04.09.2025

Widerlegbare Vermutung der Einkünfteerzielungsabsicht bei unentgeltlicher Bürgschaft

Die Einkünfteerzielungsabsicht für Verluste aus dem Ausfall einer Bürgschaftsregressforderung ist bei einer unentgeltlichen Bürgschaftsübernahme unter fremden Dritten widerlegbar zu vermuten. Sie ist grundsätzlich erst dann widerlegt, wenn die Bürgschaft ohne jeglichen wirtschaftlichen Hintergrund hingegeben worden ist.

Kurzbesprechung
BFH, Urt. vom 1.7.2025 - VIII R 3/23

EStG § 20 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Abs. 2 Satz 2, Abs. 6, Abs. 9

Streitig ist, ob der Kläger und Revisionskläger (Kläger) wegen des Ausfalls einer Bürgschaftsregressforderung einen steuerbaren Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen im Jahr 2012 (Streitjahr) realisiert hat.

Nach den Feststellungen der Außenprüfung im Bericht vom 6.9.2018 hatte der Kläger gegenüber der A Bank am 20.12.2010 eine Höchstbetragsbürgschaft über 200.000 € für ein Darlehen der A Bank an die Z GmbH über 200.000 € übernommen. Der Kläger war an der Z GmbH nicht beteiligt. Am 26.1.2012 wurde dem Kläger die Inanspruchnahme aus der Bürgschaft durch die A Bank i.H.v. 187.840,35 € angekündigt. Im Januar 2012 wurde über das Vermögen der Z GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Am 12.4.2012 kündigte die A Bank dem Kläger erneut die Inanspruchnahme aus der Bürgschaft (nunmehr einschließlich Zinsen und Mahngebühren) an. Der Kläger zahlte nach Anforderung an die A Bank am 20.4.2012 188.276,61 €. Er meldete am 19.3.2012 (wegen der Vereinbarung mit der Z GmbH v. 10.1.2011/15.1.2011) und am 2.5.2012 (wegen der auf ihn als Bürgen übergegangenen Darlehensforderung der A Bank gegen die Z GmbH) jeweils Forderungen i.H.v. 190.086,47 € zur Insolvenztabelle an.

Das FA lehnte für das Streitjahr eine Berücksichtigung des in der Einkommensteuererklärung geltend gemachten Verlusts bei den dem gesonderten Tarif gem. § 32d Abs. 1 EStG unterliegenden Kapitalerträgen i.H.v. 135.392,47 € ab. Hiergegen erhob der Kläger Einspruch. Während des Einspruchsverfahrens wurde eine Außenprüfung unter anderem für das Streitjahr durchgeführt, in der die Berücksichtigung des Verlusts im Streitjahr ebenfalls abgelehnt wurde. In der Einspruchsentscheidung lehnte das FA die Berücksichtigung der Verluste endgültig ab. Die dagegen erhobene Klage vor dem FG Nürnberg hatte keinen Erfolg.

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des FG Nürnberg v. 18.11.2021 - 4 K 519/18 aufgehoben und zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG Nürnberg zurückverwiesen.

Der BFH urteilte, dass das FG zu Unrecht entschieden habe, dass ein Abzug des begehrten Verlusts bei den Einkünften des Klägers aus Kapitalvermögen im Streitjahr endgültig nicht in Betracht komme. Es sei nicht ausgeschlossen, dass der Kläger einen steuerbaren Verlust aufgrund des Ausfalls seiner Bürgschaftsregressforderung gegen die Z GmbH gem. § 20 Abs. 1 Nr. 7 i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, § 20 Abs. 2 Satz 2 und § 20 Abs. 4 Satz 1 EStG mit Einkünfteerzielungsabsicht realisiert hat. Das Urteil des FG ist aufzuheben. Der Senat kann auf Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilen, ob der Kläger über die erforderliche Einkünfteerzielungsabsicht verfügt hat und falls ja, ob der Ausfallverlust bereits im Streitjahr realisiert worden ist. Der Streitfall wird aus diesem Grund zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen.

Der VIII. Senat argumentiert, dass die Regelungen in § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, § 20 Abs. 2 Satz 2 und § 20 Abs. 4 Satz 1 EStG im Streitfall auch zeitlich anwendbar sind. Die Bürgschaftsregressforderung ist gem. § 52 Abs. 28 Satz 16 EStG nach dem 31.12.2008 am 20.12.2020 zwischen dem Kläger und der A Bank begründet worden. Das FG habe der Prüfung, ob die Einkünfteerzielungsabsicht des Klägers für einen Ausfallverlust der Bürgschaftsregressforderung bestanden hat, jedoch in mehrfacher Hinsicht unzutreffende Kriterien zugrunde gelegt und das Urteil des FG sei daher aufzuheben.
Verlag Dr. Otto Schmidt