19.04.2012

Weiterleitung erstatteter Arbeitgeberbeiträge zur Rentenversicherung an Arbeitnehmer keine verdeckte Gewinnausschüttung

Leitet eine Kapitalgesellschaft an sie erstattete Rentenversicherungsbeiträge an eine Arbeitnehmerin, die zugleich Ehefrau des Alleingesellschafters ist, weiter, ist darin keine verdeckte Gewinnausschüttung an den Gesellschafter zu sehen. Die Leistung an die Sozialversicherung ist wegen der angenommenen Sozialversicherungspflicht im Anstellungsverhältnis und nicht im Gesellschaftsverhältnis begründet; daher kann auch der umgekehrte Vorgang, die Weiterleitung erstatteter Beiträge, nur im Anstellungsverhältnis begründet sein.

FG Münster 21.3.2012, 7 K 4640/09 E
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Alleingesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH, bei der seine Ehefrau als kaufmännische Angestellte beschäftigt ist. Die GmbH führte für die Ehefrau seit Beginn des Beschäftigungsverhältnisses Rentenversicherungsbeiträge ab.

Eine Überprüfung des Sozialversicherungsträgers kam zu dem Ergebnis, dass die Ehefrau nicht der Sozialversicherungspflicht unterliege. Er erstattete deshalb im Streitjahr 2006 die bisher entrichteten Rentenversicherungsbeiträge, wobei der Arbeitgeberanteil an die GmbH ausbezahlt wurde. Diese leitete den Erstattungsbetrag an die Ehefrau weiter.

Das beklagte Finanzamt behandelte die Weiterleitung als verdeckte Gewinnausschüttung, da die Weiterleitung einem Fremdvergleich nicht standhalte. Es erhöhte dementsprechend die Einkünfte des Klägers aus Kapitalvermögen. Der Kläger war der Ansicht, dass die Beträge stattdessen als Arbeitslohn bei seiner von ihm getrennt veranlagten Ehefrau zu erfassen seien.

Das FG gab der Klage statt. Die Revision zum BFH wurde zugelassen.

Die Gründe:
Das Finanzamt hat die Weiterleitung zu Unrecht als verdeckte Gewinnausschüttung behandelt.

Zu den sonstigen Bezügen gehören nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG auch verdeckte Gewinnausschüttungen. Eine verdeckte Gewinnausschüttung i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG liegt vor, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vermögensvorteil zuwendet und diese Zuwendung ihren Anlass im Gesellschaftsverhältnis hat. Das ist in der Regel der Fall, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer diesen Vorteil einem Nichtgesellschafter nicht zugewendet hätte.

Dies gilt nicht nur dann, wenn der Vermögensvorteil dem Gesellschafter unmittelbar selbst zufließt, sondern auch dann, wenn eine dem Gesellschafter nahe stehende Person den Vermögensvorteil erhält; hierbei ist auch unerheblich, ob der Gesellschafter selbst ein vermögenswertes Interesse an dieser Zuwendung hat. Ob und unter welchen Voraussetzungen die Weiterleitung erstatteter Arbeitgeberbeiträge zur Rentenversicherung an den Gesellschafter bzw. an eine ihm nahe stehende Person als verdeckte Gewinnausschüttung anzusehen ist, ist in Rechtsprechung und Schrifttum umstritten.

Das FG schließt sich vorliegend der Meinung an, wonach die Weiterleitung erstatteter Arbeitgeberbeiträge stets Arbeitslohn und keine verdeckte Gewinnausschüttung ist. Denn die Leistung an die Sozialversicherung ist wegen der angenommenen Sozialversicherungspflicht im Anstellungsverhältnis und nicht im Gesellschaftsverhältnis begründet. Daher kann auch der umgekehrte Vorgang, die Weiterleitung erstatteter Beiträge, nur im Anstellungsverhältnis begründet sein. Zudem ist anzunehmen, dass bei Kenntnis der Sozialversicherungsfreiheit entsprechend höhere Bruttolöhne gezahlt worden wären

Die Weiterleitung erstatteter Arbeitgeberbeiträge zur Rentenversicherung an die Ehefrau des Klägers war danach keine verdeckte Gewinnausschüttung. Die Ehefrau hat bereits keinen Vermögensvorteil erlangt, da sie durch die Erstattung der für sie geleisteten Beiträge Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung verloren hat. Auch die GmbH hat keine Vermögenseinbuße erlitten, weil sie lediglich den ihr erstatteten Betrag weitergeleitet hat. Darüber hinaus ist die Zahlung durch das Anstellungs- und nicht durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst, da die Zahlung auch des Arbeitgeberanteils wirtschaftlich gesehen eine Gegenleistung für die Arbeitsleistung darstellt.

Linkhinweis:

FG Münster NL vom 16.4.2012
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