02.04.2020

Welcher Steuersatz ist auf Downloads für Unterrichtsmaterialien anzuwenden?

Der nationale Gesetzgeber hat in Umsetzung der Richtlinie (EU) 2018/1713 zwar den § 12 Abs. 2 Nr. 14 UStG neu in das UStG eingefügt. Diese Neuregelung kommt jedoch erstmals mit Wirkung vom 18.12.2019 zur Anwendung, so dass eine rückwirkende Anwendung für die Streitjahre 2011 bis 2013 nicht in Betracht kommt.

FG Münster v. 28.1.2020 - 15 K 2629/17 U
Der Sachverhalt:
Die Klägerin war in den Streitjahren 2011 bis 2013 nichtselbständig tätig. Daneben erstellte sie im Streitzeitraum Skripte/Materialien, die als Unterrichtsgrundlagen genutzt wurden. Die Bereitstellung der Skripte/Materialien erfolgte dabei ausschließlich auf elektronischem Wege über eine von der Klägerin betriebene Webseite.

Die Nutzungsentgelte für die Streitjahre versteuerte die Klägerin allesamt zum ermäßigten Umsatzsteuersatz. Nach einer Betriebsprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, dass die Klägerin auf elektronischem Wege Leistungen erbringe, die nicht dem ermäßigten, sondern dem Regelsteuersatz unterlägen. Entsprechend den Prüfungsfeststellungen erließ das Finanzamt geänderte Umsatzsteuer(USt-)bescheide.

Die Klägerin machte geltend, dass entsprechend der vertraglichen Vereinbarung der Schwerpunkt der von ihr erbrachten Leistung in der Übertragung der Urheberrechte liege. Sie halte gemäß ihrer AGB sowohl im internen Bereich als auch im Blogbereich Inhalte zum Download bereit. Für diese Übertragung der Urheberrechte erbrächten ihre Kunden als Gegenleistung im Rahmen des Leistungsaustausches die vereinbarte Gebühr. Für die Einräumung der Nutzungsrechte an den Inhalten, die denen von Büchern, Abhandlungen und Vorträgen bzw. Gutachten oder Studien entsprechen würde, für die der ermäßigte Steuersatz eingreife, sei der ermäßigte Steuersatz gem. § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c) UStG anzuwenden.

Das FG wies die Klage ab. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Die Umsätze der Klägerin stellen im Inland steuerbare und steuerpflichtige sonstige Leistungen dar, die nicht dem ermäßigten Steuersatz unterliegen, sondern dem Regelsteuersatz von 19%.

Die Klägerin hat mit der Gewährung des Zugangs zum internen Bereich ihrer Website an die zahlenden Nutzer sonstige Leistungen gegen Entgelt ausgeführt. Die Hauptleistung der Klägerin besteht darin, dass es dem Nutzer ermöglicht wird, die von der Klägerin auf ihrer Website im internen Bereich zur Verfügung gestellten Materialen einzusehen und diese ggf. auszudrucken und/oder im Wege eines sog. Downloads auf eigene Datenträger abzuspeichern. Diese Leistungen werden im Wege eines Leistungsaustausches gegen Entgelt erbracht. Da eine Freischaltung durch die Klägerin und damit ein Zugriff des Nutzers auf den internen Bereich erst nach Zahlung erfolgten, ist der erforderliche unmittelbare Zusammenhang zwischen der sonstigen Leistung der Klägerin und dem von den Nutzern zu zahlenden Betrag gegeben. Die Klägerin betrieb ihr Unternehmen zudem im Inland und auch die Leistungsempfänger, die die Leistungen für ihre nichtselbständige Tätigkeit bezogen, hatten ihren Wohnsitz im Inland.

Die hier wegen des Leistungsorts im Inland steuerbaren und mangels Eingreifens einer Steuerbefreiung auch steuerpflichtigen Umsätze der Klägerin hat das Finanzamt zu Recht dem Regelsteuersatz von 19% unterworfen (§ 12 Abs. 1 UStG). Denn die Umsätze unterfallen weder der Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 jeweils i.V.m. Anlage 2 Nr. 49 Buchst. a) UStG noch nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchstabe c) UStG, soweit die Klägerin das Material im internen Bereich zur Ansicht und zum Download bereitstellt. Die Klägerin hat keine Lieferungen der von ihr erstellten Materialien auf physischen Trägern erbracht, sondern diese auf elektronischem Weg als sonstige Leistungen zum Abruf und Download ihren Nutzern zur Verfügung gestellt.

Zwar ist durch die Richtlinie (EU) 2018/1713 die MwStSystRL dahingehend geändert worden, dass sie den Mitgliedstaaten nunmehr die Möglichkeit einräumt, auf Umsätze mit Büchern, Zeitungen, Zeitschriften und anderen Erzeugnissen unabhängig von der äußerer Form der Publikation einen ermäßigten Steuersatz anzuwenden. Der nationale Gesetzgeber hat in Umsetzung dieser Richtlinie den § 12 Abs. 2 Nr. 14 UStG neu in das UStG eingefügt. Danach gilt nunmehr die Steuersatzermäßigung auch für folgende Leistungen: "die Überlassung der in Nr. 49 Buchst. a) bis e) und Nr. 50 der Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 und 2 UStG bezeichneten Erzeugnisse in elektronischer Form, unabhängig davon, ob das Erzeugnis auch auf einem physischen Träger angeboten wird, mit Ausnahme der Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen in Videoinhalten oder hörbarer Musik bestehen". Diese Neuregelung kommt jedoch erstmals mit Wirkung vom 18.12.2019 zur Anwendung, so dass eine rückwirkende Anwendung für die Streitjahre nicht in Betracht kommt.
FG Münster online
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