze der Theater, Orchester und weiterer Einrichtungen des Bundes, der Länder, der Gemeinden oder der Gemeindeverbände steuerfrei. Das Gleiche gilt nach § 4 Nr. 20 Buchst. a S. 2 UStG für die Umsätze gleichartiger Einrichtungen anderer Unternehmer, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie die gleichen kulturellen Aufgaben erfüllen.

Allein die Bescheinigung über die Erfüllung gleicher kultureller Aufgaben bewirkt die Steuerbefreiung allerdings nicht. Die Beurteilung, ob der Unternehmer eine Einrichtung betreibt, die einer Einrichtung i.S.d. § 4 Nr. 20 Buchst. a S. 1 UStG gleichartig ist, obliegt den Finanzbehörden und Finanzgerichten. Das Wirken der Akteure auf der Bühne ist einem Regisseur nicht derart als eigene Leistung zuzurechnen, dass er hierdurch als eine dem Theater einer Gebietskörperschaft gleichartige Einrichtung angesehen werden kann.

Die Inszenierung einer Oper unterliegt dem allgemeinen Steuersatz. Eine unmittelbare Berufung auf das Unionsrecht, nach dem die Mitgliedstaaten der EU u.a. für Darbietungen von ausübenden Künstlern einen ermäßigten Steuersatz anwenden können, kommt im Streitfall nicht in Betracht. Die Anwendung eines ermäßigten Steuersatzes ist unionsrechtlich nicht zwingend, denn der nationale Gesetzgeber durfte solche Leistungen wie die hier streitigen von der Steuerbefreiung ausnehmen.

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BFH PM Nr. 49 vom 29.6.2011
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